Elternbrief Nr. 22

- - - - Schwierige Fragen kann man au ch gemeinsam angehen. B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T Briefe 22 INHALT 5 Jahre 4 Monate 2 Ihr Kind verändert sich 3 Kinder brauchen Ehrlichkeit 4 Medienerziehung 5 Rund um die Schule 10 Ich schlaf heut’ woanders! 12 Die Großfamilie 14 Sprachstörungen 15 Infos & Anlaufstellen Kleine Philosophen Kommt Opas Katze auch in den Himmel? Wo war ich, bevor ich zu euch kam? Warum wird es abends immer Nacht? Dies sind typische Fragen, die Ihr Kind jetzt bewegen. Es will die Welt verstehen und alles zwischen Himmel und Erde begreifen. Einfache Antworten gibt es auf die se oft sehr philosophischen Fragen selten. Aber die erwar ten Kinder auch gar nicht. Als Eltern müssen Sie nämlich nicht immer alles erschöpfend erklären! Aber Sie müssen zuhören können und diese Fragen ernst nehmen. Gemein sam mit Ihrem Kind kommen Sie dann vielleicht auf die er staunlichsten Antworten. Wenn Ihr Kind von Ihnen etwas Schwieriges wissen will, zum Beispiel, was passiert, wenn man stirbt, dann nehmen Sie sich ausreichend Zeit. Sagen Sie ihm, dass Sie erlegen msen, oder gehen Sie am besten gemeinsam auf Spurensuche. Schlagen Sie in Büchern nach oder gehen Sie ins Internet und suchen Sie gemeinsam nach Erklärungen. Das wird den Wissensdurst Ihres Kindes stillen und ihm nicht nur zeigen, dass es sich lohnt, Fragen zu stellen, sondern auch, wie man Antworten finden kann.

Ihr Kind wird jetzt au ch zum guten Zuhörer. Ihr Kind verändert sich Bei Kindern zwischen fünf und sechs Jahren verändert sich das Äußere merklich. Das Kind wächst und schießt deutlich in die Höhe. Sein Babyspeck verschwindet, gleichzeitig nimmt es an Gewicht zu, weil sich Knochen und Muskelgewebe bilden. Auch das Gesicht wird ausgeprägter und die ersten Zähne fallen vielleicht schon aus. Auch geistig und seelisch entwickelt sich Ihr Kind weiter. Es verfügt inzwischen über einen ziemlich großen Wortschatz, hat ein genaueres Zeitgefühl und kann zwischen gestern, heute und morgen unterscheiden. Sein Gedächtnis wird ausgeprägter, es merkt sich Lieder, Reime und Märchen. Ihr Kind kann sich inzwischen ganz gut mitteilen, aber auch zuhören. Es ist aufgeschlossen für alles, extrem neugierig und wissbegierig. Ihr Kind geht den Dingen jetzt auf den Grund und will Zusammenhänge herstellen. Es will die Welt verstehen. Dabei ist es oft gar nicht so leicht, auf eine philosophische Frage eine einfache Antwort zu finden. Auch wenn die Versuchung vielleicht groß ist, ausschweifend und kompliziert zu antworten, fassen Sie sich kurz und verpacken Sie es kindgerecht. Wenn Sie unsicher sind, fragen Sie zurück. Finden Sie heraus, welche Gedanken sich Ihr Kleiner macht, was Ihre Kleine möglicherweise schon weiß. Was Kinder nicht verstehen, setzt ihre Fantasie in Gang und macht ihnen manchmal Angst. Deshalb ist es wichtig, auf Ihr Kind einzugehen. Wenn es sich im Dunkeln fürchtet, finden Sie heraus, warum. Vielleicht ist es das Monster unterm Bett oder der Einbrecher aus dem Fernsehen. Schauen Sie zusammen unterm Bett nach, schließen Sie zusammen die Wohnungs- oder Haustür ab. Lassen Sie die Kinderzimmertür einen Spalt offen und im Gang Licht brennen. Auch ein kleiner Talisman auf dem Nachttisch kann helfen. Ihr Kind sollte Sie nachts wecken und eventuell auch zu Ihnen ins Bett krabbeln dürfen. Das wird ihm Sicherheit geben und die Ängste nehmen. © congerdesign / Pixabay.com 2

au ch . Streiten gehör t zum Leben. Versöhnen aber Kinder brauchen Ehrlichkeit Fünfeinhalbjährige Kinder hören gut zu und bekommen viel mit. Wenn Sie als Eltern zum Beispiel Stress oder Streit haben, wird das Ihrem Kind nicht verborgen bleiben und es belasten. Deshalb ist es wichtig, große Konflikte nicht vor dem Kind auszutragen. Anders ist es bei kleinen Meinungsverschiedenheiten: Hier darf Ihr Kind ruhig das eine oder andere mitbekommen. In jeder Familie gibt es einmal Streit. Den kann man fair ausfechten, den kann man aber auch wieder beilegen und sich versöhnen. Es ist gut für Ihr Kind, dies zu lernen. auftauchenden Fragen ehrlich zu beantworten. Wenn Ihr Kind ohne Kontakt zu seinem leiblichen Vater oder seiner leiblichen Mutter aufwächst, erzählen Sie nicht irgendwelche Geschichten. Sagen Sie Ihrem Kind altersgerecht, wer sein Vater oder seine Mutter ist und was passiert ist. Natürlich brauchen und sollten Sie nicht jedes Detail Ihrer Trennungsgeschichte erzählen, das würde Ihr Kind bestimmt überfordern. Aber es hat ein Recht darauf zu erfahren, wo sein anderer Elternteil ist und was er oder sie macht. Werten Sie Ihren Ex-Partner vor Ihrem Kind aber nicht ab. Ein Kind identifiziert sich mit beiden Elternteilen. Wenn einer davon schlecht gemacht wird, fühlt es sich zwangsläufig selbst schlecht! Wenn es also mit Ihrem Partner Meinungsverschiedenheiten gibt, sollten Sie das dem Kind nicht verheimlichen, aber auch nicht dramatisieren. Erklären Sie, warum ein Streit nichts Ungewöhnliches ist und vor allem, dass man Konflikte auch lösen kann. Kinder spüren intuitiv, wenn etwas los ist. Je offener und ehrlicher Sie mit der Situation umgehen, umso besser für Ihr Kind. Das gilt auch, wenn Sie nicht in einer sogenannten Bilderbuchfamilie leben. Vielleicht sind Sie eine Einelternfamilie, oder Sie leben beengt in einer kleinen Wohnung und haben begrenzte finanzielle Mittel. Durch den Kontakt mit anderen Kindern werden Ihrem Kind diese Unterschiede genauer bewusst. Es ist deshalb wichtig, alle 3

• • • • • • Fernsehen kann man nicht komplett verbieten. Aber man muss den richtigen Umgang lernen. Medienerziehung Im Kindergarten werden Medien sehr gezielt eingesetzt. Es gibt Bücher, Musik-CDs, Hörspiele oder Spiele-Apps. Die meisten Kinder haben von zu Hause her schon Erfahrung, zum Beispiel mit dem Smartphone der Eltern und dem Fernsehen. Leider sehen manche auch Sendungen, die für ihr Alter noch nicht geeignet sind, wie Nachrichten, Vorabendkrimis oder Soaps. Ihr Kind lernt im Kindergarten zwar, wie es auch ohne Fernsehen Spaß haben kann, doch es sollte auch lernen, mit den Medien daheim richtig umzugehen. Dazu braucht es Ihre Hilfe, Ihr Engagement und Sie als Vorbild. Medienerziehung im Kindergarten heißt zum einen, mit den Kindern über die Medieninhalte zu sprechen. Es bedeutet aber auch, Medien bewusst einzusetzen. Dies geschieht beispielsweise, indem die Kinder selbst kreativ werden: Sie können mit dem Tablet einen Stop-Motion-Film drehen oder die Tonaufnahme eines Bilderbuchs gemeinsam einsprechen. Kinder lernen dabei, dass sie Medieninhalte nicht nur anschauen oder anhören, sondern das Programm selbst gestalten können. Gerade für den künftigen Umgang mit digitalen Endgeräten ist diese kreative Erfahrung wichtig, persönlichkeitsstärkend und macht in der Gruppe viel Spaß. Eltern sollten auch Dauer und Inhalte ihres eigenen Medienkonsum kritisch betrachten. Wählen Sie mit Ihrem Kind aus: lieber wenige, aber hochwertige Sendungen. Sehen Sie gemeinsam fern und sprechen Sie über das Gesehene. Bei Streaming-Portalen, Mediatheken oder DVDs können Sie vorab prüfen, was Ihr Kind zu sehen bekommt. Auch Hörspiele und Kinderlieder sollten gut ausgewählt sein und nicht ständig laufen. Gute Kinder-Apps sind werbefrei, gewaltfrei und überfordern nicht. Achten Sie trotzdem auf die Sicherheitseinstellungen! Auf altersgerechten Webseiten können Sie gemeinsam mit Ihrem Kind surfen. Wichtig bleibt das Vorlesen oder Buchanschauen. Es regt die Fantasie an, fördert den Umgang mit Sprache, und Sie und Ihr Kind können die gemeinsame Zeit genießen. 4

Erst die U9 erledigen. Rund um die Schule Bald ist es so weit: Ihr Kind kommt in die Schule! Sicherlich sind Sie schon ein wenig aufgeregt, es gibt so vieles zu bedenken und zu planen. Das Thema Schule wird Sie als Eltern ab jetzt noch lange Zeit beschäftigen. Unter der Überschrift „Rund um die Schule“ finden Sie in den kommenden Elternbriefen immer wieder aktuelle Informationen, die den Schulbesuch Ihres Kindes betreffen. Im Vorfeld der Einschulung gibt es wichtige Termine, die Sie unbedingt wahrnehmen sollten: – die Einschulungsuntersuchung, – die Schuleinschreibung, – den ersten Elternabend und – den Besuch Ihres Kindes in der Schule. Einschulungsuntersuchung Diese Untersuchung durch das staatliche Gesundheitsamt findet in der Regel im Kindergarten statt und soll feststellen, ob Ihr Kind in der Lage ist, in die Schule zu gehen. Dazu wird es körperlich untersucht, wobei auch die Motorik, Sprachentwicklung sowie die geistige und seelische Reife mit einbezogen werden. Zur Einschulungsuntersuchung werden nicht nur die schulpflichtigen Kinder gebeten: Untersucht werden müssen auch Kinder, die vorzeitig eingeschult werden sollen, Kinder, die zurückgestellt werden sollen sowie Kinder, die Privat- oder Förderschulen besuchen sollen. Alle Eltern werden schriftlich über die bevorstehende Untersuchung und deren Termin informiert und bekommen dazu einen Fragebogen zum Ausfüllen. Die U9 Vorsorgeuntersuchung muss vorher stattgefunden haben! Bringen Sie zur Einschulungsuntersuchung das gelbe Vorsorgeheft, den Impfpass sowie den ausgefüllten Fragebogen mit. Schuleinschreibung Der nächste wichtige Termin ist die Schuleinschreibung an Ihrer Grundschule. Sie bekommen dazu eine schriftliche Information durch die Schule oder den Kindergarten. Zum Schuleinschreibungstermin müssen Sie Ihr Kind mitbringen. Eine Lehrkraft wird sich etwa eine Viertelstunde allein mit Ihrem Kind unterhalten, ihm kleine Aufgaben stellen und sich ein Bild darüber machen, ob Ihr Kind schulfähig ist. Die Schuleinschreibung ist Pflicht. Sie findet in der Schule Ihres Schulsprengels statt. (Siehe dazu S. 7 – „Grundschule“) 5

einen Hor tplatz Frühzeitig um kümmern. Der erste Elternabend Bei der Schuleinschreibung erfahren Sie auch den Termin für den ersten Elternabend. Dieser findet noch vor der Einschulung Ihres Kindes statt. Sie bekommen dort alle wichtigen Informationen und erfahren, was für einen guten Schulstart Ihres Kindes wichtig ist. Selbstverständlich können Sie auch Fragen stellen. Oft bekommen Sie hier auch schon eine Liste mit den Lernmaterialien, die Ihr Kind für den Schulstart braucht. In der Regel lernen Sie an diesem Termin bereits die zukünftige Lehrerin oder den Lehrer Ihres Kindes kennen. Zu Besuch in der Schule Bevor es eingeschult wird, darf Ihr Kind zum „Schnuppertag“ in seine künftige Schule gehen. Mit den anderen Kindern aus der Vorschulgruppe darf es dann in einer ersten Klasse beim Unterricht zugucken. So bekommt es eine bessere Vorstellung von der Schule und dem Unterricht. Nicht vergessen: Wenn Sie für Ihr Kind einen Hortplatz brauchen, sollten Sie sich jetzt schon darum kümmern! Was braucht mein Kind? Oft bekommen Eltern schon beim ersten Elternabend vor der Einschulung Ihres Kindes eine Liste mit den benötigten Lernmaterialien, manchmal gibt es diese Liste auch am ersten Schultag. Experten schätzen, dass eine sogenannte Schulerstausstattung – mit Schulranzen, Turnschuhen, Federmäppchen, Stiften, Heften, Einbänden und vielem mehr – etwa 150 Euro kostet. Für Familien mit mehreren Kindern oder für Eltern mit geringem Einkommen ist das sehr viel Geld. Manche Städte bezuschussen diese Familien freiwillig mit einem einmaligen Geldbetrag. Wenn das in Ihrer Gemeinde nicht der Fall ist, sind die Sozialberatungsstellen der Wohlfahrtsverbände die richtigen Ansprechpartner. Sie können beraten und haben Erfahrung damit, finanzielle Hilfen zu organisieren. Ihr zuständiges Jugendamt kann Ihnen ebenfalls helfen oder Sie weitervermitteln. HartzIV-Empfänger, deren Kind eingeschult wird, bekommen im Vorfeld einen finanziellen Zuschuss. Auch für sogenannte „Normalverdiener“ sind 150 Euro ein Betrag, der eingeplant werden muss. Vielleicht besteht die Möglichkeit, dass Großeltern oder andere Verwandte für den künf6

ist Pflicht! Schulbesu ch tigen ABC-Schützen etwas dazugeben, vielleicht kann der Schulranzen auch ein Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk sein. Besonders beim Schulranzen lässt sich viel sparen, wenn man nicht das allerneueste Modell wählt, sondern ein ebenso schönes vom Vorjahr. Auf welche Schule soll mein Kind gehen? Die Grundschule Die Grundschule ist die erste und gemeinsame Schule, die für alle Kinder im Alter von ca. sechs bis ca. zehn Jahren Pflicht ist. Alle Kinder, die bis Ende September sechs Jahre alt werden, müssen sich in die erste Klasse anmelden. Die Eltern haben allerdings auch die Möglichkeit, ihr Kind ein Jahr zurückzustellen. Der Freistaat Bayern ist in die sogenannten Schulsprengel eingeteilt. Dies sind Wohnbezirke, denen jeweils eine Grundschule zugeordnet ist. Jedes Schulkind soll grundsätzlich seine Sprengelschule besuchen. Auch die Zuordnung zu Haupt- und Förderschulen ist über die Schulsprengel geregelt. Es gibt jedoch auch Ausnahmen: Wenn Sie möchten, dass Ihr Kind eine Grundschule außerhalb des Schulsprengels besucht, so können Sie einen Gastschulantrag stellen. Akzeptiert werden zwingende persönliche Gründe wie zum Beispiel die Nähe der anderen Schule zur Arbeitsstelle einer alleinerziehenden Mutter oder ein erweitertes Betreuungsangebot, das es so an der Sprengelschule nicht gibt. Ihren Gastschulantrag müssen Sie an der Sprengelschule stellen. Sie gibt ihn nach der Genehmigung an die Gemeinde weiter. Der Gastschulantrag muss auch gestellt werden, wenn Sie Ihr Kind auf eine Montessori-, Waldorfschule oder andere Privatschule schicken möchten. 7

Privatschulen können andere Schwerpunkte setzen als Regelschulen. © LadyDIY /Pixabay.com Die Förderschule Seit dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention richtet sich der Fokus aber immer mehr auf die Inklusion, also dem gemeinsamen Leben und Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung. Das heißt, dass auch Kinder mit Seh- oder Hörschwäche oder mit einer anderen Einschränkung ganz normal an einer Grundschule eingeschult werden können. Wenn Ihr Kind eine intensivere sonderpädagogische Betreuung benötigt, ist es an einer Förderschule mit ihren verschiedenen Angeboten genau richtig. In den dortigen Kompetenzzentren kann ganz individuell auf seine Bedürfnisse eingegangen werden. Förderschulen liegen selten im direkten Wohnumfeld. Darum werden die Schüler in der Regel durch einen speziellen Service entweder direkt an der Wohnungstür abgeholt und nach Schulschluss wieder bis zur Wohnung gefahren oder das Abholen/Bringen erfolgt an einer in der Nähe der Wohnung liegenden öffentlichen Bushaltestelle. 8

Vergleichen Sie die verschiedenen Konzepte Privatschulen Privatschulen unterrichten meist nach einem eigenen pädagogischen Konzept. Dahinter steht oftmals eine bestimmte Lebensphilosophie. Waldorfschulen zum Beispiel haben einen weltanschaulichen Hintergrund, der durch die Philosophie des österreichischen Anthroposophen Rudolf Steiner geprägt ist. Und Montessori-Schulen unterrichten nach dem speziellen Lern- und Erziehungskonzept der italienischen Pädagogin Maria Montessori. Daneben gibt es auch Schulen kirchlicher und privater Träger oder in Vereinen organisierter Eltern, die sich als Alternative zur Regelschule verstehen. Wenn Sie ganz bestimmte pädagogische Vorstellungen davon haben, wie Ihr Kind unterrichtet werden soll, müssen Sie sich mit den verschiedenen Konzepten auseinandersetzen. Das Bild, das Sie selbst von Ihrem Kind haben, beeinflusst dabei auch Ihre Vorstellungen vom richtigen Erziehungskonzept. Privatschulen verlangen in der Regel ein nicht unerhebliches Schulgeld. Der Lernstoff, der dort vermittelt wird, weicht oft stark von dem ab, was in der Regelschule gelehrt wird. Auch die Lehrmethoden unterscheiden sich mehr oder weniger deutlich von denen in der Regelschule. So gibt es zum Teil ganz eigene Fächer, oder die regulären Fächer werden auf unterschiedliche Weise und mit anders gesetzten Schwerpunkten unterrichtet. Grundsätzlich sind diese privaten Schulen als Ergänzung und nicht als Konkurrenz zu den Regelschulen zu verstehen. Manche Unterrichtsmethoden aus der alternativen Pädagogik zum Beispiel werden zunehmend auch von Lehrern in den Regelschulen verwendet, weil sie den Kindern das Verstehen erleichtern und den Spaß am Lernen fördern. Wenn Sie sich für eine alternative Schulform entscheiden, sollten Sie selbst hinter dem Weltbild und der vertretenen Pädagogik stehen und dies auch zu Hause leben. Das wird zum Teil auch von Ihnen erwartet. Es hat keinen Sinn, wenn Sie Ihr Kind in einer Privatschule anmelden, die beispielsweise eine fernsehfreie Erziehung fordert, Sie zu Hause aber gern und oft Filme ansehen. Dann sind Konflikte vorprogrammiert. 9

Testen Sie das Übernachten erst einmal mit den Großeltern. Ich schlaf heut’ woanders! Der Wunsch, bei Freunden zu übernachten, ist bei Kindern unterschiedlich stark ausgeprägt. Während das eine Kind vielleicht schon mit drei oder vier Jahren zum ersten Mal bei der Kindergartenfreundin übernachtet hat und inzwischen ein richtiger „Profi“ ist, ist das andere Kind eher ängstlich und will von dem Abenteuer „woanders übernachten“ nichts wissen. Ist Ihr Kind eher ängstlich, drängen Sie es nicht. Warten Sie ab, irgendwann wird auch Ihr Kind den Wunsch äußern und woanders übernachten wollen. Manchmal ist es leichter, zunächst einmal bei Oma und Opa zu übernachten. Diese sind dem Kind in der Regel vertraut und können sich voll und ganz auf ihr Enkelkind einstellen. Wenn das gut klappt, steht einer Übernachtung bei einem Freund oder einer Freundin nichts im Wege. Beim ersten Mal ist die Aufregung groß – und zwar für alle Beteiligten: Für Ihr Kind, weil es noch nie weg von zu Hause war und bei einer anderen Familie übernachtet hat. Für Sie, weil sich vielleicht eine gewisse Wehmut einstellt und Ihr Kind jetzt schon so „groß“ ist. Wie auch immer, sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber. Teilen Sie ihm mit, dass Sie in Rufbereitschaft sind, falls es doch der Mut verlässt und lieber zu Hause übernachten möchte. Das ist für alle Beteiligten eine beruhigende Strategie. Besprechen Sie sich mit der Gastfamilie. Mit Sicherheit werden Sie Ihr Kind nur Eltern anvertrauen, die Sie auch kennen und denen Sie vertrauen. Packen Sie Ihrem großen Kind einen kleinen Übernachtungsrucksack mit Schlafanzug, Unterwäsche, frischer Kleidung für den nächsten Tag und Zahnbürste. Und vergessen Sie das Schmusetier nicht, oder was auch immer Ihr Kind zum Einschlafen braucht. Natürlich wird dann auch bei Ihnen bald ein kleiner Freund übernachten und Sie erleben die kleine Übernachtungsparty hautnah. Sorgen Sie trotz der Aufregung für einen geregelten Ablauf. Lassen Sie die Kinder wissen, wann es Abendessen gibt und wie der restliche Abend verläuft. Wenn es Zeit zum Schlafen ist, führen Sie Ihr gewohntes Zu-Bett-geh-Ritual durch: Waschen, Zähneputzen, Umziehen, Vorlesen. 10

Einmal pro Monat ist genug. Falls Ihr Gastkind Heimweh bekommt, nehmen Sie es auf den Schoß und beruhigen es. Sicherlich haben Sie sich mit seinen Eltern abgesprochen und wissen, wann Sie diese anrufen sollten. Am besten nicht erst, wenn das Kind schon völlig aufgelöst und schluchzend in Ihren Armen liegt. Das vorzeitige Abholen sollte dann ohne große Aufregung passieren. Noch ein Tipp zum Schluss: Achten Sie darauf, dass die Übernachtungen nur am Wochenende stattfinden und dass sie nicht überhand nehmen. Einmal im Monat woanders zu übernachten ist für ein fünfeinhalb- bis sechsjähriges Kind genug. 11

Großfamilien werden oft schief angesehen. Die Großfamilie Während es noch vor einigen Generationen durchaus üblich war, viele Kinder zu haben, sind Familien mit drei und mehr Kindern heute eher die Ausnahme. Allerdings kommt es durch die Möglichkeiten der künstlichen Befruchtung heute häufiger zu Mehrlingsgeburten mit mehr als zwei Kindern. Aus welchen Gründen auch immer Eltern viele Kinder haben, kinderreiche Familien gelten als „exotisch“ und werden nicht selten argwöhnisch beäugt oder gar als asozial beschimpft. Sie müssen sich rechtfertigen und mit Vorurteilen auseinandersetzen. Dabei wird oft übersehen, was für eine Riesenleistung diese Familien erbringen, welcher logistische Kraftakt Tag für Tag nötig ist, damit der Alltag überhaupt funktioniert. Drei oder vier Kinder morgens für den Kindergarten und die Schule fertig zu machen, Pausenbrote zu schmieren und möglicherweise noch ein Baby zu versorgen, erfordert viel Kraft und Energie. Sind die großen Kinder aus dem Haus, müssen Hausarbeit und Einkauf erledigt werden, dann muss gekocht werden, denn mittags soll ja etwas zu Essen auf dem Tisch stehen. Nachmittags müssen Hausaufgaben der Großen begleitet oder beaufsichtigt, die Kleinen beschäftigt werden. Und dann steht auch schon wieder das Abendbrot auf dem Programm. Natürlich fällt in einer großen Familie jede Menge Wäsche an, Arztbesuche müssen organisiert werden und vieles mehr. Große Familien brauchen eine gute Planung und sie brauchen Verlässlichkeit. Das Elternpaar muss neben einer stabilen Beziehung eine klare Aufgabenverteilung haben. Oft ist nur einer der Partner berufstätig und der andere übernimmt hauptsächlich die Arbeit in Haus und Familie. Oder beide Eltern teilen sich Erwerbsarbeit und Familienaufgaben so auf, wie es für sie stimmig und auch möglich ist. Auch die Kinder werden – ihrem Alter entsprechend – schon früh Aufgaben übernehmen müssen. Aber wer in einer Großfamilie aufwächst hat auch viele Vorteile. Die Kinder werden früher selbstständig und erwerben ein hohes Maß an Sozialkompetenz. Und sie haben neben ihren Eltern meist auch ältere Geschwister als Bezugspersonen und Vorbilder. 12

Günstigeres Genossenschaften. Wohnen bei Neben all den Vorteilen, die eine große Familie bringt, gibt es einen Hauptknackpunkt, nämlich die Finanzen. Eine Großfamilie zu ernähren kostet richtig viel Geld. Denn Kinder, die wachsen, haben ständig Hunger, sie müssen eingekleidet werden und sie brauchen Platz. Nicht jede Familie kann sich eine große Wohnung oder gar ein Haus leisten. Das kann vor allem unter den älteren Kindern häufig zu Spannungen führen, weil sie sich ihr Zimmer oft mit einem oder mehreren Geschwistern teilen müssen. Günstig sind Genossenschaftsoder Sozialwohnungen. Informationen hierzu finden Sie am Ende dieses Elternbriefes. Auch Urlaube sind oft nicht zu bezahlen. Familienferienstätten bieten gerade auch für kinderreiche Familien schöne Urlaubsmöglichkeiten für wenig Geld. Ein Zuschuss kann ebenfalls beantragt werden. Auch hierzu gibt es Informationen und Adressen am Ende dieses Elternbriefes. Besonders kritisch wird es für diese Familien, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. Arbeitslosigkeit, Trennung, Unfall, Krankheit oder gar Tod können sie in eine tiefe Krise stürzen. Für Notsituationen gibt es die bayerische Landesstiftung „Hilfe für Mutter und Kind“. Dort können Mehrlingsfamilien (ab Drillingen), aber auch kinderreiche Familien, die in Not geraten sind, Unterstützung beantragen. Die Hilfsangebote sind vielfältig und orientieren sich an den Bedürfnissen der einzelnen Familie. Sozialberatungsstellen können informieren und Ihnen helfen, einen Antrag zu stellen. © ZBFS - Bayerisches Landesjugendamt 13

• • • • • Sprachstörungen Ich mag ein g-oßes Eis! Ich hab so söne Suhe! Was ist das eigentlich? Vier unterschiedliche Bereiche der Sprache können von Störungen betroffen sein: Aussprache: Bestimmte Aussprachefehler, vor allem bei „s“, „sch“ und „r“, sind bei den Sprachstörungen am häufigsten vertreten. Sprachverständnis: Von einem verminderten Sprachverständnis spricht man, wenn ein Kind Begriffe und Sätze nicht versteht, die es aufgrund seines Alters kennen sollte. Wortschatz: Kinder mit eingeschränktem Wortschatz wissen oftmals nicht die richtige Bezeichnung für verschiedene Dinge, die sie eigentlich kennen müssten. Satzbau und die Grammatik: Die betroffenen Kinder wenden die grammatikalischen Regeln nicht dem Alter entsprechend oder nicht richtig an, man nennt das auch Dysgrammatismus. Was können Eltern tun? Unabhängig von der Art der Schwierigkeiten gibt es einiges, was Sie im alltäglichen Umgang mit Ihrem Kind tun können: Sprechen Sie langsam mit Ihrem Kind und schauen Sie es dabei an, damit es die richtige Aussprache beobachten kann. Frustrieren Sie Ihr Kind nicht. Lachen oder Kritik sind sehr kränkend. Machen Sie das auch den Geschwistern und Freunden bewusst. Loben Sie Ihr Kind, wenn es richtig gesprochen hat. Vergessen Sie aber auch den Inhalt nicht. Ihr Kind soll nicht das Gefühl bekommen, dass die eigentliche Mitteilung Sie nicht interessiert. Sie helfen Ihrem Kind, wenn Sie seine Aussagen in richtiger Aussprache oder Formulierung wiederholen oder ihm Fragen in richtiger Form stellen. Wenn Sie mit Ihrem Kind Bilderbücher anschauen und besprechen, helfen Sie ihm, seinen Wortschatz zu erweitern. Auch bei Spielen wie etwa „Memory“ kann Ihr Kind immer wieder Dinge benennen. Gibt es Fördermöglichkeiten? Wenn Sie vermuten, Ihr Kind leide vielleicht an einer Sprachentwicklungsstörung oder -verzögerung, sollten Sie frühzeitig mit Ihrem Kinderarzt sprechen. Häufig wird eine logopädische Behandlung verordnet. Daneben bieten auch spezielle Sprachheilkindergärten und Sprachheilschulen geeignete Fördermöglichkeiten. 14

Infos &Anlaufstellen Schulanfang Die Jobcenter bezuschussen die Schul-Erstausstattung von Kindern von Hartz-IV-Empfängern. Weitere Unterstützung erfahren Sie bei den Sozialberatungsstellen der Wohlfahrtsverbände oder bei Ihrem zuständigen Jugendamt. Förderschulen Hier informiert das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung ISB. www.isb.bayern.de Kinderreiche Familien Hilfe bietet u.a. die Landesstiftung Hilfe für Mutter und Kind: www.zbfs.bayern.de/stiftung/ www.zbfs.bayern.de/stiftung/ faminnot.html Die Sozialberatungsstellen der Wohlfahrtsverbände helfen Ihnen, wenn Sie einen Antrag – auch für andere Stiftungen – stellen wollen. Auch Ihr Jugendamt weiß Rat. Soziales Wohnen Den Antrag auf eine Sozialwohnung stellen Sie an die zuständige Stelle der Kreis- oder Gemeindeverwaltung. Liegt das Einkommen unter einer festgelegten Grenze, bekommt man einen Wohnberechtigungsschein. Mit diesem kann man sich auf die Warteliste für eine Sozialwohnung setzen lassen. Dringende Fälle werden oftmals vorrangig berücksichtigt. Genossenschaften bieten ebenfalls preiswerten Wohnraum an. Über Telefonbuch oder Internet können Sie herausfinden, ob es in Ihrer Gemeinde solche gemeinnützigen Genossenschaften gibt. Familienurlaub Im Zentrum Bayern Familie und Soziales erhalten Sie neben der Liste mit Familienurlaubsstätten an attraktiven Ferienorten in Bayern auch den Antrag für den Zuschuss zum Familienurlaub. https://zbfs.bayern.de/foerderung/ familie/erholung/index.php Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Familienerholung listet eine Vielzahl gemeinnütziger Familienferienstätten in ganz Deutschland auf: www.urlaub-mit-der-familie.de Sprachstörungen Hier helfen Erziehungsberatungsstellen und Kinderzentren (auch: Sozialpädiatrische Zentren) weiter. Sie finden sie in größeren Städten, oftmals auch an Kinderkliniken angegliedert. www.fruehfoerderung-bayern.de 15

ClimatePartner0 klimaneutral DruckllD:10822-1408-1001 FSC www.'9c.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC• C108626 D !l;l'\'~rlil(.'h $ s r @!$1lillii ~ CnlJ ~) ru, n1 iht 1 Acl 1 \,Jnr l StJ..Ci.1 1 L°' B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T 22 Weitere Informationen: Die Elternbriefe können Sie auch online lesen, herunter-laden oder als Newsletter abonnieren: beim Online-Ratgeber „BAER“ des Bayerischen Landesjugendamtes. Dort finden Sie auch weitere ausführliche Informationen zu vielen der hier genannten Themen: www.baer.bayern.de Medienerziehung: Auf www.flimmo.de finden Eltern Tipps zum aktuellen Kinderprogramm. Beim Deutschen Jugendinstitut, https://www.dji.de/ ueber-uns/projekte/projekte/apps-fuer-kinderangebote-und-trendanalysen/datenbank-apps-fuerkinder.html, finden Sie eine Datenbank für KinderApps. Unser Tipp: in den Medienbriefen, www.baer.bayern.de/medienbriefe, finden Sie weiter Informationen zur Medienerziehung. Im nächsten Elternbrief: – Entwicklungsschritte – Was spielt mein Kind? – Abschied vom Kindergarten – Neuer Familienalltag – Rund um die Schule: Mittagsbetreuung oder Hort? – Das Taschengeld – Familie hat viele Gesichter: Gemeinsame Sorge nach der Trennung – Die Mediation Die Elternbriefe werden gef ördert durch: Herausgegeben vom Zentrum Bayern Familie und Soziales – Bayerisches Landesjugendamt (BLJA) V.i.S.d.P.: Hans Reinfelder Postanschrift: Postfach 400260 80702 Mchen www.blja.bayern.de Überreicht durch Ihr Jugendamt Illustrationen: Birgit Baude, München – Druck: MKL Druck © Bayerisches Landesjugendamt, Stand: Januar 2022 ISBN 3-935960-23-9 Artikelnummer: 10202122

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