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Foto: Junge und Mädchen umarmen sich und lachen in die Kamera.
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Geschwisterkinder

Geschwister sind etwas ganz Besonderes: Die Beziehung zu ihnen prägt die meisten Menschen und hält oft ein Leben lang.

Die Bindung unter Geschwistern

Die besondere Beziehung zwischen Geschwistern entsteht langsam. Ist das jüngere Kind etwa drei Jahre alt, ist die Bindung zwischen den Geschwistern schon recht stark. Das bedeutet nicht, dass die Beziehung stets ungetrübt wäre: Nicht selten entbrennen die heftigsten Konflikte. Andererseits halten Geschwister oft zusammen wie Pech und Schwefel. Vor allem, wenn es darum geht, eigene Interessen gegenüber den Eltern zu vertreten.

Geschwister lernen voneinander. Radfahren, Lesen, Spielen ... ältere Kinder sind die besten Lehrmeister. Gerade die Kleineren lernen viele Dinge durch das Vorbild der Geschwister. "Das will ich auch können!" ist ein großer Anreiz. Ältere Geschwister sind oft sehr reif für ihr Alter und übernehmen Verantwortung für die Kleineren.

Eine Familie mit vielen Kindern – für die Eltern keine leichte Aufgabe. Es ist nicht leicht, allen Kindern gerecht zu werden. Jedes Kind braucht Liebe, Fürsorge und Unterstützung. Jedes hat sein eigenes Entwicklungstempo. Und es ist nicht leicht, jedes Kind in seiner Eigenart anzuerkennen.

Wie können Eltern ihr Kind auf die Geburt eines Geschwisterchens vorbereiten?

Die Geburt eines Geschwisterchens ist für das Kind eine Belastung. Eine gute Vorbereitung hilft ihm, sich in der neuen Situation zurechtzufinden.

Einige Tipps:

  • Lassen Sie Ihr Kind an der Schwangerschaft teilnehmen: Kann es die Bewegungen im Bauch der Mutter fühlen? Erklären Sie Ihrem Kind, dass ein neuer Mensch heranwächst.
  • Erzählen Sie Ihrem Kind von der Zeit, als sie mit ihm schwanger waren. Zeigen Sie ihm Fotos, wie es selbst als Säugling ausgesehen hat.
  • Betrachten oder lesen Sie mit Ihrem Kind Bücher zu diesem Thema. Es gibt ausgezeichnete Bücher, die dem Kind Schwangerschaft und Geburt einfühlsam erklären.
  • Beteiligen Sie Ihr Kind an der Vorbereitung: Wo schläft das neue Baby? Wo stellen wir die Wickelkommode hin?

Ist das Geschwisterkind geboren, beteiligen Sie Ihr Kind an der Babypflege. Vielleicht mag es seinen eigenen Teddy wickeln, während Sie den Säugling pflegen? Achten Sie aber darauf, dass Ihr Kind nicht zu viel Verantwortung übernimmt.

Unterstützen Sie den Kontakt zwischen den neuen Geschwistern. Streicheln, in die Augen sehen, singen ... das kleinere Kind wird sehr schnell auf sein älteres Geschwister reagieren und es anlächeln.

Erstgeborene

Für die Eltern ist das erstgeborene Kind etwas ganz Besonderes und der Mittelpunkt der Familie. Es genießt ihre volle Aufmerksamkeit. Die Eltern möchten alles besonders gut machen.

Erstgeborene entwickeln sich meist schneller als die Geschwisterkinder. Sie sind in den ersten Lebensjahren in der Regel hauptsächlich mit Erwachsenen zusammen, die als Vorbilder dienen.

Der scheinbar paradiesische Zustand endet, wenn dem Kind eines Tages erzählt wird, dass es ein Geschwisterchen bekommen wird. Es kann sich darunter nichts Besonderes vorstellen. Außer, dass ihm gesagt wird, dass man mit ihm spielen kann.

Nun ist das Geschwisterkind da und der Himmel hat sich verdüstert: Zeit und Aufmerksamkeit der Eltern muss nun geteilt werden mit diesem kleinen Geschöpf, mit dem man nichts anfangen kann.

Die "Entthronung" des Erstgeborenen ist ein einschneidendes Erlebnis. Die erste Zeit mit dem neuen Geschwisterchen ist belastend und die meisten Kinder möchten am liebsten das Baby wieder zurückgeben.

Oft werden die Kinder anlehnungsbedürftiger, manchmal nehmen sie Verhaltensweisen an, die sie schon längst abgelegt hatten: Sie möchten wieder einen Schnuller, nässen ein, können sich im Kindergarten nicht mehr von der Mutter trennen ... Auch sie brauchen nun besonders viel Fürsorge und Zeit.

Da die Mutter noch viel mit dem Baby beschäftigt ist, kann der Vater die Chance nutzen und sich liebevoll um das erstgeborene Kind kümmern.

Haben Erstgeborene sich erst einmal daran gewöhnt, der oder die Älteste zu sein, übernehmen sie nicht selten die Verantwortung für ihre Geschwister (beispielsweise beim Spiel mit Gleichaltrigen). Meist sind sie zuverlässig, gewissenhaft und ehrgeizig. Nicht zuletzt, um die Aufmerksamkeit und das Wohlwollen der Eltern zu erhalten.

Erstgeborene fühlen sich immer größer, stärker, klüger als ihre Geschwister. Kein Wunder, wer im Kinderzimmer das Sagen hat. Erstgeborene rutschen oft automatisch in eine dominierende Rolle. Und bleiben darin oft ein Leben lang.

Mittlere Kinder

Das älteste und das jüngste Kind haben fest umschriebene Positionen in der Familie. Und die Kinder dazwischen? Sie sind Einflüssen von oben, unten und den Eltern ausgesetzt. Darum sind sie oft voller Widersprüche.

Manche bleiben im Hintergrund und behaupten sich wenig zwischen den Geschwistern. Sie fordern seltener ihre Rechte ein. Diese Kinder brauchen besondere Ermunterung, ihre Ideen und Wünsche auszusprechen.

Andere Mittelkinder sind lebhaft und quirlig.

Bekommen mittlere Kinder zu wenig Aufmerksamkeit und Lob, werden sie ungeduldig und sogar aggressiv. Es ist wichtig, ihnen deutlich zu zeigen, dass auch sie etwas Besonderes sind und sie ohne Einschränkung geliebt werden.

Bedingt durch ihre Stellung in der Familie sind Mittelkinder oft sehr gute Diplomaten – sie beherrschen die Kunst, Kompromisse zu schließen und zwischen den Geschwisterkindern zu vermitteln.

Oft sind sie kontaktfreudig und haben einen großen Freundeskreis. Weil sie in ihrer Familie keinen rechten Platz gefunden haben, suchen sie Kontakte außerhalb der Familie und verschaffen sich so die nötige Anerkennung.

Nesthäkchen

Das jüngste Kind in einer Familie genießt meist Sonderstatus. Nicht nur die Eltern nehmen es vor den Geschwistern in Schutz auch die Geschwister trösten es ihrerseits, wenn es Streit mit den Eltern gegeben hat.

Die Kleinsten haben meist schnell raus, wie sie sich verhalten müssen, um an ihr Ziel zu kommen.

Die Jüngsten möchten im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Im Buhlen um die Gunst der Eltern entwickeln sie so manche Strategie, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Nicht selten zeigen sie einen grandiosen Charme und sind sehr lebhaft.

Nesthäkchen haben es nicht leicht: Alles, was sie tun und können, ist in der Familie schon mal da gewesen. Auch wenn ihnen viel Liebe entgegengebracht wird – oft fehlt Lob und Bestätigung.

Mit den Großen können Nesthäkchen auf normalem Wege nicht konkurrieren. Wie kann es ihnen gelingen, aus dem übermächtigen Schatten der Geschwister zu treten? So ist klar, dass sie sich über ihr Verhalten profilieren wollen. Oft benehmen sie sich auch einfach nur auffälliger und vorlauter als diese.

Nesthäkchen wird in vielen Dingen des Alltags meist mehr geholfen – und zwar nicht nur von den Eltern, sondern auch von den Geschwistern. Dies hat zwei Seiten: Einerseits freut sich das Kind darüber, andererseits leidet die eigene Selbstständigkeit. "Das kannst du noch nicht!" – ein Satz, den die kleinsten Familienmitglieder oft genug hören.

Wem immer geholfen wird, der hilft sich selbst nicht. Und hat das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden.

Einzelkinder

Allein aufwachsende Kinder sind ebenso kontaktfreudig und umgänglich wie Kinder mit Geschwistern. Das Vorurteil vom verwöhnten Einzelkind ist längst überholt. Denn mittlerweile hat sich vieles verändert.

Auch außerhalb der Familie kann ein Kind auf Freunde und Spielkameraden treffen. Das beginnt bereits in Spielgruppen und kann über Hobbys oder eine Mitgliedschaft in einem Sportverein fortgesetzt werden.

Einzelkinder müssen die Gelegenheit haben, sich mit gleichaltrigen Kindern auseinander zu setzen. So können sie alle sozialen Erfahrungen machen, die sie brauchen.

Eltern von Einzelkindern sollten auch das Zusammensein mit Freunden fördern. Denn: Im Alltag ist das Kind von Erwachsenen umgeben, die in erster Linie als Vorbild dienen. Darum wirken Einzelkinder oft ordentlicher, reifer und ernster als gleichaltrige Kinder.

Ähnlich wie Erstgeborene sind Einzelkinder oft ehrgeizig und perfektionistisch. Im Gegensatz zu ihnen müssen sie allerdings die Aufmerksamkeit der Eltern nie teilen. Meist entwickeln sie ein starkes Selbstvertrauen.

Stiefgeschwister

Wird eine Stieffamilie gegründet, erhält ein Kind nicht nur einen neuen Elternteil, sondern manchmal auch Stiefgeschwister.

Damit ändert sich unter Umständen nicht nur die Position in der Geschwisterreihe, sondern auch in der Geschlechterfolge. Die Umstellung ist besonders groß, wenn es bisher das einzige Kind in der Familie war.

Bei Schwierigkeiten ist unter Umständen nicht nur die zurückliegende Trennung oder Scheidung, sondern auch der Abschied von dieser besonderen Stellung in der Familie ausschlaggebend.

So helfen Sie Ihrem Kind:

Sprechen Sie mit ihm offen über die neue Situation, seine Ängste und Befürchtungen. Suchen Sie immer wieder das Gespräch. Wie geht es dem Kind mit den Geschwistern? Fühlt es sich übergangen? Fühlt es sich manchmal ungerecht behandelt? Ihr Kind braucht Ihre Unterstützung.

Nehmen Sie Ihr Kind ernst. Es ist nicht so einfach, plötzlich Geschwister zu bekommen.

Zeigen Sie deutlich Ihre Liebe. Das Zusammenleben in einer Stieffamilie ändert nichts an der innigen Beziehung zu ihrem leiblichen Kind. Ihr Kind muss zu jeder Zeit wissen, dass es ebenso wertvoll ist wie seine Geschwister.

Das Hinzutreten neuer Geschwister birgt auch Chancen: Das Kind erhält neue Gefährten und Spielkameraden. So ergibt sich nun die Möglichkeit, sich gegen die Eltern zu verbünden. Oft werden die Stiefgeschwister zu Vertrauenspersonen, mit denen man eigene Schwierigkeiten besprechen kann.

Wird in der Stieffamilie noch ein gemeinsames Kind geboren, birgt dies wiederum eigene Probleme: Das Kind muss ein weiteres Kind akzeptieren, das aus seiner Sicht von seinem Elternteil mehr geliebt werden könnte.

Es ist außerordentlich wichtig, dass dem Kind immer wieder versichert und gezeigt wird, wie sehr es geliebt wird. Vertraut das Kind darauf, dass seine Position nicht in Gefahr ist, kann es eine gute Beziehung zu seinem Halb-Geschwister aufbauen.

Eifersucht

Eifersucht, Neid, Ablehnung und Aggression sind zwischen Geschwistern ebenso alltäglich wie Liebe und Vertrauen. Der Grund liegt ganz einfach darin, dass die Kinder die Aufmerksamkeit der Eltern nicht gerne teilen.

Mit der Geburt eines Geschwisterchens ändert sich sehr viel im Leben eines Kindes, insbesondere bei Erstgeborenen. Sie fühlen sich zurückgesetzt und möchten den ursprünglichen Zustand wieder erreichen.

Nur: Das Geschwisterkind verschwindet nicht einfach. Ganz im Gegenteil: Besonders am Anfang muss die Mutter viel Aufmerksamkeit und Fürsorge für das Baby aufbringen. Da ist es leicht zu verstehen, dass Eifersucht und Rivalität aufkommen.

Darum ist es besonders wichtig, dass Eltern ihr Kind gut auf den Neuankömmling vorbereiten und darauf achten, dass es nicht zu kurz kommt.

Übrigens: Eifersucht, die offen gezeigt wird, ist besser als versteckte Aggression. Nicht selten ist das Kind vor den Augen der Eltern sehr lieb zu seinem Geschwisterchen. Wird es mit ihm allein gelassen, ärgert oder stupst es das Baby.

Sprechen Sie offen mit Ihrem Kind. Zeigen Sie ihm deutlich, dass es genauso lieb gehabt wird wie sein Geschwisterkind. Nehmen Sie sich Zeit ganz mit ihm allein.

Geschwisterrivalität

Geschwister, die altersmäßig eng zusammenliegen und das gleiche Geschlecht haben, rivalisieren besonders intensiv miteinander.

Sie erleben sich als ähnlich. Sie verbringen viel Zeit miteinander, gehen oft sogar in die gleiche Kindergartengruppe ... Sie vergleichen sich ständig, und das birgt so manchen Konfliktstoff. Gefühle von Benachteiligung und Frustration sind an der Tagesordnung.

Geschwister mit größerem Altersabstand und ungleichem Geschlecht kommen meist gut miteinander aus.

Am günstigsten ist ein Altersabstand von etwa drei Jahren. Das ältere Kind löst sich bereits etwas aus der Familie und hat eigene Freunde. Es ist nicht mehr in dem Maße auf die Aufmerksamkeit der Eltern angewiesen wie kleinere Kinder.

Einige Tipps:

  • Vermeiden Sie Vergleiche zwischen den Kindern. Bemerkungen wie "Markus ist viel sportlicher als Benjamin" stacheln das gegenseitige Wetteifern noch an.
  • Loben Sie jedes Kind für seine ganz besonderen Stärken.
  • Behandeln Sie Ihre Kinder so gerecht wie möglich. Wird ein Kind bevorzugt, sind Neid und Eifersucht bei dem Geschwisterkind verständlich.
  • Lassen Sie Ihrem Kind Zeit: Jedes Kind braucht für seine Entwicklung seine eigene Zeit. Ob ein Kind zwei Wochen früher oder später laufen lernt, ist keine Frage von Belang!

Ständige Streitereien zwischen den Geschwistern

Manche Geschwister sind zeitweise wie Hund und Katz. Man hat den Eindruck, die streiten ununterbrochen aus den kleinsten Anlässen. Eifersucht, Rivalität oder einfach Spaß am Streiten? Oft ist nicht auszumachen, was hinter diesen ständigen kleinen Konflikten steht.

Die ewigen Streitereien können das Familienklima erheblich belasten.

Hier einige Tipps:

  • Mischen Sie sich nicht ein: Bei Streitereien im Kinderzimmer ist meist nicht zu klären, wer Schuld hat oder angefangen hat ... Hier gerecht zu sein, ist schier unmöglich. Außerdem lernen Kinder, ihre Meinung zu vertreten, sich durchzusetzen oder Kompromisse zu schließen. Und sich wieder zu vertragen. Auch, wenn es oft hoch her geht - meist sind Streitereien sehr schnell vergessen. Denn die Kinder sind praktisch gezwungen, sich wieder anzunähern. Schon allein deshalb, weil sie zusammenleben.
  • Ausnahmen sind natürlich bewusste Provokationen in Ihrer Anwesenheit, die Zerstörung von Dingen oder wenn die Gefahr besteht, dass andere Kinder verletzt werden.
  • Unterstützen Sie einen eigenen Freundeskreis. Geschwister können miteinander spielen, müssen aber nicht.
  • Jedes Kind braucht ein Rückzugsgebiet, in dem es auch mal allein sein kann.