Medienbrief Nr. 5

Kinder-Influencerinnen und -Influencer Auf Kanälen wie YouTube, Instagram oder TikTok vermarkten einige Eltern ihren Nachwuchs als Werbeträgerinnen und Werbeträger. Diese Kidfluencerinnen und Kidfluencer – eine Wortneubildung aus „Kid“ (Kind) und „to influence“ (beeinflussen) – geben oft sehr persönliche Einblicke in ihren Alltag. Dabei empfehlen sie ganz nebenbei Produkte wie Spielzeug, Lebensmittel oder Kleidung. Oft sind die Grenzen zwischen der Freizeitbeschäftigung und Kinderarbeit nicht mehr klar trennbar. Wenn Kinder mit Werbung finanziell zum Familienunterhalt beitragen, dann kann dies als Kinderarbeit bewertet werden. Tochter als „Mini-Me“ ihrer bloggenden Mutter Immer häufiger fallen mir beim Surfen auf den gängigen Plattformen auch Kanäle von Influencerinnen auf, die gemeinsam mit ihren Kindern für Produkte werben. In einem Vlog, einem VideoBlog, macht eine Influencerin, die durch die Teilnahme an einer Model-Show berühmt wurde, eine Sportübung. Ihre kleine Tochter turnt im pinken Body neben ihr. Im Anschluss hält die Mutter ein neues Müsli in die Kamera. Die Tochter mag die damit gezauberte Fitnessbowl mit den vielen bunten Früchten und Streuseln auch probieren. Die Mama erlaubt es, weil es ja ohne Zucker und auch für Kinder super sei. Solche Videos werden tausendfach gelikt, kommentiert und geteilt. Die hübsche Mutter und ihre süße Tochter sind sehr beliebt. Nach einiger Zeit sehe ich auch einen eigenen Kanal der Tochter, den die Mutter für sie angelegt hat. In einem Video spricht das kleine Mädchen nun direkt mit ihren Fans und hält ganz stolz ein neues Kinder-Shampoo in die Kamera. „Jetzt muss ich beim Haarewaschen nie mehr weinen. Und das riecht sooooo gut nach Erdbeeren. Probiert das auch mal aus!“, sagt sie am Ende und deutet mit der Hand auf einen eingeblendeten Button. Ich klicke drauf und lande direkt in einem Online-Shop. Ich bin erschüttert und staune gleichzeitig über so viel Verkaufstalent. Natürlich ist mir klar, dass dieser Kanal komplett von der Mutter gepflegt wird und die Kleine nur macht, was Mama ihr sagt. Mich würde jedoch interessieren, wie es der Tochter dabei geht. Ob ihre Mama mit ihr über die Videos spricht und ihr erklärt, warum sie das macht. Ob die Kleine gefragt wird, ob sie denn gerade gefilmt werden möchte? Was in der Familie passiert, wenn das Kind keine Lust mehr hat? Welche Mittel seitens der Erwachsenen angewendet werden, um das Kind zur Mitarbeit zu bewegen? Denn die Fans wollen ja immer neue Inhalte sehen. Noch macht die Tochter wie selbstverständlich mit, da sie es nicht anders kennt. Die Mama hat schon immer ihren kompletten Familienalltag, alle Ausflüge und Urlaube, alle Feste und Geburtstage gefilmt. Für die Tochter ist es wie ein Spiel. Ab wann wird es jedoch zum „spielerischen Zwang“? Und wie wird sich ein Kind entwickeln, das permanent gefilmt wird und das „Private“ nicht wirklich kennt? Ob sich diese Eltern wohl kritisch genug mit den Risiken auseinandergesetzt haben, die das „Showgeschäft“ für ihre Tochter mit sich bringt? HEY IHR LIEBEN! OMMM 14 15

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