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Hate Speech

Beitrag aus:
Medienbrief 4
16-18 Jahre

Mit dem Begriff „Hate Speech“ werden verschiedene Formen von im Netz verbreitetem Hass beschrieben. Darunter fallen Äußerungen, in denen Einzelpersonen oder Gruppen beleidigt und abgewertet werden. Oft wird der Hass mit einer tatsächlichen oder vermuteten Gruppenzu­gehörigkeit oder persönlichen Merkmalen begründet. Typische Beispiele sind das Geschlecht, die Herkunft, die sexuelle Orientierung, das Alter, eine Behinderung, die Religion, die politische Haltung oder das Engage­ment für eine bestimmte Sache.

Foto: Drei Mädchen, die erschrocken auf ein Tablet schauen

Beispiele für Hate Speech

Hate Speech hat viele Ausprägungen. Es umfasst nicht strafbare, aber auch strafbare Äußerungen. Ein paar Beispiele dafür sind:

  • Cybermobbing, also das Mobbing von Einzelpersonen online – beispielsweise, wenn im Klassenchat über mehrere Monate geschrieben wird, dass ein Mitschüler dumm ist und stinkt.
  • Bewusste Verbreitung von falschen Aussagen: So wird beispielsweise gegen Menschen einer bestimmten Herkunft gehetzt, indem behauptet wird, dass alle Männer aus diesem Land gewalttätig sind und Frauen daher nachts nicht mehr allein auf die Straße sollten – oft bekräftigt von Aussagen wie: „Die Nachbarin meines Onkels arbeitet bei der Polizei und bestätigt das.“
  • Hate Speech wird als Humor und Ironie getarnt mit Aussagen wie „Ich will auch ein neues Smartphone haben. Werd‘ ich im nächsten Leben halt Asylant!“
  • Versteckte Diskriminierungen mit Sätzen wie „Ich hab‘ ja nichts gegen Sozialhilfeempfänger, aber …“
  • Abwertende und beleidigende Begriffe wie „Schlampe“, „Schwuchtel“, „Spack“ oder „Kanake“.
  • Stereotype und Vorurteile werden ausgedrückt durch Wort­neuschöpfungen wie: „Schlafschaf“, „Gutmensch“, „Flücht­lingswelle“ oder „Lügenpresse“.
  • Codes und Symbole wie eine gesprayte 88, die für HH, also „Heil Hitler“ steht, oder die Zahl 444, die für ein dreifaches D steht und ein Code für die Parole „Deutschland den Deut­schen“ ist. Strafbare Symbole sind etwa der „Blood and Ho­nour“-Schriftzug („Blut und Ehre“), der für ein internationales Netzwerk von rechtsextremen Skinheads steht, das Haken­kreuz oder die Flagge des IS, des Islamischen Staats.

Warum verbreitet sich Hate Speech so schnell?

Das Internet ermöglicht freie öffentliche Kommunikation. Die Vernetzung findet über große Entfernungen statt und für alle Themen finden sich in den unterschiedlichen sozialen Netzwerken Gleichgesinnte. Das kann allerdings auch dazu führen, dass Menschen, die gegen etwas schimpfen, viele Anhängerinnen und Anhänger finden. Hass lässt sich sehr schnell auf diesem Weg verbreiteten. Denn im Netz, so denken viele, können sie anonym oder sogar unter ihrem Klarnamen, also dem echten Namen, alles sagen, was sie wollen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Diese angenommene Rechtsfreiheit führt dazu, dass ver­mehrt Hassbotschaften verbreitet werden, die sich direkt gegen bestimmte Menschen oder Organisationen richten.

Warum ist Hate Speech so gefährlich?

Hass setzt sich im Netz in bestimmten Gruppen fest, wird dort von allen akzeptiert, gerechtfertigt und entsprechend gefördert. Der zu Beginn schriftliche ausgedrückte Hass schaukelt sich hoch. Im schlimmsten Fall wird in den Gruppen dann in einem weiteren Schritt zu echten Taten angestiftet. So kann aus Hate Speech ein Hassverbrechen werden, bei dem Menschen tatsächlich bedroht, verbal oder auch körperlich angegriffen und im schlimmsten Fall getötet werden.

Was kann Hate Speech bewirken?

Die Hetze soll bestimmte Gruppen oder Einzelpersonen ein­schüchtern, ängstigen und mundtot machen. Dafür werden neben echten Menschen auch sogenannte Social Bots – künst­liche Programme, die menschliches Verhalten nachahmen – eingesetzt. Diese Bots beleidigen, posten falsche Tatsachen, reposten andere Artikel und lösen so im Idealfall einen Shitstorm, einen Sturm an Hassmeldungen, aus. Damit soll der Eindruck erweckt werden, eine bestimmte Meinung würde überwiegen.

Was kann man gegen Hate Speech tun?

  • Wenn im Netz Hate Speech bemerkt wird, kann die Gegenrede, die Counter Speech, helfen: Dabei werden sachliche Gegenargumente vorgetragen. Und es wird klar aufgezeigt, warum eine Aussage rassistisch oder diskriminierend war.
  • Bei offensichtlichen Falschmeldungen kann nach der Quelle der Information gefragt werden. Außerdem ist es hilfreich, mit belegbaren Fakten gegenzuhalten und so Gerüchte zu entkräften.
  • Wichtig ist es, offensichtlichen Trollen, also Menschen, die absichtlich zur eigenen Unterhaltung beleidigen oder aufhetzen, nicht noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
  • Wenn man selbst online auf Hassmeldungen aufmerksam wird, sollten diese direkt beim Support des jeweiligen Portals gemeldet werden.
  • Zusätzlich können diese über Meldestellen wie hassmelden.deoder bei der internet-beschwerdestelle gemeldet werden. Dabei ist es wichtig, einen Screenshot der Nachricht oder des Kommentars als Beweis zu sichern. Der Screenshot muss neben dem Kommentar auch das Erstellungsdatum sowie den (User-) Namen der mutmaßlichen Täterin bzw. des Täters enthalten. Und der Kontext des Kommentars muss ersichtlich sein.
  • Eine Strafanzeige kann anonym mündlich oder schriftlich bei der Staatsanwaltschaft oder der Polizei eingereicht werden, z. B. wegen Volksverhetzung, Aufruf zu Straftaten, Beleidi¬gung, übler Nachrede oder bei einer Verletzung der Persön¬lichkeitsrechte.
  • Hilfreich als Informations- und Aufklärungsquellen sind Beratungs- und Meldeportale wie no-hate-speech.de, hateaid.org oder jugend.support, die über Hatespeech aufklären und Opfer von digitaler Gewalt unterstützen.

Eltern und Erziehende sollten schon früh mit ihren Kindern über die Taktiken von Hetzerinnen und Hetzern sprechen, um sie da­rüber aufzuklären, wie die Kommunikation im Netz funktioniert. Kinder und Jugendliche sollen sich ihrer eigenen Verantwortung im Netz bewusstwerden. Dazu zählt auch das Bewahren von Grundwerten wie Ehrlichkeit, Toleranz, Gerechtigkeit, Respekt oder auch der Schutz der Privatsphäre.

Rechtliche Grundlagen

Das 2017 in Kraft getretene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) zielt darauf, Hasskriminalität, strafbare Falschnach richten und andere strafbare Inhalte auf den Plattformen sozialer Netzwerke wirksamer zu bekämpfen. Offensichtlich strafbare Inhalte müssen vom Anbieter spätestens 24 Stunden nach Eingang einer Beschwerde gelöscht werden, strafbare Inhalte nach spätestens sieben Tagen. Soziale Netzwerke sind zudem verpflichtet, bestimmte, be sonders schwere Straftaten an das Bundeskriminalamt zu melden. Unabhängig davon stellt Hate Speech in Medien eine Jugendgefährdung gemäß § 18 JuSchG dar, wenn sie die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigen oder gefährden kann. Wer rechtswidrige Inhalte Dritter verbreitet oder verlinkt, riskiert ein medien-, zivil- oder strafrechtliches Verfahren. Sogar dann, wenn Dritte Hate Speech unter einem Beitrag oder auf dem Profil eines Nutzers oder eine Nutzerin posten und dieser bzw. diese nichts dagegen unternimmt.

Illustration von hate speech, Bildschirm und dass man als User den Kommentar blocken und löschen soll

Böse Worte gegen Sara

Die Tochter meiner Nachbarin, die 16-jährige Sara, hat auf TikTok und Instagram schon viele Followerinnen und Follower. Waren es früher überwiegend Tanzvideos, die sie gepostet hat, postet sie nun Videos gemeinsam mit ihrer Freundin Lara. Die beiden haben sich kürzlich vor Saras Mama Aylin als Paar präsentiert. Aylin freut sich, dass ihre Tochter eine so nette Freundin hat. In ihrem neuen Video machen Sara und Lara auf einen Straßenumzug aufmerk­sam, bei dem für mehr Toleranz, Akzeptanz, Vielfalt und Offenheit geworben wird. Auf das Video bekommen die beiden viele Kom­mentare und auch Privatnachrichten. Neben Lob ist jedoch auch Negatives dabei. Einen ziemlich fiesen Kommentar zeigt sie mir. Er lautet: „Das ist eklig und unnnatürlich! Ihr scheiß Huren!“

Sara ist ziemlich verängstigt und ich bin sehr sauer. Wir machen einen Screenshot des Kommentars und sperren den User. Sara meldet die Nachricht an das Meldeportal der Social-Media-Platt­form und überlegt sich zudem, ihn anzuzeigen.