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Foto: Tochter, die ihre Mutter anlügt. Die Tochter steht vor der Mutter und kreuzt Zeige- und Mittelfinger hinter ihrem Rücken.
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Lügen

Es ist für Kinder nicht leicht zu verstehen, wie mit der Wahrheit umgegangen werden soll.

Lügen verstehen lernen

Einerseits gilt Lügen als großer Fehler, andererseits erleben Kinder täglich, wie Erwachsene zu Notlügen greifen. Sie müssen erst lernen, dass ein gewaltiger Unterschied besteht zwischen lügen, um jemanden zu täuschen, und lügen, um den anderen nicht zu verletzen.

Die Wahrheit zu sagen und sagen zu können, spielt dabei eine große Rolle. Wer nur aus Angst oder Gehorsam bei der Wahrheit bleibt, hat keinen vertrauensvollen Umgang miteinander. Denn: Wer Vertrauen hat, muss nicht lügen.

 

Warum lügen Kinder?

Bis zum schulfähigen Alter nehmen es Kinder mit der Wahrheit meist nicht so genau. Sie haben eine ungebremste Fantasie und können zwischen Einbildung und Realität oftmals noch nicht sehr gut unterscheiden. Sie erfinden manchmal Geschichten oder übertreiben schon mal maßlos.

Auch wenn Kinder in diesem Alter über ein gutes Gedächtnis verfügen, tauchen gelegentlich Erinnerungslücken auf. Denn sie achten auf die Dinge, die ihnen bedeutsam erscheinen. Andere Begebenheiten können dabei verloren gehen.

Unter Umständen wird die zeitliche Reihenfolge von Ereignissen verwechselt, Erzählungen und Erinnerungen werden nach eigenen Wünschen und Fantasien ausgeschmückt. Dabei ist den Kindern nicht bewusst, dass die Wahrheit ganz anders ausgesehen hat.

Von Erwachsenen wird dies oft als Lügen missverstanden. Die Kinder sind allerdings der festen Überzeugung, dass das, was sie erzählen, wahr ist.

Viele Kinder treibt der Wunsch nach Anerkennung dazu zu flunkern. Gerade kleinere Kinder spüren oftmals noch nicht, was unglaubwürdig und nachprüfbar ist.

"Ich habe ein eigenes Pony." Diese Aussage macht es zwar im Moment interessant, die anderen Kinder kommen ihm aber sicher bald auf die Spur.

Wenn Ihr Kind lügt, um besser da zu stehen, hat es vielleicht noch nicht das nötige Selbstwertgefühl. Versuchen Sie, dieses zu stärken. Es gibt sicher Dinge, die Ihr Kind besonders gut kann? Fördern Sie diese. Dann braucht es sich keine Fähigkeiten herbei zu fantasieren.

Kinder machen manchmal Dinge, die nicht in Ordnung sind. Sie nehmen einfach ein Geldstück. Oder es gehen Dinge kaputt. Sie möchten die Verantwortung dafür nicht auf sich nehmen und lügen aus Angst. Und so sagen sie eben, sie wären es nicht gewesen.

Oft schätzen sie die Konsequenzen ihres Tuns wesentlich härter ein, als sie in Wirklichkeit sind. Und so lassen sie sich zu weiteren Lügen verleiten.

Natürlich ist es für Eltern unangenehm, wenn sie von ihren Kindern angelogen werden. Aber man darf es auch nicht überbewerten. Denn oft wissen Kinder noch keinen anderen Ausweg.

Kann ein Kind niemals einen Fehler zugeben und schiebt die Schuld so oft es geht auf andere, sollten Eltern der Sache auf den Grund gehen. Vielleicht sind Sie manchmal zu streng mit Ihrem Kind? Jeder macht mal einen Fehler. Ein Kind, das Angst vor Strafen hat, wird in der Regel eher lügen als ein Kind, das sich angenommen und verstanden fühlt.

Kinder erleben täglich Eltern, die schwindeln. Da wird schon mal eine unangenehme Einladung "wegen Krankheit" abgesagt. Oder das neue Auto wird bewundert und als schön bezeichnet, obwohl es eigentlich nicht gefällt.

Kinder lernen so von den Erwachsenen, dass Ehrlichkeit und Höflichkeit nicht immer übereinstimmen. Und dass man nicht in jedem Fall sofort sagen muss, was man über den anderen denkt. Denn oft wird geschwindelt, um anderen Peinlichkeit und Scham zu ersparen.

Wie soll ich mich verhalten, wenn mein Kind lügt?

  • Eltern dienen als Vorbild. Überlegen Sie, wie Ihr eigenes Verhalten in Bezug auf Lügen aussieht.
  • Hat Ihr Kind gelogen, überlegen Sie mit Ihrem Kind, wie es beim nächsten Mal in einer ähnlichen Situation vorgehen kann, ohne zu lügen.
  • Drohen Sie nicht mit Strafen. Zieht das Lügen Konsequenzen nach sich, begründen Sie diese.
  • Fordern Sie keine Schuldbekenntnisse. Das Kind kommt sich klein und wertlos vor. Es möchte seinen Fehler nicht eingestehen und sein Gesicht wahren. Leugnet Ihr Kind hartnäckig, lassen Sie sich erzählen, was passieren könnte, wenn die Sache ans Licht käme. So erfahren Sie auch, warum Ihr Kind lügt. Oft befürchtet es unverhältnismäßig harte Konsequenzen.
  • Stellen Sie Ihrem Kind keine Falle. Besser ist es, das Thema direkt anzusprechen.
  • Hat sich Ihr Kind durch Lügen in eine verfahrene Situation gebracht, bieten Sie ihm an, gemeinsam die Sache aus der Welt zu schaffen. So spürt es, dass man mit der Wahrheit weiterkommt als mit Lügen.
  • Erwischen Sie Ihr Kind beim Lügen, stellen Sie dies keinesfalls vor anderen Kindern klar. Denn es hat genug mit seiner Blamage zu kämpfen. Da muss es nicht noch vor anderen bloßgestellt werden. Sprechen Sie mit ihm allein. Versuchen Sie herauszufinden, warum es die Unwahrheit gesagt hat.
  • Ermuntern Sie Ihr Kind, die Wahrheit zu sagen. Freuen Sie sich sichtbar darüber, wenn es die Wahrheit sagt. "Danke, dass Du mir die Wahrheit gesagt hast."
  • Schenken Sie Ihrem Kind Vertrauen. Gerade kleinere Kinder schwindeln oft nur aus reinem Wunschdenken und Fantasie.
  • Ihr Kind muss wissen, dass Sie immer zu ihm halten, auch wenn es einmal gelogen hat. Geben Sie ihm die Gewissheit, dass Sie es lieben.
  • Beste Voraussetzungen dafür, ein "ehrliches" Kind zu erziehen, schafft ein vertrauensvolles Miteinander in der Familie.
  • Lügen Sie Ihr Kind nicht an. Möchten Sie eine peinliche Frage nicht beantworten, sagen Sie dies offen und ehrlich. Möchten Sie Ihr Kind vor einer schmerzlichen Wahrheit schützen, bemühen Sie sich um Offenheit.

Lügt Ihr Kind immer wieder, versuchen Sie der Sache auf den Grund zu gehen. Scheuen Sie sich nicht, Rat und Hilfe in Anspruch zu nehmen.