Medienbrief Nr. 5

BAYERISCHES LANDESJUGENDAMT MEDIENBRIEF 5 FAMILIE UND MEDIEN FÜR DIE FAMILIE Sprachassistenten Kinderbilder im Netz Kinder-Influencerinnen und -Influencer eigenen Zuhauses außerhalb des Mediennutzung Sicherheit im Netz Datenschutz und Vorbilder bei der Medienbildung Sätze aus dem MedienAlltag

3 LIEBE ELTERN, nachdem ich jahrelang die Kinder meines Bruders und die Tochter meiner Nachbarin beim Aufwachsen mit Medien begleitet und unterstützt habe, bin ich nun selbst Mama geworden. Durch die kleine Leni erlebe ich selbst, welche Vorbildfunktion ich als Mutter habe. Ich frage mich oft, wie mein Medienverhalten wohl auf sie wirkt. Ich schaue wirklich häufig auf mein Handy. Die kleine Leni bekommt das sehr genau mit, wenn sie nicht meine volle Aufmerksamkeit hat. Und mir fällt noch stärker auf, wie selbstverständlich doch viele Eltern (Ultraschall)-bilder ihrer Kinder auf den Social-Media-Plattformen teilen. „Kinderbilder im Netz“ ist deshalb eines der Themen, die dieser Medienbrief behandelt. Denn alles, was einmal im Netz landet, kann prinzipiell kopiert und in jedem anderen Kon-­ text verwendet werden. Ich schaue mir dazu auch den Bereich der „Kidfluencer“ an. So werden Kinder bezeichnet, die auf den Social-Media-­ Plattformen für bestimmte Produkte werben und damit Geld verdienen. Passend dazu widme ich mich auch den Themen „Datenschutz und Sicherheit im Netz“. Das ist auch im Zusammenhang mit den Sprachassistenten wichtig. Alexa, Siri, Google, wer kennt sie nicht? Sie sehen, für mich beginnt nun ein komplett neuer Lebensabschnitt. Außerdem bin ich sehr gespannt, wie sich unsere Mediennutzung in Zukunft noch verändern wird. VIEL SPASS BEIM LESEN WÜNSCHT IHNEN IHRE TINE Brief von Tine Mediennutzung außerhalb des eigenen Zuhauses Linktipps Sätze aus dem Medien-Alltag Kinder brauchen Vorbilder • Begleitung bei der Mediennutzung • Wie wird man ein gutes Vorbild bei der Medien- nutzung? Kinder-Influencerinnen und -Influencer • Rechtliches • Ein eigener Kanal auf Social Media? Übersicht über die Inhalte der Medienbriefe 1 bis 4 Sprachassistenten • Smartspeaker und der Datenschutz • Wearables und der Datenschutz Datenschutz und Sicherheit im Netz • Daten schützen • Datendiebstahl, was nun? • Personalisierte Werbung Kinderbilder im Netz • Sharenting • Persönlichkeitsrechte der Kinder • Bilddiebstahl • Nacktaufnahmen von Kindern • Tipps für das Teilen von Kinderbildern auf Social Media 3 7 4 9 14 21 18 26 27 24 MICHI MAX ANNE LEO KATHARINA TINE LENI AYLIN SARA SKYE

Begleitung bei der Mediennutzung Kinder brauchen Vorbilder Von Geburt an sind erwachsene Bezugspersonen, meistens die Eltern, für Kinder die wichtigste Anlaufstelle bei Problemen und Fragen. So baut sich ein sehr enges Vertrauensverhältnis auf. Kinder lernen durch Wiederholungen und indem sie sich bestimmte Verhaltensweisen abschauen. Dafür brauchen sie geeignete Vorbilder in allen Bereichen: bei der Ernährung, beim sozialen Miteinander und nicht zuletzt auch im Umgang mit Medien. Gehen Sie deshalb bei Ihrer eigenen Mediennutzung mit gutem Beispiel voran. So vermitteln Sie Ihrem Nachwuchs einen verantwortungsbewussten Umgang mit den Medien. Begleiten Sie Ihr Kind in den ersten Jahren bei allen Schritten der Mediennutzung und „filtern“ Sie ungeeignete Inhalte. Sie legen die Zeiten fest und wählen passende Inhalte aus. Sie sind dabei, wenn es die ersten Kindersendungen sieht oder die ersten Hörspiele hört. Kommen Sie mit Ihrem Kind darüber ins Gespräch! Hören Sie zu – auch dann, wenn Ihr Kind zum wiederholten Mal seine Lieblingsfolge nacherzählt, und fragen Sie, was daran so toll ist. Oder lassen Sie sich erklären, warum die neuen Videofilter in der Social-Media-App so toll sind. Medien sind eines der wichtigsten Anschluss- und Kommunikationsthemen für Kinder und Jugendliche. An diesen Gesprächen merkt Ihr Kind, dass Sie sich interessieren und kümmern. Im Idealfall wendet sich Ihr Kind dann bei Fragen, Angst oder Unsicherheit eher an Sie. Und nur so können Sie im Bedarfsfall helfen. Neben dem Begleiten und Zuhören ist auch die Unterstützung in Technikfragen wichtig: Sie wissen am besten, wann Ihr Kind reif genug für das erste Smartphone ist. Ihre Aufgabe ist es, das Smartphone einzurichten. Sie installieren geeignete Apps und kümmern sich um die notwendigen Sicherheitseinstellungen. Sie zeigen Ihrem Kind, wie man sicher im Internet surfen kann. Sie kümmern sich um notwendige Updates. Unterstützung bieten dabei der Surfschein des internet-abc, der Medienführerschein der BLM oder auch medien-kindersicher.de. Und mit einem „Mediennutzungsvertrag“ etablieren Sie verbindliche Regeln zu Nutzungszeiten und Themen auf Augenhöhe mit Ihrem Kind. Wichtig ist, dass Sie als Bezugspersonen mögliche Gefahren auf dem Schirm haben und wissen, an wen Sie sich selbst bei Prob-­ lemen wenden können: Was tun, wenn das Kind online gemobbt wird oder wenn plötzlich Bilder des Kindes im Netz auftauchen? Was tun, wenn das Kind beängstigende Kettenbriefe bekommt? Was tun, wenn das Kind von dubiosen Menschen angeschrieben wird? Ziel ist es, dass Sie Ihrem Kind „in guten und in schlechten Zeiten“ bei allen Medienbelangen mit Rat und Tat zur Seite stehen können. Natürlich müssen Sie sich nicht bei allen Portalen an- melden und schon gar nicht überall mit Ihrem Kind befreundet sein. Aber Sie sollten darüber informiert sein, welche Seiten Ihr Kind besucht, welche Apps es nutzt, und wissen, welche Gefahren dort lauern können. TINES TIPPS Wie wird man ein gutes Vorbild bei der Mediennutzung? • Machen Sie sich bewusst, wie wichtig Ihre Vorbildrolle ist. Ihr Einfluss auf den Umgang Ihrer Kinder mit Medien ist sehr groß. • Vereinbaren Sie handy- bzw. medienfreie Zeiten und Zonen innerhalb der Familie, die von allen einzuhalten sind. Beispielsweise essen alle gemeinsam am Tisch und der Fernseher bleibt währenddessen aus.­ Oder das Smartphone bleibt bei den gemeinsamen Aktivitäten in der Tasche. Hilfreich dafür kann eine Smartphone-Garage sein • Kontrollieren Sie regelmäßig Ihre eigene Handy-Nutzung. Überprüfen Sie hierfür Ihre wöchentliche Bildschirmzeit. Dafür kann man sich am Smartphone einen Bericht schicken lassen. Richten Sie an Ihrem Gerät gegebenenfalls eine Zeitbeschränkung für bestimmte Apps ein. • Halten Sie sich selbst an die Regeln und Vorsichtsmaßnahmen, die Sie Ihren Kindern vermitteln. • Bleiben Sie informiert und interessiert, was die aktuellen Online-Trends angeht. Nur so können Sie mitreden, Fragen beantworten oder auch abschätzen, ob das eigene Kind reif genug für eine bestimmte Plattform ist. • Beachten und informieren Sie sich stets über aktuelle Datenschutzrichtlinien. • Beziehen Sie Ihre Kinder mit ein, wenn es um deren Darstellung geht. Fragen Sie selbst jüngere Kinder schon um Erlaubnis, wenn Fotos gemacht und verschickt werden. Denn natürlich haben Kinder Persönlichkeitsrechte wie das Recht am eigenen Bild. 4 5

Mediennutzung außerhalb des eigenen Zuhauses Wie können Eltern und Erziehungsberechtige grundsätzlich damit umgehen, dass es außerhalb des eigenen Zuhauses oftmals andere Regeln und viele Ausnahmen bei der Mediennutzung gibt? Ein Besuch der Kinder bei Freundinnen und Freunden, bei den Verwandten und gerade bei den Großeltern ist immer etwas Besonderes. Manchmal erlauben diese etwas mehr oder andere Dinge als die Eltern. Doch diese gut gemeinten Ausnahmen können zu Auseinandersetzungen zwischen Kindern und Eltern führen, wenn zu Hause wieder die Familienregeln gelten. Für Familien eröffnen solche Momente eine Gelegenheit, dem Kind die eigenen Werte mitzugeben und sich auf die eigenen Regeln zu besinnen. Meistens können Kinder recht gut zwischen dem Leben bei anderen Bezugspersonen und dem Leben im eigenen Zuhause unterscheiden. Auch wenn anfangs Beschwerden durch die Kinder kommen können – „Aber bei meiner besten Freundin schauen wir beim Essen Fernsehen!“ –, sollten sich Eltern nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wichtig ist jedoch, dass diese Ausnahmen bei der Mediennutzung außerhalb des eigenen Zuhauses Ihr Kind nicht überfordern. Dies kann passieren, wenn eine Sendung viel zu lang ist oder ein Inhalt nicht altersangemessen. Ist Ihr Kind noch jünger, sprechen Sie sich vor einem Spielenachmittag am besten mit den anderen Eltern oder den Verwandten ab. Sagen Sie klar, wenn Sie etwas gar nicht möchten. Sei es, dass Ihr Kind eine bestimmte Sendung nicht sieht oder ein Spiel an der Konsole nicht spielen darf. Das gilt natürlich auch andersherum, wenn ein Besuchskind zu Ihnen nach Hause kommt. Mit steigendem Alter der Kinder werden diese Absprachen natürlich immer schwieriger. Hier kennt man die Eltern der Freundinnen und Freunde manchmal gar nicht mehr oder das Kind sieht auf dem Schulhof etwas auf dem Smartphone eines anderen Kindes, das es verstört. Leni vs. Smartphone Meine kleine Tochter Leni und ich verbringen sehr viel Zeit zusammen. Wir gehen spazieren und spielen zu Hause. Noch liegt sie gern auf ihrer Decke, dreht sich aber schon um, macht die ersten Krabbelversuche und brabbelt vor sich hin. Und sie lächelt so süß. Ich liebe diese Zeit und ich will so viel wie möglich davon mit Fotos und Videos dokumentieren. Auch, um meine Familie wenigstens digital an allem teilhaben zu lassen. Aber ich will ehrlich sein: Ich brauche mein Smartphone auch als Ausgleich zur süßen „Baby-Welt“. Damit checke ich regelmäßig die „Social-Media-Welt“ und lese die Zeitung online. Auf diesem Weg komme ich digital aus meiner „Mama-Blase“ raus und bleibe mit meiner Familie, meinem Freundeskreis und der „Welt da draußen“ in Kontakt. Zudem nutze ich einen digitalen Kalender, in den ich alle Termine und Treffen eintrage und den ich auch mit meiner Familie teile. Manchmal quengelt Leni, wenn ich ihr nicht meine komplette Aufmerksamkeit widme. In solchen Augenblicken gehe ich in mich und denke mir, dass das Handy jetzt mal Pause machen sollte. Ich lege es zur Seite und checke meine Nachrichten erst wieder, wenn Leni schläft. 6 7

Dass Kinder gerne Grenzen ausloten, ist ganz normal – auch, wenn es um die Mediennutzung geht. Wichtig ist, dass Sie als Eltern da sind und klar erklären, warum manche Regeln wichtig sind. TINES TIPPS Bei Vincent darf ich das aber! Beim Thema der Mediennutzung außerhalb des eigenen Zuhauses erinnere ich mich noch gut an eine bestimmte Situation: Mein Neffe Michi war damals noch in der Grundschule und durfte bei seinem besten Freund Vincent übernachten. Vincent hat ein eigenes Zimmer und einen eigenen Fernseher, an dem eine Spielkonsole angeschlossen ist. Für Michi ist es das Größte, sowas hat er zu Hause nicht. Für Vincent gibt es feste Regeln, wann er spielen darf. Nämlich nur tagsüber. Abends, nach einem langen Ausflug auf den Abenteuerspielplatz, haben die Jungs angekündigt, dass sie nun schlafen möchten. Als mein Bruder Max seinen Sohn am nächsten Morgen nach dem Frühstück abgeholt hat, waren Michi und Vincent jedoch komplett übermüdet und sehr launisch. Die Eltern haben herausgefunden, dass die Jungs nicht geschlafen, sondern fast die ganze Nacht heimlich gespielt haben. Im Gespräch haben sie den Jungs klargemacht, dass es aus gutem Grund Spielzeiten und Schlafzeiten gibt. Schlaf ist sehr wichtig, damit sich der Körper erholen kann. Mein Bruder Max hat Michi dann nach Hause gebracht und Michi hat fast den ganzen Tag schlafend auf der Couch verbracht, so müde war er. Michi wollte danach unbedingt auch eine eigene Konsole haben. Für seine Eltern war das jedoch in diesem Alter noch ein absolutes „No-Go“, erst recht im eigenen Zimmer. Beim nächsten Übernachtungsbesuch haben Vincents Eltern nachts die Controller in die „ControllerGarage“ gesteckt, sodass die Jungs wirklich geschlafen haben. Kinderbilder im Netz Der Kleine planscht vergnügt im See, die Kleine sitzt das erste Mal stolz auf dem Töpfchen. Von diesen und anderen Meilensteinen in der Entwicklung von Kindern finden sich häufig Bilder, Storys und Videos auf den Social-Media-Plattformen. Denn für viele Eltern sind die sozialen Medien heute das, was früher die klassischen Fotoalben waren: eine einfache Möglichkeit, um schnell und live Erinnerungen mit dem Freundeskreis, der Familie oder sogar der ganzen Welt zu teilen. Was jedoch immer bedacht werden muss: Einmal gepostet, ist praktisch nicht mehr nachvollziehbar, was mit dem Bild oder Video passiert. Und es ist damit meistens für immer irgendwo online auf einem Server gespeichert. Sharenting Das Teilen von Kinderfotos und Kindervideos im Netz wird auch als „Sharenting“ bezeichnet. Das Wort setzt sich zusammen aus dem Englischen „to share“ = „teilen“ und „Parenting“ = „Kindererziehung“. Die Bilder werden geteilt, um die Familie und den Freundeskreis am Leben des Kindes virtuell teilhaben zu lassen. Aber auch Stolz aufs eigene Kind und das Streben nach Anerkennung kann dazu verleiten, Bilder öffentlich zu posten. i Rechtliches: Persönlichkeitsrechte der Kinder Eltern oder andere Personensorgeberechtigte sind dafür verantwortlich, dass ihre Kinder geschützt aufwachsen können. Dazu zählt auch, die Rechte der Kinder einzuhalten. Diese sind unter anderem in der UN- Kinderrechtskonvention geregelt. Auch Kinder haben ein Recht am eigenen Bild und ein Recht auf Schutz der Persönlichkeit und der Privatsphäre. Oft ist Eltern jedoch nicht bewusst, dass sie mit der Veröffentlichung und auch dem Teilen von Bildern und Videos der eigenen Kinder gegen deren Persönlichkeitsrechte verstoßen. Eltern dürfen ohne Einwilligung ihres Kindes keine Bilder und Videos veröffentlichen. Ist Ihr Kind schon älter, sollten Sie es deshalb immer fragen, wenn Sie ein Bild oder ein Video von ihm verschicken oder posten möchten. Stimmt Ihr Kind nicht zu, darf das Bild oder Video nicht veröffentlicht werden. Ab dem 7. Lebensjahr ist das Kind beschränkt geschäftsfähig, das heißt, es darf schon mehr entscheiden als jüngere Kinder. Natürlich wird es noch nicht genau verstehen, warum Sie fragen. Es kennt ja zum PSST, NICHT SO LAUT! PASS AUF! GLEICH GEHT'S LOS! 8 9

Beispiel die Gefahren des Internes noch nicht so gut wie Sie. Ab 14 Jahren geht man in der Regel davon aus, dass das Kind alt genug ist, um zu verstehen, was mit dem Bild oder Video passiert. Sie entscheiden jetzt gemeinsam. Umgekehrt gilt auch: Sie müssen um Erlaubnis gefragt werden, wenn Fotos oder Videos Ihres Kindes veröffentlich werden sollen – auch wenn Ihr Kind bereits gesagt hat, dass es damit einverstanden ist. Vielleicht wurden Sie schon einmal vom Kin- dergarten, der Schule oder einem Verein gefragt, ob ein Foto, auf dem Ihr Kind zu sehen ist, veröffentlicht werden darf. Sind beide Elternteile sorgeberechtigt, müssen auch beide mit einer Veröffentlichung eines Bildes oder Videos einverstanden sein. Das gilt unabhängig davon, ob das Kind einer Veröffentlichung zustimmen würde oder nicht. Ausnahme: Bei vermögenswirtschaftlichem Interesse am Bild, also z. B. bei einem Werbevideo auf YouTube, Instagram oder TikTok, reicht das Einverständnis der Personensorgeberechtigten auch bei jugendlichen Minderjährigen. Geschieht dies jedoch gegen den Willen des Kindes, könnte es theoretisch gegen die Veröffentlichung klagen. Aber auch Stolz aufs eigene Kind und das Streben nach Anerkennung kann dazu verleiten, Bilder öffentlich zu posten. Man kann Kinder schon sehr früh fragen, ob sie ein-­ verstanden sind. Schon mit 3 Jahren finden manche Kinder es doof, wenn die Eltern ständig Bilder oder Videos von ihnen posten oder verschicken. TINES TIPPS Achtung vor Bilddiebstahl! Das Netz vergisst nichts! Und trotzdem werden täglich Millionen Bilder und Videos gepostet – obwohl nicht klar ist, was damit später einmal geschieht. Gerade Kinderbilder können dem Kind, wenn es größer wird, peinlich werden oder Anlass zum Mobbing geben. Wer denkt als Elternteil schon daran, dass manche Fotos des eigenen süßen und unschuldigen Kindes am Strand auf pornografischen Webseiten landen? Aber genau das kann passieren! Denn Fotos und Videos von Kindern können kopiert werden, wenn das Profil öffentlich ist und Bilder mit Hashtags wie z. B. #baby, #nacktfrosch oder #urlaubamstrand versehen wurden. Auch alte Bilder sind durch die Verlinkung mit den Hashtags noch auffindbar. Diese können (unwissentlich) und ohne erteilte Erlaubnis problemlos kopiert und dann weiterverbreitet werden. Dies passiert auch in pädokriminellen Netzwerken. Unter Pädokriminalität wird die sexuelle Gewalt gegenüber Kinder verstanden. Auf solchen Plattformen werden Kinderbilder mit neuen Beschreibungen versehen und damit in einen sexualisierten Kontext gebracht. So sprechen sie eine bestimmte Zielgruppe an und verbreiten sich von dort weiter. Vieles davon spielt sich im sogenannten Darknet ab, einem versteckten Teil des Internets, der mitunter auch für kriminelle Zwecke genutzt wird. i Rechtliches: Nacktaufnahmen von Kindern Bedenken Sie immer: Nacktaufnahmen oder Fotos und Videos von leicht bekleideten Kindern, auch von den eigenen, können zur Kategorie Kinderpornografie oder Jugendpornografie zählen. Zur Kinder- und Jugendpornografie bzw. Darstellung sexualisierter Gewalt an Kindern oder Jugendlichen gehören auch Abbildungen eines ganz oder teilweise unbekleideten Minderjährigen in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung, z. B. von vorn mit Blick auf die entblößten Genitalien oder auch von hinten mit Blick auf das unbekleidete Gesäß. Solche Bilder und Videos, die früher als (zum Teil strafloses) „Posing“ eingestuft wurden, sind nach einem 2015 geänderten Gesetz in Deutschland als „kinder-/jugendpornografisch“ zu bewerten und entsprechend zu behandeln: Sie können strafrechtlich verfolgt werden. Dies gilt auch für selbst hergestelltes Material. Gerade Jugendlichen ist oft nicht bewusst, welche Auswirkungen es haben kann, wenn sie unbedacht ein solches Video oder Foto teilen. Die Verbreitung, der Erwerb und der Besitz von Kinderpornografie ist gemäß § 184b StGB bereits ab dem 14. Lebensjahr strafbar. Wenn bei einem Teenie solche Bilder auf dem Handy gefunden werden, kann dies strafrechtlich verfolgt werden und z. B. zum Schulverweis oder zum Verlust eines Ausbildungsplatzes führen. Tipps für das Teilen von Kinderbildern auf Social Media • Generell gilt: Am besten Sie vermeiden das Posten von Bildern und Videos Ihrer Kinder. • Je weniger Bilder oder Videos Ihres Kindes ins Netz gelangen, desto besser! • Denken Sie immer daran, dass Sie die Persönlichkeitsrechte Ihres Kindes nicht beeinträchtigen dürfen! • Halten Sie Ihre eigenen Profile auf den Social-Media-Plattformen deshalb so privat wie möglich. 10 11

• Bestimmte Bilder können Sie z. B. nur einem eingeschränkten Personenkreis zur Verfügung stellen. So kann das Bild vom fröhlichen Schneemann jeder sehen, das Video vom Kind beim Schneemann-Bauen nur der enge Freundeskreis. • Posten Sie keine Nacktbilder oder Bilder und Videos Ihrer knapp bekleideten Kinder! Dazu zählen auch Bilder Ihrer Kinder in Badekleidung oder Unterwäsche. • Zeigen Sie Ihr Kind stattdessen nur vollständig bekleidet! • In den falschen Händen kann jedes Bild aus dem Kontext gerissen und für üble Zwecke missbraucht werden. Bei manchen Bildern ist die Gefahr offensichtlicher als bei anderen. Bedenken Sie dabei auch die Pose des Kindes: Selbst etwas Unschuldiges, wie ein mit Eis verschmierter Mund oder Oberkörper, kann Pädokriminelle reizen. • Fotografieren Sie Ihr Kind seitlich oder von hinten, wenn Sie das Bild posten wollen. • Zeigen Sie das Gesicht Ihres Kindes nicht von vorn. Machen Sie es durch Sticker unkenntlich. • Posten Sie keine unvorteilhaften Bilder Ihre Kinder, die diesen später unangenehm sein könnten. Seien Sie sich bewusst, dass Jugendlichen im Prinzip alles peinlich sein kann. Auch Bilder oder Videos Ihres Kindes in emotionalen Momenten (weinend, schreiend, verängstigt …) können zu späterem (Cyber)mobbing oder Ähnlichem führen. • Posten Sie keine persönlichen oder sensiblen Daten (Foto eines offiziellen Dokuments, z. B. einer Urkunde). • Geben Sie keine Standortdaten preis, sonst können Dritte sehen, wo sich das Kind gerade aufhält. Prüfen Sie, ob die Ortsbestimmung beim Hochladen der Bilder ausgeschaltet ist. Denken Sie daran: Nicht jeder Augenblick muss mit dem Smartphone dokumentiert werden. Manche Augenblicke lassen sich viel besser so genießen. TINES TIPPS Kleine Nackedeis im Netz Seitdem ich mit meiner Tochter Leni in einer Krabbelgruppe bin, folge ich einer der dort anwesenden Mamas von Zwillingen auf Instagram und TikTok. Sie hat als „Mama-Bloggerin“ schon beachtlich viele Follower. Ich bin allerdings schockiert darüber, wie freizügig sie mit den sehr privaten Bildern ihrer eigenen Kinder umgeht. Da wird in der öffentlich einsehbaren Story gepostet, wie die kleine Isabella zum ersten Mal allein aufs Töpfchen geht oder wie der kleine Lennart in der Badewanne planscht. Ich sehe, wie Isabella ein Eis isst, das ihr teilweise auf den nackten Oberkörper tropft „Man sieht, es schmeckt meinem kleinen Marshmallow leeeeeecker!“, kommentiert die Mutter mit einem ZwinkerSmiley. Auf Videos vom Badeurlaub der Familie sind die nackigen Kinder am Strand und im Wasser zu sehen. Ich verstehe, dass die Mutter stolz auf ihre Kinder ist und dieses schöne Erlebnis gern teilt. Aber bei dem Gedanken, dass jemand diese Videos klaut und in einem anderen Zusammenhang weiterverbreitet, dreht sich mir der Magen um. Ich nehme mir vor, beim nächsten Treffen in der Krabbelgruppe das Thema Privatsphäre und Gefahren des Sharenting anzusprechen. Hier können oft einfache Fragen aufschlussreich sein, z. B.: „Würdest du dich denn auf dem Klo sitzend fotografieren und das Bild dann online stellen?“ Ich denke, vielen Eltern ist nicht ausreichend bewusst, was andere mit öffentlich geposteten Bildern und Videos ihrer Kinder anstellen können. Zudem können Bilder und Videos auch dann als kinderpornografisch bewertet werden, bei denen dies natürlich nicht beabsichtig war. 12 13

Kinder-Influencerinnen und -Influencer Auf Kanälen wie YouTube, Instagram oder TikTok vermarkten einige Eltern ihren Nachwuchs als Werbeträgerinnen und Werbeträger. Diese Kidfluencerinnen und Kidfluencer – eine Wortneubildung aus „Kid“ (Kind) und „to influence“ (beeinflussen) – geben oft sehr persönliche Einblicke in ihren Alltag. Dabei empfehlen sie ganz nebenbei Produkte wie Spielzeug, Lebensmittel oder Kleidung. Oft sind die Grenzen zwischen der Freizeitbeschäftigung und Kinderarbeit nicht mehr klar trennbar. Wenn Kinder mit Werbung finanziell zum Familienunterhalt beitragen, dann kann dies als Kinderarbeit bewertet werden. Tochter als „Mini-Me“ ihrer bloggenden Mutter Immer häufiger fallen mir beim Surfen auf den gängigen Plattformen auch Kanäle von Influencerinnen auf, die gemeinsam mit ihren Kindern für Produkte werben. In einem Vlog, einem VideoBlog, macht eine Influencerin, die durch die Teilnahme an einer Model-Show berühmt wurde, eine Sportübung. Ihre kleine Tochter turnt im pinken Body neben ihr. Im Anschluss hält die Mutter ein neues Müsli in die Kamera. Die Tochter mag die damit gezauberte Fitnessbowl mit den vielen bunten Früchten und Streuseln auch probieren. Die Mama erlaubt es, weil es ja ohne Zucker und auch für Kinder super sei. Solche Videos werden tausendfach gelikt, kommentiert und geteilt. Die hübsche Mutter und ihre süße Tochter sind sehr beliebt. Nach einiger Zeit sehe ich auch einen eigenen Kanal der Tochter, den die Mutter für sie angelegt hat. In einem Video spricht das kleine Mädchen nun direkt mit ihren Fans und hält ganz stolz ein neues Kinder-Shampoo in die Kamera. „Jetzt muss ich beim Haarewaschen nie mehr weinen. Und das riecht sooooo gut nach Erdbeeren. Probiert das auch mal aus!“, sagt sie am Ende und deutet mit der Hand auf einen eingeblendeten Button. Ich klicke drauf und lande direkt in einem Online-Shop. Ich bin erschüttert und staune gleichzeitig über so viel Verkaufstalent. Natürlich ist mir klar, dass dieser Kanal komplett von der Mutter gepflegt wird und die Kleine nur macht, was Mama ihr sagt. Mich würde jedoch interessieren, wie es der Tochter dabei geht. Ob ihre Mama mit ihr über die Videos spricht und ihr erklärt, warum sie das macht. Ob die Kleine gefragt wird, ob sie denn gerade gefilmt werden möchte? Was in der Familie passiert, wenn das Kind keine Lust mehr hat? Welche Mittel seitens der Erwachsenen angewendet werden, um das Kind zur Mitarbeit zu bewegen? Denn die Fans wollen ja immer neue Inhalte sehen. Noch macht die Tochter wie selbstverständlich mit, da sie es nicht anders kennt. Die Mama hat schon immer ihren kompletten Familienalltag, alle Ausflüge und Urlaube, alle Feste und Geburtstage gefilmt. Für die Tochter ist es wie ein Spiel. Ab wann wird es jedoch zum „spielerischen Zwang“? Und wie wird sich ein Kind entwickeln, das permanent gefilmt wird und das „Private“ nicht wirklich kennt? Ob sich diese Eltern wohl kritisch genug mit den Risiken auseinandergesetzt haben, die das „Showgeschäft“ für ihre Tochter mit sich bringt? HEY IHR LIEBEN! OMMM 14 15

i Rechtliches: Beschäftigung von Kindern Bei Kindern unter 14 Jahren können die Personensorgeberech-­ tigten, im häufigsten Fall die Eltern, darüber entscheiden, was mit deren Fotos und Videos geschieht. Persönlichkeitsrechte von Kindern können jedoch verletzt werden, wenn Kinder beispielsweise in besonders peinlichen Situationen zu sehen sind. Auch in bestimmten Räumlichkeiten dürfen die Kinder nicht ge-­ filmt und in der Öffentlichkeit gezeigt werden, dazu zählen das Schlafzimmer, das Badezimmer, Schule oder Arztpraxis. Das Kind muss altersangemessene Kleidung tragen, heimliche oder überraschende Aufnahmen sind nicht gestattet. Unabhängig von der Rechtslage muss immer mit den Kindern besprochen werden, was gepostet wird. Damit Kinder vor der Kamera arbeiten, also einer Beschäftigung nachgehen dürfen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Eine Beschäftigung liegt dann vor, wenn das Kind mit seiner Mitwirkung an den Videos oder Bildern Arbeit im wirtschaftlichen Sinne im Interesse eines Dritten leistet. Diese Beschäftigung zeichnet sich durch eine gewisse Regelmäßigkeit, eine längere Dauer und eine Vergütungsvereinbarung aus. Im Jugendarbeitsschutzgesetz ist unter anderem geregelt, wie viele Arbeitsstunden für welches Alter in Ordnung sind. Nach § 6 JArbSchG sind es bei Kindern zwischen 3 und 6 Jahren bis zu 2 Stunden in der Zeit von 8 bis 17 Uhr. Bei Kindern, die älter als 6 Jahre alt sind, sind es bis zu 3 Stunden in der Zeit von 8 bis 22 Uhr. Maximal 30 Kalendertage im Jahr darf gefilmt werden. Für Kinder unter 3 Jahren ist jede Form der Beschäftigung verboten. Und es wird geprüft, ob die Tätigkeit dem Kindeswohl entgegenstehen könnte. Die Voraussetzungen für eine Beschäftigung sind unter anderem, dass die Personensorgeberechtigten zustimmen und dass es nach der Arbeit mindestens 14 Stunden Freizeitausgleich gibt. Zudem muss mittels ärztlicher Bescheinigung bestätigt werden, dass das Kind gesund genug für die Tätigkeit ist. Die schulischen Leistungen dürfen zudem nicht darunter leiden. Mit diesen Beschränkungen durch das Gewerbeaufsichtsamt und den Auflagen durch das Jugendamt sollen mögliche Risiken für eine schädliche Entwicklung für das Kind minimiert werden. Denn alle Kinder haben ein Recht auf Schutz! Ein eigener Kanal? Unter 13 Jahren sind Kinder in den sozialen Netzwerken als Nutzerinnen und Nutzer offiziell nicht zugelassen. Aufgrund der Datenschutz-Grundver-­ ordnung der EU können sich Jugendliche unter 16 Jahren allerdings mit Zustimmung der Personensorgeberechtigen, also der Eltern, auf den Plattformen mit einem eigenen Account anmelden. Die Eltern tragen jedoch als geschäftsfähige Personen immer die volle Verantwortung, wenn sie ihrem jungen Kind einen eigenen Account auf einer der Plattformen erlauben. Sie müssen sich an die rechtlichen Vorgaben der jeweiligen Plattform halten.­ Dazu gehören die Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen und das Einhalten von Urheberrechten. Sie sind zudem verpflichtet, Ihre Kinder vor ungeeigneten Inhalten auf dem Kanal zu schützen. Das kann durch be- stimmte Filter und Einstellungen erleichtert werden. Wichtig ist, das echte Alter des Kindes anzugeben, da verschiedene Anbieter aufgrund des Alters andere Datenschutzmaßstäbe anlegen (müssen). Technische Filter sind bei diesen Plattformen immer eine wichtige Unterstützung, aber garantieren keinen 100%igen Schutz. Deshalb ist es wichtig, dass Sie als Eltern Ihr Kinder begleiten, unterstützen und aufklären. Der beste Filter sind Sie als Eltern. Kinder brauchen Hilfe, um Medien verantwortungsvoll und risikoarm nutzen zu können. Dafür brauchen sie Eltern, die sich auf dem Laufenden halten und sich selbst mit Medien auseinandersetzen – eine sehr wichtige und anspruchsvolle Aufgabe. TINES TIPPS 16 17

Datendiebstahl, was nun? Ihr Social-Media-Profil, Ihr Mail-Account oder die Online-Konten Ihres Kindes wurden gehackt? Wenden Sie sich sofort an den Hilfebereich, schildern Sie das Problem und bitten Sie um Zurücksetzen Ihres Accounts. Ändern Sie im Anschluss im Idealfall alle weiteren Passwörter. Mittlerweile gehören viele Plattformen zu ein und demselben Unternehmen, sodass Datendiebe möglicherweise gleich mehrere Konten übernehmen können. Sie sollten zudem alle Ihre Mail-Kontakte informieren, damit diese von Ihrem Mail-Account versendete Spam richtig einordnen. Kontrollieren Sie zudem Ihren Rechner auf Viren und aktualisieren Sie auf Ihrem Smartphone die Sicherheits-Updates. Datenschutz und Sicherheit im Netz Die Digitalisierung sorgt dafür, dass immer mehr persönliche Daten von uns online und auf unseren mobilen Endgeräten oder in der Cloud gespeichert sind. Das betrifft neben Bildern und Videos auch Mails und Nachrichten, Kontakte oder Scans von sehr persönlichen Dokumenten. Daten schützen Es ist sehr wichtig, alle Daten gut zu sichern, damit diese nicht in fremde Hände geraten können. Kinder und Jugendliche sind sich dieser Gefahren oft noch nicht bewusst. Deshalb müssen Sie als erwachsene Bezugsperson neben Ihren eigenen Geräten auch die Geräte des Nachwuchses sichern und regelmäßig Updates durchführen. Hilfreich hierfür kann die Plattform medien.kindersicher.de sein. Sprechen Sie mit Ihrem Kind über mögliche Fallen und informieren Sie sich, wenn neue Betrugsmaschen öffentlich gemacht werden. • Sichern Sie Smartphones oder Tablets immer mit einer Bildschirmsperre. Diese kann mit einem sicheren Passwort, per Fingerabdruck oder mittels Gesichtserkennung aufgehoben werden. So haben Fremde keinen Zugriff auf private Daten, sollten Sie oder Ihr Kind ein Gerät verlieren. • Spielen Sie jedes Sicherheits-Update und jede Software-Aktualisierung möglichst schnell auf. • Aktualisieren Sie alle Apps regelmäßig. Dies lässt sich bei den Smartphones auch automatisieren. • Achten Sie auf sichere und unterschiedliche Passwörter. Hilfreich kann in diesem Fall auch ein Passwortmanager sein, der sehr sichere Passwörter per Zufallsgenerator erstellt und an einem geschützten Ort abspeichert. • Geben Sie grundsätzlich nur Daten frei, die eine App wirklich zwingend notwendig braucht, z. B. den Standort für die Wetter-App oder den Zu-­ griff auf die Kamera und die Fotos für eine Social-Media-App. • Richten Sie alle Social-Media-Accounts so privat wie möglich ein. Gerade wenn Sie private Bilder teilen möchten, sollten Sie diese mit einem „privaten“ Profil teilen und nicht mit einem „öffentlichen“. • Nutzen Sie zum Einloggen eine Zwei-Faktor-Authentifizierung. Dabei wird zusätzlich zum Passwort eine zweite Sicherheitshürde eingebaut. Dies kann ein per SMS geschickter Code oder ein Anruf an Ihre Nummer sein. • Achten Sie bei der Auswahl des Messenger-Dienstes auf eine Ende-zuEnde-Verschlüsselung der Nachrichten. Das bedeutet, dass Nachrichten beim Sender verschlüsselt und erst beim vorgesehenen Empfänger wieder entschlüsselt werden. So kann niemand Fremdes die Nachrichten abfangen und lesen. • Klicken Sie auf gar keinen Fall dubiose Links an, die Ihnen per Mail oder als Nachricht geschickt werden. Eine Masche ist das Versenden von SMS durch angebliche Paketdienste mit der Aufforderung, einen Link anzuklicken und ein Paket abzuholen. Texte wie „Ihr Paket ist angekommen. Holen Sie es hier ab.“ Das nennt man „Smishing“. Wird der Link angeklickt, kann sich Schadsoftware installieren oder eine Abofalle zuschnappen. • Eine andere Methode sind Anrufe von angeblichen Dienstleistern von Computerfirmen oder Sicherheitsbehörden, die persönliche Daten abgleichen wollen. Legen Sie bei solchen Anrufen direkt wieder auf und warnen Sie z. B. auch die Großeltern vor dieser Art des Betrugs. • Oftmals möchten diese Betrügerinnen und Betrüger auch, dass man sich ein Programm auf dem Computer installiert, mit dem sie dann aus der Ferne angebliche Fehler beheben können. Ist der Zugriff erlaubt, ist ein Identitätsdiebstahl recht einfach. 18 19

Online-Auftritte von Computerfachmagazinen bieten Links zu Seiten, auf denen überprüft werden kann, ob die eigenen Mail-Adressen von Datendiebstählen betroffen ist. TINES TIPPS Personalisierte Werbung Sie verstehen nicht, warum Ihnen in Ihrem Social-Media-Feed plötzlich ein Shop für Kinderschuhe als Werbung angezeigt wird? Die Erklärung liegt in Ihrem eigenen Suchverhalten im Netz. Sie haben doch gestern genau diese Schuhe gesucht und einen Preisvergleich gemacht. Beim Surfen hinterlassen wir alle Spuren im Netz. Dies geschieht unter anderem durch sogenannte Cookies. Es kommen aber noch andere Techniken zum Einsatz, z. B. Metadaten von Bildern etc. Durch diese Spuren und mithilfe einer Browser- und Geräteidentifizierung wird das Surfverhalten aller Userinnen und User analysiert. Hierbei spielt es eine Rolle, welches Gerät Sie nutzen, welchen Browser Sie verwenden, wo Sie gerade sind und auch, wie spät es gerade ist. Spezielle algorithmische Empfehlungssysteme, eine Art künstliche Intelligenz, leiten daraus dann mögliche Interessen ab. So kann den Userinnen und Usern personalisierte Werbung angezeigt werden, die gezielt auf individuelle Wünsche und Interessen eingeht. Sie möchten das nicht? Löschen Sie regelmäßig die gespeicherten Cookies in Ihrer Browsereinstellung im Bereich Datenschutz. Damit verschwindet Ihre Suchhistorie. Sie können generell auch beim Anklicken einer Webseite nur die technisch-notwendigen Cookies zulassen. Abhilfe können auch „Add-ons“ bieten – Erweiterungen für den Browser, die lästige Werbebanner blockieren oder ein „unsichtbares“ Surfen ermöglichen. Sie werden bei den Einstellungen direkt im Browser installiert und sind kostenfrei. In einigen Apps lässt sich die „personalisierte Werbung“ unterbinden. Sprachassistenten Viele große digitale Konzerne haben digitale Sprachassistenten entwickelt: Amazons Alexa, Googles Assistant, Apples Siri, Microsofts Cortana oder Samsungs Bixby sollen das Leben erleichtern, indem sie einfache Sprachbefehle ausführen. Worauf müssen Eltern achten, wenn die Kinder mit den „intelligenten“ Programmen sprechen? Smart Speaker und der Datenschutz Digitale Assistenten sind mit einem Smart Speaker, einer Lautsprecherbox, dem Smartphone, einem Nest Hub (einem Tablet) oder auch einem Wearable, einer Smart Watch, verbunden und reagieren auf einfache Sprachbefehle. „OK Google, öffne Nachrichten!“ – und schon startet die Tageszusammenfassung der aktuellen Nachrichten. „Alexa, spiele Kinderlieder über Spotify!“ – und sofort wird das Wohnzimmer zur Kinderdisko. „Hey Siri, mach leiser!“ – und schon wird die Lautstärke des Smartphones geändert. Grundlage ist eine Software, die gesprochene Worte analysiert und darauf reagiert. Spricht man mit dem Endgerät, so beantwortet es über seine Sprachsoftware Fragen oder steuert vernetzte Smart-Home-Geräte: Smart Speaker, Lampen, die Waschmaschine oder die Heizung. Vorteile Die Sprache ist die natürlichste Art unserer Kommunikation. Über die Sprachbefehle sind die Smart Speaker extrem einfach und freihändig zu bedienen. Gerade für Menschen mit eingeschränkter Mobilität erleichtert dies einige Vorgänge. Die Kommandos können auch von unterwegs gegeben werden, um den Alltag besser zu organisieren. Beispielsweise kann ein Timer gestellt oder eine Erinnerung gesetzt werden, etwas einzukaufen. Kindern ermöglicht die Technologie die besonders einfache Steuerung von Hörspielen oder Sendungen, auch wenn sie noch nicht lesen oder schreiben können. Sprachassistenten sind lernfähig und komplett vernetzt. So kann das Hörspiel, das am Smart Speaker im Wohnzimmer gestartet wurde, problemlos während einer Autofahrt mit dem Smartphone weiter gehört werden. Nachteile Die Geräte sind in einer permanenten Wartestellung, denn sie warten auf ihr „Schlüsselwort“ („Google“, „Alexa“, „Siri“). Deshalb „belauschen“ sie ihre Umgebung pausenlos. Da die Geräte meistens im privaten Umfeld stehen, kann das ein Risiko für den Schutz persönlicher Daten darstellen. Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, welche Befehle es aussprechen darf, und richten Sie auch Sperren ein. Immer wieder liest man in der Presse, dass Kinder eigenständig Einkäufe tätigen. Ein schnell ausgesprochenes „Alexa, 20 21

Wearables und der Datenschutz Wer seine Körperdaten immer im Blick haben möchte, kommt um ein Wearable nicht herum. Smartwatches oder Armbänder erfassen permanent die Fitness- und Gesundheitsdaten der Person, die sie am Handgelenk trägt. Sie messen den Puls, speichern die zurückgelegten Schritte, errechnen die verbrannten Kalorien beim Fitnesstraining und geben den Standort an. Bedenken Sie dabei immer, dass die Gesundheitsdaten in einer Cloud gespeichert werden. Eine komplette Kontrolle darüber, was mit den Daten geschieht, gibt es nicht. Zudem stellt die unverschlüsselte Verbindung Bluetooth zum Smartphone wegen der sensiblen Daten (Gesundheitsdaten, Kontakte, Nachrichten etc.) ein Sicherheitsrisiko dar. ich will das neue Set der Marke XY haben!“ – und am nächsten Tag klingelt der Bote mit der Bestellung und die Eltern sind verwundert. Oder das Kind interessiert sich für Hunde und startet über das Tablet eine Suche „OK Google, zeig mir Möpse“ und plötzlich läuft ein Clip auf YouTube, der absolut nicht jugendfrei ist. Gezielt können zudem Daten durch die Hersteller abgegriffen werden, um noch genauere Werbung zu platzieren. Eine Kontrolle, für welchen Zweck und wie lange die Daten aufgezeichnet und wo sie gespeichert werden, gibt es nicht. Das Risiko eines Datenmissbrauchs kann ebenso wenig ausgeschlossen werden wie das der Manipulation durch Dritte. PASS AUF! ICH BRAUCHE UNBEDINGT... OK 22 23

Damit Sie als Eltern wissen, was Ihr Kind mit den Medien macht, ist es wichtig, regelmäßig darüber zu reden. Denn nur dann können Sie im Bedarfsfall unterstützen und helfen. Hier einige mögliche Fragen, um mit Ihrem Kind ins Gespräch zu kommen: TINES TIPPS Sätze aus dem Medien-Alltag Mediennutzung macht Kindern Spaß. Wenn es nach den Kindern geht, gilt oft: Je länger, desto besser. Welche dieser Antworten haben Sie schon mal von Ihrem Kind gehört? Was findest du an dem neuen Spiel so spannend? Kann ich mal zuschauen? Aber du bist auch immer am Handy! Ich will aber noch eine Folge sehen! Ich teile das Video nur mit meinen Freunden. Ich hab‘ da aber nicht draufgeklickt. Mein bester Freund darf das aber auch schon spielen. Aber alle meine Freundinnen haben schon ein Smartphone. Ich muss da noch schnell das Video fertig hochladen. Ich muss aber am Computer noch was für die Schule nachschauen. Ihr seid viel zu streng! Ich brauch aber mein Handy als Wecker. Aber ich muss das noch fertig spielen! Ihr habt wirklich keine Ahnung! Nein, der Film ist nicht zu gruselig für mich. Aber das ist MEIN Handy. Warum magst du die Figur aus der Serie so gern? Zeigst du mir mal deine LieblingsApp am Handy? Wer ist das, dem du da folgst? Was findest du an denen toll? Zeigst du mir mal, wie du ein Video aufnimmst und postest? Wollen wir mal gemeinsam den Internet-Surfschein machen? Erinnerst du dich noch, was wir im Mediennutzungsvertrag festgehalten haben? 24 25

bLINKTIPPS Übersicht über die Themen der Medienbriefe 1 bis 4 Medienbrief 1 0 bis 6 Jahre Medienbrief 2 7 bis 11 Jahre Medienbrief 3 12 bis 15 Jahre Medienbrief 4 16 bis 18 Jahre � FSK und USK ab 0 � Medienutzung der Jüngsten � Fernsehen für die Kleinen � Umgang mit brutalen Bildern � Die Macht der Werbung � Apps für Kinder � Hörmedien für Kinder � Digitales Spielzeug � LINKTIPPS � FSK und USK ab 6 � Sicheres Surfen im Netz � Cybergrooming � Das erste Smartphone � Klassenchat � Kettenbriefe � LINKTIPPS � FSK und USK ab 12 � Computerspiele/Sucht � Lootboxen � Illegale Downloads und Streams � Cybermobbing � Sexting � Sextortion � YouTube, Influencerinnen/ Influencer � Körperbilder im Netz � LINKTIPPS � FSK und USK ab 16 � Pornografie � Hate Speech � Extremistische Organisationen im Netz � Fake News � Verschwörungen � Online Glücksspiele � E-Sports � LINKTIPPS Medienerziehung • Schau Hin! informiert Eltern und Erziehende über aktuelle Entwicklungen der Medienwelt. • Klicksafe beantwortet Fragen von Eltern zum Thema Medienerziehung. • webhelm ist ein Infoangebot für pädagogische Fachkräfte und interessierte Erwachsene. • Der Elternguide begleitet Eltern bei allen Medienthemen. Online-Beratung für Eltern und Kinder • ELTERNTALK bietet moderierte Gesprächsrunden für Eltern zu den Themen Medien, Konsum, Suchtvorbeugung und gesundes Aufwachsen in der Familie. ELTERNTALK richtet sich an alle Eltern mit Kindern bis 14 Jahren. • Eltern und Jugendliche können sich mit ihren Fragen und bei Problemen an die bke-Online-Beratung wenden. • Nummer gegen Kummer e. V. ist die Dachorganisation des größten, kostenfreien, telefonischen Beratungsangebotes für Kinder, Jugendliche und Eltern in Deutschland. Sicherheitseinstellungen und Jugendmedienschutz • Medien kindersicher informiert Eltern über technische Schutzlösungen für die Geräte ihrer Kinder. • Das Jugendschutzprogramm bietet Jugendschutzfilter für alle gängigen Smartphone- und Tabletsysteme. • Hasskommentare im Netz können über die Meldestelle REspect! gemeldet werden. Zum Weiterlesen empfehlen wir diese Fachartikel auf www.baer.bayern.de: • Das Internet: Virtuelle Welt der Information und Kommunikation. • Die wichtige Bedeutung des Jugendmedienschutzes. • Hilfreiche Tipps für den Umgang mit Medien von einer Medienpädagogin. 26 27

ÜBERBLICK Herausgegeben vom Zentrum Bayern Familie und Soziales – Bayerisches Landesjugendamt (BLJA) V.i.S.d.P.: Hans Reinfelder Postanschrift: Postfach 400260 80702 München www.baer.bayern.de Infos zum Copyright Layout und Illustrationen: sandruschka GmbH, www.sandruschka.de © ZBFS-Bayerisches Landesjugendamt, Stand: 2022 Artikelnummer: 1020 2007 gefördert durch:

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