Stieffamilien oder Patchworkfamilien sind eine von vielen möglichen Formen familiären Zusammenlebens. Gelingt es, tragfähige Beziehungen untereinander aufzubauen, bieten sie die Chance auf einen Neubeginn und eine Bereicherung.
Stieffamilien oder Patchworkfamilien – manchmal wird auch von Bonusfamilien gesprochen – haben eines gemeinsam: Zu den leiblichen Eltern tritt mindestens ein neuer Elternteil hinzu. Die Zusammensetzung einer Stief- oder Patchworkfamilie kann überaus vielfältig sein. Oft erstrecken sie sich über mehrere Haushalte.
Die Kinder leben mit einem leiblichen Elternteil, sie verbringen aber auch Zeit im Haushalt des getrenntlebenden Elternteils. In beiden Haushalten können neue Elternteile, die neuen Partnerinnen bzw. Partner dazukommen.
Manchmal bringen diese ebenfalls Kinder mit in die Patchworkfamilie, manchmal kommt ein gemeinsames Kind hinzu. In einigen Fällen ist der Kontakt zu einem leiblichen Elternteil völlig abgebrochen.
Mitglieder von Patchworkfamilien haben weitreichende Veränderungen erlebt. Vorausgegangen ist ein – manchmal endgültiger – Verlust. Die Befürchtung, die neue Familie wiederum zu verlieren, schwingt lange Zeit mit.
Nach dem Auseinanderbrechen einer Familie herrscht oft eine große Sehnsucht danach, wieder eine "richtige" Familie zu werden. Erwachsene möchten am liebsten mit einer neuen Partnerin oder einem neuen Partner die Familie wiederherstellen.
Das wird nicht immer funktionieren. Denn es sieht für die Kinder doch sehr anders aus als für die Erwachsenen. Sie hoffen oft jahrelang nach der Trennung der leiblichen Eltern darauf, dass diese wieder zusammenkommen. Die Kinder haben sich ja nicht entschieden, sich zu trennen. Das haben die Erwachsenen gemacht. Auch Kinder, die sich in der alten Familie (beispielsweise wegen ständiger Streitereien) nicht wohl gefühlt haben, möchten diese doch in den allermeisten Fällen wiederherstellen.
Die neue Partnerin bzw. der neue Partner ist Ausdruck dessen, dass dieser Wunsch nicht mehr in Erfüllung gehen wird.
Die Erwachsenen hingegen hoffen auf einen Neubeginn nach dem Motto: "Alles wird gut."
Es kann aber nicht von heute auf morgen ein Elternteil durch einen anderen Menschen ersetzt werden. Bis eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Stiefelternteil und Kind aufgebaut ist, dauert es oft Jahre.
Dazu gehört, dass die Kinder Kontakt zu ihrem leiblichen Elternteil halten und diesen Teil ihrer Familie nicht verlieren.
Findet sich ein Paar zusammen, wird es in der Regel eine längere Zeit zu zweit sein. Kündigt sich ein Kind an, bleiben viele Monate, um sich darauf einzustellen. In dieser Zeit kann das Paar in die neue Rolle hineinwachsen.
Bei Stiefeltern-Paaren sieht die Sache völlig anders aus: Von Beginn an spielen die Kinder eine große Rolle. Sie möchten, dass die leiblichen Eltern wieder zusammenkommen oder mit ihrem Elternteil – wie bisher – allein zusammenleben. Die neue Partnerin bzw. der neue Partner ist nicht unbedingt erwünscht.
Der leibliche Elternteil hat das Gefühl, alle würden an ihm ziehen und kann den vielen Bedürfnissen vielleicht nicht gerecht werden. Dies birgt jede Menge Konfliktstoff – auch zwischen dem neuen Paar. Hinzu kommt, dass sich die gemeinsame Zeit zu zweit oft auf einige Stunden in der Woche oder das Wochenende beschränkt.
Wird die neue Partnerin oder der neue Partner von den Kindern nicht akzeptiert, droht die Beziehung zu zerbrechen. Natürlich ist es kränkend, wenn der Fortbestand der Partnerschaft davon abhängt, ob man sich bei den Kindern "bewährt". Und vielleicht möchte man ja selbst "Vater" oder "Mutter" sein. Dann besteht natürlich die Gefahr, den getrenntlebenden Elternteil verdrängen zu wollen. Dieser kann jedoch nicht einfach ersetzt werden.
Die Aufrechterhaltung des Kontakts zum leiblichen Elternteil bietet dem neuen Paar den Freiraum, den es unbedingt braucht: freie Wochenenden, Urlaube ... Damit kann vieles an Zweisamkeit aufgeholt werden.
Das Leben in einer Patchworkfamilie stellt besondere Anforderungen an die Partnerschaft. Damit die Beziehung nicht zu kurz kommt, sind Aufmerksamkeit und Austausch wichtig. Die folgenden Tipps helfen, Ihre Partnerschaft zu stärken:
Mit gegenseitigem Verständnis, regelmäßigen Gesprächen und gemeinsamen Aktivitäten können Sie Ihre Partnerschaft stärken und gemeinsam die Herausforderungen der Patchworkfamilie meistern.
Das Stiefkind ist für den Stiefvater oder die Stiefmutter zunächst völlig fremd. Das ist ein entscheidender Unterschied zu den leiblichen Eltern: Diese haben mit den Kindern in der Regel eine lange gemeinsame Geschichte. Da waren Urlaube, Weihnachtsfeste, Ausflüge und viele kleine Begebenheiten, die für die Kinder von unschätzbarer Bedeutung sind. Beide Elternteile (auch wenn beispielsweise der Vater kaum anwesend war) haben das Kind von Beginn an begleitet. Der neuen Partnerin bzw. dem neuen Partner fehlt diese Beziehungsgeschichte mit dem Kind.
Der Stiefvater oder die Stiefmutter beginnt ganz von vorne. Doch nur kein Stress: Der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung dauert Jahre.
Die Stiefmutter bzw. der Stiefvater muss nicht die "bessere" Mutter bzw. der "bessere" Vater sein. Das Kind muss sich ja auch nicht entscheiden. Besteht Kontakt zur leiblichen Mutter bzw. zum leiblichen Vater, wird diese oder dieser immer sehr wichtig bleiben. Die Stiefmutter oder der Stiefvater hat hingegen die Chance, eine offene Beziehung zum Kind aufzubauen.
Probleme können entstehen, wenn sich Stiefelternteile in der Familie als Außenseiterinnen oder Außenseiter oder Eindringlinge erleben. Sie haben manchmal den Eindruck, die Bedürfnisse der Kinder stünden immer an erster Stelle. Sie fühlen sich im Stich gelassen. Der leibliche Elternteil ist gefordert, die schwierige Situation der neuen Partnerin bzw. des neuen Partners zu verstehen und ihr oder ihm zur Seite zu stehen.
Manchmal entstehen auch Konflikte, weil Stiefelternteile andere Vorstellungen von Erziehung haben als der leibliche Elternteil. Da hilft nur die Einsicht, dass die Erziehung Sache des leiblichen Elternteils ist. Stiefeltern sind Teil der Familie. Sie müssen ihren Platz aber erst finden.
Stiefeltern leisten oft eine Menge für ihre Stiefkinder – und sei es "nur" der finanzielle Aufwand, der durch die Unterhaltszahlungen nicht abgedeckt wird. Lebt das Kind in der gemeinsamen Wohnung, gehen Stiefeltern täglich mit ihnen um, hören sich Probleme an, helfen, sind einfach da.
Das Familienleben in Patchworkfamilien bringt besondere Herausforderungen mit sich. Damit das Zusammenleben gelingt und Kinder sich gut entwickeln können, ist Geduld und Einfühlungsvermögen gefragt. Die folgenden Tipps können dabei helfen:
Mit Geduld, Verständnis und gegenseitigem Respekt können Patchworkfamilien zu einem sicheren und liebevollen Ort für alle werden.
Kinder wünschen sich manchmal auch viele Jahre nach Trennung oder Scheidung, dass die leiblichen Eltern wieder zusammenzukommen.
In vielen Fällen leben die Kinder nach Trennung oder Scheidung bei der Mutter. Bis sich eine neue Beziehung ergibt, leben Kinder und Mutter allein zusammen. Die enge Mutter-Kind-Beziehung wird durch die Trennung noch verstärkt.
Eine neue Partnerin oder ein neuer Partner wird dann oft als Eindringling gesehen: Die Kinder reagieren mit großer Eifersucht. Erst langsam gewöhnen sie sich daran, dass ihnen nichts genommen wird. Läuft es gut in der Patchworkfamilie, bekommen sie sogar noch etwas dazu: eine neue Vertraute oder einen neuen Vertrauten bzw. Verbündete oder Verbündeten. In diesem Zusammenhang wird vermehrt von Bonuseltern gesprochen.
Schwierig wird die ganze Situation, wenn die Kinder gezwungen werden, sich innerlich zu entscheiden. Sie lieben den getrenntlebenden Elternteil, gleichzeitig gehen sie langsam eine Beziehung zum Stiefelternteil ein.
Damit das Kind nicht in einen inneren Konflikt kommt, muss klar sein:
Letzteres gilt übrigens besonders für den außerhalb lebenden Elternteil. Bekommt das Kind (ohne dass dies ausgesprochen werden muss) das Verbot, sich auf den Stiefelternteil einzulassen, führt dies zu einer inneren Zerreißprobe.
Folgen können Schulprobleme oder Verhaltensauffälligkeiten sein. Zeigen sich derartige Probleme, kann ein Gespräch bei einer Familienberatungsstelle zur Klärung beitragen.
Der gute Kontakt zum leiblichen Elternteil steht keineswegs der Beziehung zum Stiefelternteil im Wege (sofern der außerhalb lebende Elternteil diese Beziehung nicht sabotiert). Ideal sind regelmäßige und häufige Besuche.
Ist dies nicht möglich, ist es für Kinder sehr wohltuend, wenn sie sich an den abwesenden Elternteil erinnern können. Gemeinsam Fotos ansehen, Geschichten von früher erzählen und so weiter hilft den Kindern, diesen Teil ihres Lebens zu behalten. Es tut ihnen gut und fördert letztendlich die Beziehung zur neuen Partnerin bzw. zum neuen Partner.
Sind die Kinder schon älter, haben sie meist kein großes Interesse, sich auf einen neuen Stiefelternteil einzulassen. Sie sind ohnehin gerade dabei, sich vom Elternhaus zu lösen. Außerdem haben sie meist eine längere Familiengeschichte oder gemeinsame Geschichte mit dem allein erziehenden Elternteil hinter sich. Hier darf man als Stiefelternteil nicht zu viel erwarten.
Für dieses Alter gilt noch deutlich mehr: Die Beziehung zum leiblichen Elternteil kann nicht ersetzt werden. Aber es kann eine neue Beziehung angeboten werden.
Ist mit der Patchworkfamilie auch eine neue Familie entstanden, haben die außerhalb des Haushalts lebenden Elternteile unter Umständen erheblichen Einfluss auf das Familienleben. Die Regelung der Besuche, die Unterhaltszahlungen, aber auch unterschiedliche Erziehungsvorstellungen wirken in die Familie hinein.
Ist die gefühlsmäßige Trennung von der Ex-Partnerin oder dem Ex-Partner nicht gelungen, werden die Spannungen zwischen den leiblichen Eltern in die Patchworkfamilie getragen. Oft zeigt sich dies, wenn die Kinder nach Besuchen beim leiblichen Elternteil Probleme haben, sich wieder in die Patchworkfamilie einzufinden. Fühlt sich die Ex-Partnerin bzw. der Ex-Partner als die bzw. der Verlassene, wird das Kind manchmal als Spion oder Verbündeter missbraucht. Das Kind bekommt (ohne, dass dies ausgesprochen werden muss) das Verbot, sich innerlich auf den Stiefelternteil einzulassen. Dies führt zu einem großen inneren Konflikt.
Folgen sind beispielsweise Verhaltensauffälligkeiten oder Schulprobleme. In diesen Fällen ist eine Familienberatung äußerst hilfreich.
Vielleicht braucht auch die getrenntlebende Partnerin bzw. der getrenntlebende Partner Hilfe, die Trennung zu verarbeiten. Oft ist Eifersucht auf den Stiefelternteil im Spiel oder die Angst, das Kind gefühlsmäßig zu verlieren.
Da in der Regel die elterliche Sorge bei beiden Elternteilen bleibt, kann und muss die ehemalige Partnerin bzw. der ehemalige Partner in vielen Dingen mitentscheiden. Eine gute Zusammenarbeit ist für das Wohlbefinden des Kindes außerordentlich wichtig. Der Schlüssel dazu liegt in einer guten Kommunikation. Hilfreich sind verbindliche Absprachen (genaue Festlegung und Einhaltung der Besuchszeiten, rechtzeitige Urlaubsplanung und so weiter). Wichtig ist, dass die leiblichen Eltern direkt miteinander sprechen und nicht über das Kind Kontakt halten.
Hat die Ex-Partnerin bzw. der Ex-Partner ebenfalls eine Patchworkfamilie gegründet, wird sich das Kind auch dort zurechtfinden müssen. Auch hier ist eine gute Zusammenarbeit mit der neuen Familie Voraussetzung, damit sich das Kind in beiden Familien wohl fühlt.
Übrigens: Kinder verkraften unterschiedliche Erziehungsstile in verschiedenen Haushalten in der Regel gut.
Insbesondere in Familien mit eigenen Kindern und Stiefkindern ist es wichtig, dass das leibliche Kind Einzelzuwendung erhält und nicht "in der Masse" untergeht. Nehmen Sie sich bewusst Zeit für Ihr leibliches Kind. Und wenn es nur eine halbe Stunde in der Woche ist – diese Zeit gehört Ihnen und Ihren Kindern ganz allein. Und zwar auch dann, wenn es nicht gut läuft.
Der Wunsch, eigene Kinder und Stiefkinder genau gleich zu behandeln, ist Illusion. Natürlich muss jedes Kind in der Familie grundsätzlich gerecht behandelt werden. Selbstverständlich aber stehen einem die leiblichen Kinder gefühlsmäßig näher. Und es ist auch wichtig, dass die eigenen Kinder spüren, dass die Stiefgeschwister keine Gefahr für die Beziehung zum leiblichen Elternteil sind.
Insbesondere, wenn leibliche und Stiefkinder in einer Familie zusammenleben, wird es öfter zu Konflikten kommen. Vielleicht versuchen die Kinder, die Eltern gegeneinander auszuspielen. Wichtig sind deshalb klare Verhältnisse. Zumindest in der Anfangszeit des Zusammenlebens muss innerhalb der Familie klar sein, wer für wen zuständig ist. Rücksprachen und Rücksichtnahmen sind selbstverständlich.
"Besuchskinder", die am Wochenende oder in den Ferien in die Familie kommen, brauchen unbedingt einen eigenen Platz für ihre Dinge. Selbst wenn der Raum sehr begrenzt ist, muss es einen Ort geben – und sei es nur eine Schublade – in der das Kind seine persönlichen Sachen aufbewahren kann.
Seite teilen
Bitte wählen Sie aus, wie Sie die Seite teilen möchten:
Wir setzen Readspeaker ein. Sind Sie einverstanden?
Im Sinne der Barrierefreiheit wird auf der Website eine Vorlesefunktion angeboten. Bei Nutzung dieser Vorlesefunktion werden die dafür erforderlichen technischen Daten an den externen Dienstleister Readspeaker GmbH übermittelt. Mehr Informationen hierzu finden Sie in unseren Informationen zum Datenschutz .
Im Sinne der Barrierefreiheit wird auf der Website eine Komfortfunktion angeboten. Für die Nutzung dieser Komfortfunktion müssen Sie der Speicherung der dafür verwendeten Cookies zustimmen.
Wir verwenden Cookies, um Ihnen die optimale Nutzung unserer Webseite zu ermöglichen. Es werden die für den Betrieb der Seite notwendigen Cookies gesetzt. Darüber hinaus können Sie Cookies für Statistikzwecke zulassen.
Zur Datenschutzerklärung
Technisch notwendig (nicht abwählbar) mehr Informationen
Einige Cookies sind notwendig, um Ihnen die grundlegenden Funktionen dieser Webseite bereitzustellen und können daher nicht deaktiviert werden. Erläuterungen zu erforderlichen Cookies
Statistik mehr Informationen
Sofern Sie uns Ihre Einwilligung erteilen, verwenden wir Cookies zur Nutzung unseres Webanalyse-Tools Matomo Analytics. Sie bleiben dabei als Nutzer anonym. Durch einen Klick auf den Button "Auswahl bestätigen" oder „Alles auswählen“ erteilen Sie uns Ihre Einwilligung dahingehend, dass wir zu Analysezwecken Cookies (kleine Textdateien mit einer Gültigkeitsdauer von maximal zwei Jahren) setzen und die sich ergebenden Daten verarbeiten dürfen. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in unserer Datenschutzhinweisen widerrufen. Hier finden Sie auch weitere Informationen.