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Foto: Mädchen mit Sonnbrille schaut auf ihre digitale Uhr am Handgelenk

GPS-Tracking bei Kindern

Technisch schon längst möglich: Eltern können jederzeit über ihr eigenes Smartphone die Bewegungen ihrer Kinder metergenau verfolgen.

Was sind GPS-Trackingsysteme für Kinder?

Mittlerweile besitzen viele Kinder und fast alle Jugendlichen ein Smartphone oder auch eine Smartwatch. Dadurch ist es möglich, den Standort von Kindern jederzeit via App auf dem elterlichen Smartphone per GPS-Signal zu tracken. Dadurch können Eltern die Bewegungen ihrer Kinder metergenau verfolgen.

Den Aufenthaltsort der Kinder kennen

Eltern nutzen zunehmend GPS-Apps, um im Alltag stets über den Aufenthaltsort ihrer Kinder informiert zu sein. Oftmals liegt dieser Nutzung die Sorge zugrunde, dass dem Kind etwas zustoßen könnte und sie nicht wissen, wo es sich befindet. Diese Ängste und Bedenken werden von Herstellern entsprechender Produkte, wie zum Beispiel Smartwatches für Kinder, gezielt angesprochen. Zudem wird bei manchen Schutzprogrammen für Smartphones damit geworben, nicht nur schädliche Einflüsse abzuwenden, sondern auch jederzeit Zugriff auf den Standort des Geräts des Kindes zu ermöglichen.

Wie ist das mit dem Datenschutz?

Datenschützerinnen und Datenschützer äußern Bedenken, dass Geodaten und häufig auch weitere persönliche Informationen wie Gesundheitsdaten und Konsumverhalten auf Servern weltweit gespeichert werden, ohne dass die Nutzenden der Geräte, also die Erzeugerinnen und Erzeuger dieser Daten, direkten Zugriff darauf haben. Dieser Kontrollverlust über die eigenen Daten kann für einige Menschen beängstigend sein.

Gleichzeitig geben viele Nutzerinnen und Nutzer freiwillig große Mengen persönlicher Informationen preis, sei es durch soziale Netzwerke, Gesundheitsdaten über Smartwatches oder durch GPS-Ortung bei der Nutzung zahlreicher Apps.

Letztlich steht jeder Einzelne vor der Entscheidung, wie wichtig der Schutz der eigenen Daten ist und ob das Gefühl von Sicherheit die potenziellen Risiken überwiegt.

Die Datenschutz-Grundverordnung

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) legt besonderen Wert auf den Schutz personenbezogener Daten von Kindern, da sie als besonders schutzbedürftig gelten. Gemäß Artikel 8 der DSGVO dürfen personenbezogene Daten von Kindern unter 16 Jahren nur mit Zustimmung der Eltern oder Erziehungsberechtigten verarbeitet werden, wenn der Dienst der Informationsgesellschaft direkt dem Kind angeboten wird. Die Mitgliedstaaten der EU haben jedoch die Möglichkeit, dieses Alter bis auf 13 Jahre abzusenken. In Deutschland wurde dieses Mindestalter auf 16 Jahre festgelegt.

Einige wesentliche Punkte in Bezug auf den Datenschutz für Kinder unter der DSGVO sind:

  • Einwilligung: Die Einwilligung muss in verständlicher und klarer Sprache formuliert sein, sodass sowohl Kinder als auch Eltern sie verstehen können. Eine Einwilligung der Eltern oder Erziehungsberechtigten ist erforderlich, wenn das Kind unter 16 Jahren alt ist.
  • Transparenz: Organisationen müssen klar und verständlich darlegen, welche Daten erhoben werden, warum sie erhoben werden und wie sie verwendet werden. Diese Informationen sollten so formuliert sein, dass Kinder sie nachvollziehen können.
  • Rechte der betroffenen Personen: Kinder haben dieselben Rechte wie Erwachsene in Bezug auf ihre personenbezogenen Daten, einschließlich des Rechts auf Auskunft, Berichtigung, Löschung und Widerspruch.
  • Besonderer Schutz: Da Kinder weniger Erfahrung und Wissen über potenzielle Risiken im Zusammenhang mit der Datenverarbeitung haben, müssen Unternehmen und Organisationen geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Daten von Kindern besonders zu schützen.

Wie ist die pädagogische Einschätzung der Vor- und Nachteile?

Aus pädagogischer Sicht ist dazu zunächst auf das Grundgesetz (GG) und die UN-Kinderrechtskonvention zu verweisen: Kinder und Jugendliche haben, ebenso wie Erwachsene, ein Recht auf Privatsphäre und einen unkontrollierten Geheim- und Intimbereich. Eltern können aufgrund ihres Erziehungsprivilegs (Artikel 6 Abs. 2 GG) dieses Recht in begründeten Fällen in einem vertretbaren Umfang einschränken.

Im Hinblick auf die permanente Ortung und gegebenenfalls auch akustische Überwachung von Minderjährigen durch Tracking-Apps sollte daher sehr genau abgewogen werden, ob der Einsatz dieser Technik wirklich sinnvoll ist und dem Wohl der Minderjährigen auch Rechnung trägt.

Besonders wenn die eigenen Kinder Teenager werden, sollte ein GPS-Tracking mit ihnen abgesprochen und ihre Zustimmung dazu eingeholt werden.

Erleichtert das Tracking wirklich die Fürsorgepflicht?

Auf den ersten Blick erscheint es ideal, durch GPS-Tracking Eltern ihre Aufsichts- und Fürsorgepflicht zu erleichtern. Schließlich sind sie mit ihrer Hilfe stets darüber informiert, wo sich der Sohn oder die Tochter aktuell befinden, ob diese von der abgesprochenen, täglichen Routine abweichen oder ob ein Eingreifen (Notfall) notwendig ist.

Das Tracking ersetzt aber keine bestärkenden Gespräche und bietet keinen umfassenden Schutz

  • Falsches Sicherheitsgefühl vermeiden: Eltern sollten sich bewusst sein, dass Technik allein nicht ausreicht, um ihre Kinder zu schützen. Ein GPS-Signal kann unterbrochen werden, Geräte können defekt sein oder umgangen werden.
  • Vertrauensvolle Gespräche: Der Dialog zwischen Eltern und Kindern ist von großer Bedeutung. Solche Gespräche helfen Kindern, Risiken zu erkennen und angemessen damit umzugehen.
  • Unsicherheiten thematisieren: Kinder sollten die Möglichkeit haben, über ihre Ängste und Unsicherheiten zu sprechen. Eltern können hierbei helfen, indem sie aktiv zuhören und Unterstützung anbieten.
  • Regeln und Absprachen: Gemeinsame Vereinbarungen über den Umgang mit Risiken und Technologien schaffen Klarheit und Sicherheit. Kinder sollten in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden.

Selbstbewusste Kinder durch vertrauensvolle Erziehung

Alle präventiven Erfahrungen zeigen: Der beste Schutz für Kinder ist, sie zu stärken. Dazu gehört, ihnen altersgerechte Freiräume zuzugestehen, damit sie sich zu selbstständigen und selbstbewussten Persönlichkeiten entwickeln können. Eine übermäßige Behütung und ständige Kontrolle behindern diese Entwicklung.

Wenn Kinder das Gefühl haben, dass ihnen nicht vertraut wird und nur die Eltern wissen, was am besten für sie ist, kann das langfristig zu Minderwertigkeitsgefühlen führen. Wie sollen sie Eigenverantwortung und Selbstbewusstsein entwickeln, wenn jede ihrer Entscheidungen überwacht wird?

Zudem vermittelt ständige Überwachung per GPS-Tracking ein verzerrtes Bild der Gefahren, die in der Welt existieren. Kinder könnten glauben, dass sie nur durch ständige elterliche Überwachung sicher sind, was ein Klima der Angst schafft. Dabei brauchen sie eigene, altersgerechte Freiräume.

Auch für Eltern besteht die Gefahr, in einen ungesunden Kontrollzwang zu verfallen, der sie ständig angespannt hält und das Vertrauen in ihr Kind untergräbt. Stattdessen ist es wichtig, Gelassenheit zu bewahren und das Vertrauen in die Fähigkeiten der Kinder zu stärken.

Wie finden Eltern die Balance zwischen Schutz und Freiraum für ihre Kinder?

Zusammenfassend ist es für Eltern wichtig, eine Balance zu finden zwischen dem besonderen Schutzbedürfnis ihrer Kinder und der Notwendigkeit, ihnen unbeaufsichtigte Erfahrungsräume zu ermöglichen. Während die elterliche Aufsichtspflicht und Fürsorge essenziell sind, empfinden gerade ältere Kinder das Ausspionieren als übergriffig und als Eingriff in ihre Privatsphäre. Dies kann entweder zu rebellischem Verhalten führen oder Kinder heranwachsen lassen, die sich nichts zutrauen.

Egal, welche Entscheidung Eltern treffen, es ist wichtig, dass sie ihre Kinder nicht heimlich überwachen. Das höchste Gut in der Eltern-Kind-Beziehung bleibt das gegenseitige Vertrauen.