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Die Macht der Werbung

Beitrag aus:
Medienbrief 1
0-6 Jahre

Werbung ist vielfältig und allgegenwärtig. Eltern müssen neben den Plakaten auf den Plakatwänden und den Litfaßsäulen auch die Anzeigen in Zeitschriften, die Werbespots im Fernsehen oder Kino und die Werbung in den digitalen Medien berücksichtigen. Hierzu zählen Popup-Banner auf Webseiten im Internet und In-App-Werbungen auf dem Smartphone oder dem Tablet.

Illustration mit Aylin und Sara am Fließband an der Kasse im Supermarkt

Zum Werbeverständnis von Kindern

Werbung ist für Kinder Unterhaltung

Kinder im Vorschulalter verstehen Werbung im Fernsehen oder auf den mobilen Endgeräten noch nicht als solche. Für sie sind die bunten, oft schnell geschnittenen Clips mit der lustigen Musik in erster Linie leicht verständliche Unterhaltung. Sie singen und tanzen mit, spielen den Spot vielleicht auch nach, ohne kritisch darüber nachzudenken. Sie können Werbung kaum vom gezeigten Programm oder dem Spiel abgrenzen. Diese Fähigkeit entwickeln erst ältere Grundschulkinder.

Werbung wird von ihnen ernst genommen

Kleine Kinder lauschen der Werbebotschaft und nehmen alles, was ihnen dort „verkauft“ wird, ernst. Sie durchschauen und hinterfragen diese Werbeversprechen noch nicht. Dass ein Schokoriegel fast nur Zucker enthält, wissen vielleicht wir Erwachsenen, die Werbung allerdings verspricht das Beste aus Nüssen und viel Milch. Genau das hören die Kinder und verstehen deshalb nicht, warum er ihnen mit der Begründung „ungesund“ von den Eltern verweigert wird.

Wie funktioniert Werbung für kleine Kinder?

Da Kinder im Vorschulalter meist noch nicht lesen können, setzt die Werbeindustrie bei Kinderwerbung auf bekannte Comic-Figuren, sprechende Tiere oder die Lieblingsheldinnen und -helden. Da Kinder den werbenden Charakter noch nicht durchschauen, sind sie sich sicher, dass die Cornflakes mit den lustigen Figuren auf der besser schmecken als die, auf deren Packung nur schnöde Haferflocken abgebildet sind. Und ein Duschgel mit einem Piraten, das seeräubermäßigen Badespaß verspricht, macht das Badeerlebnis tausendmal spannender als eines, das nur blau oder grün ist.

Warum sind Kinder für die Werbeindustrie interessant?

Einflussreiche Mitentscheidende

Kinder haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Konsumverhalten ihrer Eltern. Sobald sie auf der Welt sind, ändern sich die Ausgaben der Eltern – von den Freizeitaktivitäten bis zu den Urlaubszielen. Ältere Kinder dürfen mitunter mitentscheiden, welches Spielzeug, welches Essen oder welche Kleidung gekauft wird. Zudem gelten Kinder als leicht beeinflussbar. Nicht zuletzt sind die Kinder von heute die kaufkräftigen Konsumentinnen und Konsumenten von morgen.

Quengelware

Die Süßigkeiten in der Auslage vor der Supermarktkasse, die sogenannte Quengelware, hat nichts von ihrem Zauber eingebüßt. Wer hat nicht schon mal Eltern gesehen, die mit Engelszungen auf ein vor Wut schreiendes Kind einreden, es möge bitte aufhören zu weinen, obwohl es keine Schokolade bekommt? Ein fast aussichtsloses Unterfangen.

Eigenes Taschengeld

Schon manche Vorschulkinder verfügen dank Taschengeld, Geldgeschenken und Gespartem über eine hohe Kaufkraft, die sie in Spielzeug, Sammelkarten oder Sticker investieren.

Illustration kleiner Junge hält ein Spielzeug Einhorn im Arm

Ich will aber den Einhornsaft!

Meine Nachbarin Aylin ist mit Tochter Sara einkaufen. Dabei darf Sara einen eigenen kleinen Einkaufswagen schieben. Stolz legt sie die Einkäufe hinein, die sie mit ihrer Mama ausgesucht hat: Bananen, ein Brot, zwei Tüten Milch. Dann kommen die beiden zu den Säften. Aylin will eine Flasche Orangensaft in den Wagen legen, doch Sara wünscht sich die kleine Trinktüte, auf der ein lachendes Einhorn abgebildet ist. Sie kennt es aus ihrer Lieblingssendung im Fernsehen.

Aylin erklärt ihr, dass der Saft viel zu süß ist. Doch Sara nimmt sich den Saft mit dem Einhorn und läuft weg. Aylin rennt ihr hinterher und schnappt sich ihre Tochter. Nun fängt Sara an zu schreien und eine andere Kundin schaut Aylin böse an. Aylin ist müde nach ihrem anstrengenden Arbeitstag, redet aber trotzdem geduldig auf ihre Tochter ein. Beide einigen sich darauf, dass Sara ausnahmsweise einen „Einhornsaft“ trinken darf, aber am nächsten Tag wieder der normale Saft mit Wasser verdünnt auf den Frühstückstisch kommt. Stolz legt Sara alle Artikel aufs Förderband.

Welchen schlechten Einfluss kann Werbung haben?

Gesundheitliche Probleme

Weltweit nimmt die Fettleibigkeit unter Kindern zu – kein Wunder, wenn zuckerhaltige Limonaden, Süßigkeiten oder Fastfood-Produkte mit lustigen Comicfiguren beworben werden, Vollkornbrot und gesundes Obst dagegen weniger.

Einschränkende Rollenbilder

Werbung trägt dazu bei, bestehende Geschlechterstereotype zu festigen. Denn Produkte, die sich speziell an Mädchen oder an Jungs richten, bieten doppelte Umsatzmöglichkeiten: Snacks mit Prinzessinnen für die Mädchen, mit blauen Monstern für die Jungs. Rosa Bettwäsche für Mädchen, blaue für Jungs. Ist das erste Kind ein Mädchen, wird alles in Rosa gekauft. Ist das zweite Kind ein Junge, braucht dieser natürlich eine komplett neue Ausstattung in Blau.

Das Problem hierbei ist das einschränkende Rollenbild: Den Kindern wird so schon sehr früh vermittelt, dass sie das Produkt zu mögen haben, dessen Farbe ihrem Geschlecht entspricht. Mag der Junge lieber das rosa glitzernde Laufrad statt des blauen oder das Einhorn-Kuscheltier statt des Feuerwehrautos, muss er dafür in die „Mädchen-Abteilung“ im Kaufhaus und wird für seinen Wunsch möglicherweise von den anderen komisch angeschaut. Die Wahlfreiheit, und damit auch die Ausbildung einer eigenständigen Identität, wird stark eingeschränkt.

Jedes Kind ist einzigartig! Ob Meerjungfrauen-Kuscheltier für den Sohn oder ein Bagger für die Tochter – beides ist prima! Nehmen Sie die Interessen und Bedürfnisse Ihres Kindes ernst und lassen Sie sich nicht von der Werbung oder auch anderen Eltern und Verwandten verunsichern.

Einige Richtlinien für die Werbung:

  • Werbung muss sich deutlich vom Programm abheben.
  • Kindersendungen dürfen nicht durch Werbung unterbrochen werden. Werbung darf nur davor oder danach ausgestrahlt werden.
  • Kinder dürfen nicht durch die Werbung seelisch oder körperlich beeinträchtigt werden.
  • Kinder dürfen durch die Werbung nicht zum Kauf eines Produkts aufgerufen werden.