Der Kleine planscht vergnügt im See, die Kleine sitzt das erste Mal stolz auf dem Töpfchen. Von diesen und anderen Meilensteinen in der Entwicklung von Kindern finden sich häufig Bilder, Storys und Videos auf den Social-Media-Plattformen. Denn für viele Eltern sind die sozialen Medien heute das, was früher die klassischen Fotoalben waren: eine einfache Möglichkeit, um schnell und live Erinnerungen mit dem Freundeskreis, der Familie oder sogar der ganzen Welt zu teilen. Was jedoch immer bedacht werden muss: Einmal gepostet, ist praktisch nicht mehr nachvollziehbar, was mit dem Bild oder Video passiert. Und es ist damit meistens für immer irgendwo online auf einem Server gespeichert.
Das Teilen von Kinderfotos und Kindervideos im Netz wird auch als „Sharenting“ bezeichnet. Das Wort setzt sich zusammen aus dem Englischen „to share“ = „teilen“ und „Parenting“ = „Kindererziehung“. Die Bilder werden geteilt, um die Familie und den Freundeskreis am Leben des Kindes virtuell teilhaben zu lassen. Aber auch Stolz aufs eigene Kind und das Streben nach Anerkennung kann dazu verleiten, Bilder öffentlich zu posten.
Eltern oder andere Personensorgeberechtigte sind dafür verantwortlich, dass ihre Kinder geschützt aufwachsen können. Dazu zählt auch, die Rechte der Kinder einzuhalten. Diese sind unter anderem in der UN- Kinderrechtskonvention geregelt. Auch Kinder haben ein Recht am eigenen Bild und ein Recht auf Schutz der Persönlichkeit und der Privatsphäre. Oft ist Eltern jedoch nicht bewusst, dass sie mit der Veröffentlichung und auch dem Teilen von Bildern und Videos der eigenen Kinder gegen deren Persönlichkeitsrechte verstoßen. Eltern dürfen ohne Einwilligung ihres Kindes keine Bilder und Videos veröffentlichen.
Ist Ihr Kind schon älter, sollten Sie es deshalb immer fragen, wenn Sie ein Bild oder ein Video von ihm verschicken oder posten möchten. Stimmt Ihr Kind nicht zu, darf das Bild oder Video nicht veröffentlicht werden. Ab dem 7. Lebensjahr ist das Kind beschränkt geschäftsfähig, das heißt, es darf schonmehr entscheiden als jüngere Kinder. Natürlich wird es noch nicht genau verstehen, warum Sie fragen.
Ihr Kind kennt ja zum Beispiel die Gefahren des Internes noch nicht so gut wie Sie. Ab 14 Jahren geht man in der Regel davon aus, dass das Kind alt genug ist, um zu verstehen, was mit dem Bild oder Video passiert. Sie entscheiden jetzt gemeinsam.
Umgekehrt gilt auch: Sie müssen um Erlaubnis gefragt werden, wenn Fotos oder Videos Ihres Kindes veröffentlich werden sollen – auch wenn Ihr Kind bereits gesagt hat, dass es damit einverstanden ist. Vielleicht wurden Sie schon einmal vom Kindergarten, der Schule oder einem Verein gefragt, ob ein Foto, auf dem Ihr Kind zu sehen ist, veröffentlicht werden darf. Sind beide Elternteile sorgeberechtigt, müssen auch beide mit einer Veröffentlichung eines Bildes oder Videos einverstanden sein. Das gilt unabhängig davon, ob das Kind einer Veröffentlichung zustimmen würde oder nicht.
Ausnahme: Bei vermögenswirtschaftlichem Interesse am Bild, also z. B. bei einem Werbevideo auf YouTube, Instagram oder TikTok, reicht das Einverständnis der Personensorgeberechtigten auch bei jugendlichen Minderjährigen. Geschieht dies jedoch gegen den Willen des Kindes, könnte es theoretisch gegen die Veröffentlichung klagen. Aber auch Stolz aufs eigene Kind und das Streben nach Anerkennung kann dazu verleiten, Bilder öffentlich zu posten.
Man kann Kinder schon sehr früh fragen, ob sie einverstanden sind. Schon mit 3 Jahren finden manche Kinder es doof, wenn die Eltern ständig Bilder oder Videos von ihnen posten oder verschicken.
Das Netz vergisst nichts! Und trotzdem werden täglich Millionen Bilder und Videos gepostet – obwohl nicht klar ist, was damit später einmal geschieht. Gerade Kinderbilder können dem Kind, wenn es größer wird, peinlich werden oder Anlass zum Mobbing geben. Wer denkt als Elternteil schon daran, dass manche Fotos des eigenen süßen und unschuldigen Kindes am Strand auf pornografischen Webseiten landen? Aber genau das kann passieren! Denn Fotos und Videos von Kindern können kopiert werden, wenn das Profil öffentlich ist und Bilder mit Hashtags wie z. B. #baby, #nacktfrosch oder #urlaubamstrand versehen wurden.
Auch alte Bilder sind durch die Verlinkung mit den Hashtags noch auffindbar. Diese können (unwissentlich) und ohne erteilte Erlaubnis problemlos kopiert und dann weiterverbreitet werden. Dies passiert auch in pädokriminellen Netzwerken. Unter Pädokriminalität wird die sexuelle Gewalt gegenüber Kinder verstanden. Auf solchen Plattformen werden Kinderbilder mit neuen Beschreibungen versehen und damit in einen sexualisierten Kontext gebracht. So sprechen sie eine bestimmte Zielgruppe an und verbreiten sich von dort weiter. Vieles davon spielt sich im sogenannten Darknet ab, einem versteckten Teil des Internets, der mitunter auch für kriminelle Zwecke genutzt wird.
Bedenken Sie immer: Nacktaufnahmen oder Fotos und Videos von leicht bekleideten Kindern, auch von den eigenen, könnenzur Kategorie Kinderpornografie oder Jugendpornografie zählen.
Zur Kinder- und Jugendpornografie bzw. Darstellung sexualisierter Gewalt an Kindern oder Jugendlichen gehören auch Abbildungen eines ganz oder teilweise unbekleideten Minderjährigen in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung, z. B. von vorn mit Blick auf die entblößten Genitalien oder auchvon hinten mit Blick auf das unbekleidete Gesäß. Solche Bilder und Videos, die früher als (zum Teil strafloses) „Posing“ eingestuft wurden, sind nach einem 2015 geänderten Gesetz in Deutschland als „kinder-/jugendpornografisch“ zu bewerten und entsprechend zu behandeln: Sie können strafrechtlich verfolgt werden.
Dies gilt auch für selbst hergestelltes Material.Gerade Jugendlichen ist oft nicht bewusst, welche Auswirkungen es haben kann, wenn sie unbedacht ein solches Video oder Foto teilen. Die Verbreitung, der Erwerb und der Besitz von Kinderpornografie ist gemäß § 184b StGB bereits ab dem 14. Lebensjahr strafbar. Wenn bei einem Teenie solche Bilder auf dem Handy gefunden werden, kann dies strafrechtlich verfolgt werden und z. B. zum Schulverweis oder zum Verlust eines Ausbildungsplatzes führen.
Denken Sie daran: Nicht jeder Augenblick muss mit dem Smartphone dokumentiert werden. Manche Augenblicke lassen sich viel besser so genießen.
Seitdem ich mit meiner Tochter Leni in einer Krabbelgruppe bin, folge ich einer der dort anwesenden Mamas von Zwillingen auf Instagram und TikTok. Sie hat als „Mama-Bloggerin“ schon beachtlich viele Follower. Ich bin allerdings schockiert darüber, wie freizügig sie mit den sehr privaten Bildern ihrer eigenen Kinder umgeht.
Da wird in der öffentlich einsehbaren Story gepostet, wie die kleine Isabella zum ersten Mal allein aufs Töpfchen geht oder wie der kleine Lennart in der Badewanne planscht. Ich sehe, wie Isabella ein Eis isst, das ihr teilweise auf den nackten Oberkörper tropft „Man sieht, es schmeckt meinem kleinen Marshmallow leeeeeecker!“, kommentiert die Mutter mit einem ZwinkerSmiley. Auf Videos vom Badeurlaub der Familie sind die nackigen Kinder am Strand und im Wasser zu sehen.
Ich verstehe, dass die Mutter stolz auf ihre Kinder ist und dieses schöne Erlebnis gern teilt. Aber bei dem Gedanken, dass jemand diese Videos klaut und in einem anderen Zusammenhang weiterverbreitet, dreht sich mir der Magen um.
Ich nehme mir vor, beim nächsten Treffen in der Krabbelgruppe das Thema Privatsphäre und Gefahren des Sharenting anzusprechen. Hier können oft einfache Fragen aufschlussreich sein, z. B.: „Würdest du dich denn auf dem Klo sitzend fotografieren und das Bild dann online stellen?“
Ich denke, vielen Eltern ist nicht ausreichend bewusst, was andere mit öffentlich geposteten Bildern und Videos ihrer Kinder anstellen können. Zudem können Bilder und Videos auch dann als kinderpornografisch bewertet werden, bei denen dies natürlich nicht beabsichtig war.
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