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Foto: Mädchen mit Sonnbrille schaut auf ihre digitale Uhr am Handgelenk
Andrey Aboltin / Shutterstock.com

GPS-Trackingsysteme für Kinder

Technisch schon längst möglich: Eltern können jederzeit über ihr eigenes Smartphone die Bewegungen ihrer Kinder metergenau verfolgen.

Was sind GPS-Trackingsysteme für Kinder?

Mit der fortschreitenden Technik insbesondere im Bereich Navigation und der Entwicklung von kompakten und leistungsfähigen Endgeräten ist ein relativ großer Markt von kleinen GPS-Geräten, sogenannten "Trackern", entstanden. Diese ermöglichen es, den Träger eines solchen Geräts über eine Ortungs-App zuverlässig ausfindig zu machen. Eltern können dadurch jederzeit über ihr eigenes Smartphone die Bewegungen ihrer Kinder metergenau verfolgen.

Den Aufenthaltsort der Kinder kennen

Früher wurden solche Geräte vor allem genutzt, um entlaufene Hunde wieder zu finden. Heute bedienen sich viele Eltern solcher GPS-Tracker, um auch im Alltag über den Aufenthaltsort ihrer Kinder ständig auf dem Laufenden zu sein.
Dazu wurden diese attraktiver gestaltet und mit Zusatzfunktionen ausgestattet: Es gibt sie z.B. als niedlichen Anhänger für den Schulranzen oder als kleine Uhr für das Handgelenk. Ausgestattet mit einem Alarmknopf können die Eltern sofort über einen Notfall unterrichtet werden oder erhalten umgehend eine Nachricht, wenn der Sohn oder die Tochter einen vorgegebenen räumlichen Bereich – den Garten oder den Schulhof – verlässt (Geofencing). Bei einigen Trackern kann auch über ein eingebautes Mikrophon mit den Kindern gesprochen werden, bzw. eine akustische Überwachung erfolgen.

Die Bedenken, Ängste und Sorgen vieler Eltern werden von unterschiedlichen Anbietern bedient, sodass mittlerweile ein relativ großer und für die Anbieter lukrativer Markt für diese spezifischen GPS-Geräte entstanden ist, obwohl bereits viele Smartphones vergleichbare Funktionen bieten.

Wie ist das mit dem Datenschutz?

Datenschützer sehen ein Problem darin, dass die Geodaten auf Servern auf der ganzen Welt verteilt gespeichert werden und man selbst als Erzeuger eben dieser Bewegungsdaten gar keinen Zugriff mehr darauf hat. Dieser Kontrollverlust über die eigenen Daten kann für einige beängstigend sein. Auf der anderen Seite stellen viele Nutzer aktuell freiwillig Unmengen an persönlichen Daten ins Netz, sei es über soziale Netzwerke oder die GPS-Ortung bei der Benutzung einiger Apps. Hier muss jeder also selbst für sich entscheiden, wie wichtig ihm die eigenen Daten sind und ob dieses Problem nicht durch den Vorteil des Gefühls von Sicherheit übertrumpft wird.

Eine pädagogische Einschätzung der Vor- und Nachteile

Aus pädagogischer Sicht ist dazu zunächst auf das Grundgesetz (GG) und die UN-Kinderrechtskonvention zu verweisen: Kinder und Jugendliche haben, ebenso wie Erwachsene, ein Recht auf Privatsphäre und einen unkontrollierten Geheim- und Intimbereich. Eltern können aufgrund ihres Erziehungsprivilegs (Artikel 6 Abs. 2 GG) dieses Recht in begründeten Fällen in einem vertretbaren Umfang einschränken. Im Hinblick auf die permanente Ortung und gegebenenfalls auch akustische Überwachung von Minderjährigen durch GPS-Geräte und Tracking-Apps sollte daher sehr genau abgewogen werden, ob der Einsatz dieser Technik wirklich sinnvoll ist und dem Wohl der Minderjährigen auch Rechnung trägt.

Der Tracker erleichtert auf der einen Seite die Fürsorgepflicht

Auf den ersten Blick erscheinen diese Geräte ideal, Eltern ihre Aufsichts- und Fürsorgepflicht zu erleichtern. Schließlich sind sie mit ihrer Hilfe stets darüber informiert, wo sich der Sohn oder die Tochter aktuell befinden, ob diese von der abgesprochenen, täglichen Routine abweichen oder ob ein Eingreifen (Notfall) notwendig ist.

Der Tracker ersetzt aber keine bestärkenden Gespräche

Eltern sollten allerdings kein falsches Sicherheitsgefühl bekommen nach dem Motto: Es ist alles gut, dem Kind kann ja gar nichts passieren, es hat ja den Sender und ich kann jederzeit sehen, wo sie er oder sich aufhält. Die Technik allein kann Kinder nicht ausreichend schützen. Vielmehr brauchen Kinder vertrauensvolle Gespräche, in denen auf Risiken angemessen hingewiesen wird, Unsicherheiten thematisiert, sinnvolle Regeln aufgestellt und Absprachen getroffen werden. Von dieser vertrauensvollen Vorbereitung profitieren Kinder sehr viel mehr als von Geräten, die abgenommen werden können, deren Akku auch mal leer ist oder die beschädigt sein könnten.

Starke Eltern – starke Kinder

Denn alle Erfahrungen im Bereich der Prävention zeigen, dass man seine Kinder am besten schützt, in dem man sie stärkt. Dazu gehört das Zugestehen von altersangemessenen Freiräumen, die es ihnen ermöglichen, sich zu eigenständigen und selbstbewussten Persönlichkeiten zu entwickeln. Überbehütung und ständige Kontrolle stärken diese Entwicklung nicht.

Das Gegenteil ist der Fall: Kindern bekommen das Gefühl, dass man ihnen nicht vertraut, dass nur Mama und Papa wissen, was am besten für sie ist. Dies kann auf lange Sicht zu Minderwertigkeitsgefühlen führen. Denn wie sollen Kinder die nötige Eigenverantwortung und das notwendige Selbstbewusstsein entwickeln, auch alleine Entscheidungen zu treffen, wenn ihnen die Eltern immer im Nacken sitzen und jeden Schritt nachverfolgen können?

Zum anderen erfahren Kinder ein falsches Verständnis von den Gefahren, die überall lauern. Sie bekommen das Gefühl, dass sie nur eine ständige Überwachung durch die Eltern mit Hilfe des GPS-Trackers sie richtig beschützen kann. Ein hochemotionales Klima der Angst wird erzeugt, in dem die Kinder sich nicht sicher fühlen, obwohl sie doch zwingend notwendig ihre eigenen, dem Alter entsprechenden, Freiräume bräuchten.

Eltern hingegen können in eine Art ungesunden Kontrollzwang verfallen, in dem sie alle paar Minuten den Standort des Kindes abfragen, so permanent unter Strom stehen und jegliche Gelassenheit und Vertrauen in ihr Kind verlieren.

Zusammenfassend lässt sich sagen

Von Eltern ist eine Abwägung gefordert zwischen dem besonderen Schutzbedürfnis des Kindes und der Notwendigkeit, Kindern unbeaufsichtigte Erfahrungsräume zuzugestehen. Auf der einen Seite gibt es die (elterliche) Aufsichtspflicht, eine Pflicht zur Fürsorge, auf der anderen Seite sehen gerade ältere Kinder ein Ausspionieren als übergriffigen Eingriff in ihre Privatsphäre. Dies kann zur Rebellion führen oder es wachsen Kinder heran, die sich gar nichts mehr trauen und zutrauen.

Wie immer man sich auch entscheidet, Eltern sollten ihre Kinder niemals heimlich ohne deren Wissen tracken, denn das höchste Gut der Eltern-Kind-Beziehung ist und bleibt das gegenseitige Vertrauen.