Elternbrief Nr. 35

Das Ende der Grundschulzeit ist abzusehen. B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T Briefe 35 INHALT 9 Jahre 8 Monate 1 Endspurt in der Grundschule 4 Familie leben – genießen! 6 Bloßstellen verboten! 8 Partnerprobleme 11 Das Kind allein zu Hause 12 Gutes Essen gegen Babyspeck 14 Die Taschengeldfrage Endspurt! Um den zehnten Geburtstag herum geht es Schlag auf Schlag: Zusam men mit Ihrem Kind suchen Sie nun eine passende weiterführende Schule und die Vorbereitungen für die neue Lebensphase laufen auf Hochtouren. Wieder wird sich der Alltag in Ihrer Familie verändern. Vielleicht muss Ihr Kind künftig mit dem Bus oder Zug in die Schule fahren oder auch das Fahrrad nehmen. Keine Sorge, es wird auch diese Herausforderung bewältigen. Das Leben mit Ihrem großen Kind wird jetzt einfacher. Es kann viele Din ge schon alleine regeln und gleichzeitig hat es großen Spaß an gemeinsamen Unternehmungen. Nutzen Sie diese Zeit! Die Grundschulzeit Ihres Kin- welche Schule es in Zukunft besudes neigt sich nun langsam dem Ende zu. Sein letztes, spannendes Jahr ist – je nach Alter – gerade in vollem Gang oder steht bereits kurz vor dem Abschluss. Haben Sie und Ihr Kind schon eine Entscheidung darüber getroffen, chen wird? Anfang Mai wird das Übertrittszeugnis mit einer Empfehlung für die weitere Schullaufbahn überreicht. Dieses Zeugnis enthält unter anderem die für den Übertritt wichtigen Bewertungen der Leistungen in den Fächern - -

Nicht nur das Gymnasium bietet echte Chancen für Ihr Kind . © Holly Dornak / Pixabay.com Deutsch, Mathematik sowie Heimat- und Sachunterricht. Für den Übertritt aufs Gymnasium ist ein besserer Notendurchschnitt notwendig als für den Übertritt auf die Realschule. Wenn Ihr Kind die erforderlichen Übertrittsnoten nicht erreicht, bekommt es beim Probeunterricht in der weiterführenden Schule eine zweite Chance. Dieser Probeunterricht muss in den Fächern Deutsch und Mathematik absolviert werden. Ihr Kind sollte dabei für die Realschule mindestens eine Note Drei und eine Note Vier erreichen. Bei zwei Vieren findet ein Beratungsgespräch statt. Sie als Eltern können danach trotzdem selbst entscheiden, ob Sie Ihr Kind an der gewünschten Schule anmelden wollen. Die Verantwortung liegt also bei Ihnen. All das kann Kinder natürlich gehörig unter Druck setzen. Und so ist vor dem Übertrittszeugnis der Lerndruck auf die Kinder immer besonders hoch. Es ist nur zu verständlich, dass Sie als Eltern Ihrem Kind die besten Bildungschancen sichern möchten. Behalten Sie dabei aber Ihr Kind im Blick! Unser Schulsystem ist durchlässig. Sollte es jetzt mit dem Übertritt auf ein Gymnasium oder eine Realschule nicht klappen, so kann Ihr Kind mit den entsprechenden Noten auch nach 2

In der falschen Schular t ist ein Kind ständig über- oder unter forder t . der fünften Klasse der Mittelschule auf eine dieser Schularten wechseln. Auch zu einem späteren Zeitpunkt sind weitere Abschlüsse möglich: Ihr Kind kann zum Beispiel am Mittlere-ReifeZug der Mittelschule den mittleren Schulabschluss erreichen oder es kann im Anschluss an die Realschule auf dem Gymnasium weitermachen. Berufsaufbauschulen, Berufsoberschulen wie auch Fachoberschulen sind weitere Möglichkeiten, einen höheren Schulabschluss zu erreichen. Wenn sich ein Kind im Schulalltag chronisch überfordert fühlt, dann leidet sein Selbstbewusstsein. Es wird sich bald als Versager fühlen. Wenn ein Kind im Vergleich mit seinen Mitschülerinnen und Mitschülern immer hinterherhinkt, wenn sich Wissenslücken bilden, die es nicht mehr schließen kann, und wenn die Eltern nach jeder Schulaufgabe enttäuscht reagieren, so kann das eine Kindheit schwer belasten und seelische Schäden nach sich ziehen. Auch körperliche Beschwerden und Lernblockaden können die Folge sein. Selbst das Familienleben wird oft in Mitleidenschaft gezogen, wenn sich alles nur noch um Schule oder Noten dreht. Unser Rat: Überfordern Sie Ihr Kind nicht. Auch wenn die beste Freundin aufs Gymnasium gehen wird und Ihr Kind trotz mittelmäßiger Noten unbedingt auf dieselbe Schule will – die endgültige Entscheidung dafür oder dagegen können nur Sie als Eltern treffen. Ein Kind mit zehn Jahren kann die Folgen einer möglicherweise falschen Schulwahl gar nicht abschätzen. 3

Ihr Kind brau cht Selbstver trauen, um Nein sagen zu können. Familie leben – genießen! Jetzt, zwischen Kindheit und Pubertät Ihres Kindes, ist ein guter Zeitpunkt, das Familienleben noch einmal richtig zu genießen. Ihr Kind ist nun groß, Sie können mit ihm reden, viele spannende Sachen unternehmen, gemeinsame Projekte durchziehen. Es ist selbstständig, sie müssen nicht mehr ständig an seiner Seite sein und aufpassen, dass ihm nichts passiert. Tanken Sie jetzt noch einmal auf und stärken Sie die Beziehung zu Ihrem Kind. Nutzen Sie die Zeit, bevor Ihr Kind immer öfter lieber mit seinen Freunden unterwegs ist. Vertrauen ist jetzt ganz besonders wichtig. Ein Kind, das gelernt hat, seinen Eltern zu vertrauen, und weiß, dass diese umgekehrt auch ihm vertrauen, hat später den Halt und das nötige Selbstbewusstsein, um auch einmal Nein zu sagen. Nein zur ersten Zigarette zum Beispiel oder Nein zum ersten Alkohol. Es weiß nämlich, dass es auch oder gerade ohne diese „Mutproben“ okay ist, geliebt und anerkannt wird. Wie aber genießt man Familie? Wann haben Sie zusammen den meisten Spaß? Im Alltag ergeben sich oft unerwartet schöne Momente und intensive Gespräche: etwa wenn Sie gemeinsam Gemüse schnippeln und Ihr Sohn Ihnen dabei sein Herz ausschüttet, wenn Sie zusammen den Wocheneinkauf machen und Ihre Tochter spontan Ihre Hand nimmt oder den Arm um Sie legt. Solch schöne Situationen gehen oft unbemerkt vorüber, weil wir in der Hektik des Alltags nicht auf sie achten. Seien Sie also aufmerksam auf die Signale Ihres Kindes und freuen Sie sich auch über seine kleinen Gesten der Zuneigung und des Vertrauens! Die Zeit, die Eltern bewusst mit den Kindern verbringen, kann jetzt auch oft sehr entspannt sein. Anders als mit kleinen Kindern, denen ständig etwas Neues einfällt und bei denen die Stimmung auch ganz schnell einmal kippen kann, sind größere Kinder stabiler und den Eltern in ihrem Freizeitverhalten auch ähnlicher. Deshalb ist wieder einmal Ihr gutes Vorbild gefragt! Wanderungen, Ausflüge, Spieleabende – Ihr Kind hat jetzt schon genug Durchhaltevermögen für längere Aktivitäten und es hat auch Spaß daran. 4

Kinder sind kein Par tnerersatz . © Denise Husted / Pixabay.com Die Gespräche mit den Kindern bewegen sich mit einem Mal auf einem ganz anderen Niveau. Ihre Kinder werden Ihnen nach wie vor mehr oder weniger viel von ihren Erlebnissen berichten. Aber sie interessieren sich auch mehr und mehr für Ihr Leben, Ihren Beruf oder dafür, was Sie als Kind so erlebt haben. Sie sind verständige Gesprächspartner geworden. Das sollte Sie aber nicht dazu verleiten, sie zu einer Art Partnerersatz zu machen und sie mit Ihren Themen zu belasten. Partnerprobleme sollten niemals mit den eigenen Kindern erörtert werden, damit sind sie eindeutig überfordert. Humor ist bei alledem das Salz in der Suppe. Gemeinsam zu lachen und sich auch gegenseitig einmal auf die Schippe nehmen zu können, sorgen für ein entspannteres Familienklima. Dabei sollten aber die Grenzen des Respekts eingehalten werden. Lustig ist es nur dann, wenn alle darüber lachen können. 5

• • • Kind in Gespräche Beziehen Sie Ihr mit ein, statt es danebenstehen zu lassen. Bloßstellen verboten! Ihr Kind ist eine eigene Persönlichkeit und will als solche respektiert sein. Sie werden vielleicht feststellen, dass Ihr Sohn oder Ihre Tochter in manchen Situationen, die Ihnen ganz harmlos erscheinen, überraschend gereizt reagiert. Warum? Weil Sie unbewusst eine Grenze überschritten haben. Ja, wie kann man denn überhaupt „die Grenzen seines Kindes überschreiten“? Sie sind doch seine Mutter oder sein Vater, Sie kennen Ihr Kind durch und durch und meinen es immer gut mit ihm! Muss sich Ihr Kind wirklich manchmal gegen Sie wehren? Und ob! Hier sind einige typische Situationen, in denen Eltern ihre Kinder unabsichtlich mit zu wenig Respekt behandeln: Es wird zu oft über die Kinder geredet, wenn sie dabei sind. Ob Schulschwierigkeiten oder Übergewicht, zu vieles wird erörtert, wenn die Kinder in Hörweite sind. Aber auch positive Dinge wie gute Noten oder andere tolle Leistungen werden oft ganz stolz anderen Eltern oder Bekannten berichtet, wenn die Kinder zuhören. Dabei könnten sie, wenn sie das möchten, doch auch selbst davon erzählen! Passiv dabeizustehen, wenn über einen geredet wird, macht große Kinder schnell wieder ganz klein. Tatort Kaufhaus: Mutter oder Vater befinden sich im angeregten Gespräch mit der Verkäuferin. Zu hören sind Sätze wie: „Er ist so arg gewachsen in den letzten Monaten.“ Oder noch schlimmer: „Sie hat halt immer noch ein wenig Babyspeck“, begleitet vom Kichern der Erwachsenen. Das Kind steht daneben und fühlt sich furchtbar. Unerwünschte Zärtlichkeiten: Zu Hause mag Ihr Kind noch so verschmust sein, in der Öffentlichkeit kann sich das jedoch ganz anders darstellen, besonders wenn Gleichaltrige mit dabei sind. Da ist das Bussi vom Papa schnell ziemlich peinlich. Auch gut gemeinte Ermahnungen, wie etwa sich warm anzuziehen, sind vor anderen Kindern sehr unangenehm. 6

• • Kritisieren Sie das Verhalten, nicht das Kind . Öffentliche Zurechtweisungen: Kinder benehmen sich nicht immer vorbildlich. Sie vergessen manchmal zu grüßen, sich zu bedanken oder sie geben eine patzige Antwort. Solche Dinge klärt man am besten hinterher unter vier Augen. Vor anderen Leuten zurechtgewiesen oder gar geschimpft zu werden, ist auch für ein Kind erniedrigend. Stellen Sie sich vor, Ihr Partner würde Sie in dieser Art vor anderen kritisieren! Bestimmt wären auch Sie gekränkt. Auch bei einem Gespräch unter vier Augen ist Ihr Taktgefühl gefragt. Wenn Sie also Kritik üben, werten Sie dabei niemals Ihr Kind als Person ab. Kritisieren Sie das Verhalten, nicht das Kind! Wenn es seine Pflichten im Haushalt nicht erledigt hat, bezeichnen Sie es nicht als egoistisch oder faul, sondern klären Sie mit ihm, dass in einer Familie alle ihren Teil beitragen müssen. Wenn seine Schulleistungen zu wünschen übrig lassen, geben Sie ihm nicht das Gefühl, nicht gut genug zu sein, sondern überlegen Sie gemeinsam, was Ihrem Kind helfen könnte. Sie sehen, beim Zusammenleben mit großen Kindern gibt es doch einige Fallstricke. Vielleicht haben Sie ja beim Lesen an der einen oder anderen Stelle Ihr eigenes Verhalten wiedererkannt? Machen Sie sich aber deswegen keine allzu großen Vorwürfe. Kinder dürfen Fehler machen, wir Eltern aber auch! Wichtig ist, dass wir unsere Kinder, je älter sie werden, zunehmend als eigenständige Persönlichkeiten mit Wünschen, Plänen und Zielen sehen. 7

sich nicht zu sehr Orientieren Sie nach außen und au ch nicht nach innen. Partnerprobleme Wenn die Kinder größer werden, verändert sich eine Familie. Der Elternteil, der beruflich bisher eher zugunsten der Kinder zurückgesteckt hat, steigt oftmals wieder intensiver in seinen Job ein oder verändert sich beruflich. Das Gefüge in der Partnerschaft muss neu ausbalanciert werden. Im Laufe der vergangenen Jahre ist Ihre Partnerschaft gewachsen, aber sie hat vielleicht auch unter dem oft sehr anstrengenden Alltag mit den kleinen Kindern gelitten. Wenn die Kinder dann größer werden, haben die Partner in ihrer Beziehung wieder sehr viel mehr Freiraum. Das ist gut so, denn es ist eine Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung und kann das Leben des Einzelnen, aber auch die Beziehung sehr bereichern. Man wird wieder interessanter für den anderen, man hat sich wieder mehr zu erzählen. Schwierig wird es, wenn nur einer der beiden Partner die neuen Chancen für sich nutzt. Dann kann eine Beziehung ganz schnell aus dem Gleichgewicht geraten. Einer von beiden ist dann viel unterwegs, probiert sich aus und macht neue Erfahrungen. Der andere sitzt zu Hause, fühlt sich vernachlässigt und mit den Kindern und der Hausarbeit allein gelassen. Er oder sie möchte selbst nichts unternehmen, aus Angst, dann noch weniger Zeit mit dem Partner oder der Partnerin verbringen zu können. Umso mehr fühlt sich der unternehmungsfreudigere Teil der Beziehung eingeengt und versucht auszubrechen. Ein Teufelskreis! Was steckt dahinter? Die Problematik wird oft mit dem Schlagwort „Midlife-Crisis“ umschrieben. Es beschreibt, dass Menschen in der Mitte ihres Lebens Bilanz ziehen. Dabei kommt mehr oder weniger alles auf den Prüfstand: der Beruf, die Beziehung, die Familie, die Wohnung, das ganze Leben. Meist passiert das aber nicht bewusst, sondern zeigt sich nur in einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit und in dem Wunsch auszubrechen, wieder jung zu sein und noch einmal alles anders zu machen. Am intensivsten erleben Menschen dieses Gefühl, wenn sie sich in dieser Lebensphase neu verlieben. Es scheint, als könne man sich jetzt völlig neu erfinden. Außenbeziehungen sind gerade 8

Unternehmen Sie unbedingt Dinge gemeinsam als Paar. © Free-Photos / Pixabay.com jetzt besonders häufig. Und in der Tat gehen viele Ehen oder langjährige Beziehungen anlässlich einer Affäre oder Nebenbeziehung zu Bruch. Was kann man tun? Um es gar nicht erst so weit kommen zu lassen, ist es wichtig, als Paar in der Balance zu bleiben. Versuchen Sie immer, einen Ausgleich herzustellen. Überlegen Sie, wie die Prioritäten bei Ihnen persönlich liegen. Wieviel Zeit nimmt Ihre persönliche Entwicklung in Anspruch, wieviel investieren Sie in Ihre Partnerschaft? Welchen Stellenwert hat Ihr Beruf im Vergleich zum Familienleben? Und wie ist das bei Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin? Vielleicht gerade andersherum? Wenn man Sie beide als Paar in den Blick nimmt: Gibt es in Ihrer Beziehung den einen, der die Beziehungsarbeit fast allein übernimmt, während der andere sich eher nach außen orientiert und immer mehr seinen eigenen Interessen nachgeht? Dann wäre es an der Zeit, dass ein Ausgleich hergestellt wird. Das heißt, dass derjenige, der sonst hauptsächlich zu Hause sitzt, sich bemüht, auch außerhalb der Familie mehr zu unternehmen, während der andere mehr Verantwortung für die Beziehung und Familie übernehmen sollte. 9

Nicht immer haben die Par tner etwas falsch gemacht . Bleiben Sie im Gespräch! Sprechen Sie über Ihre Erwartungen an Ihre Partnerschaft. Reden Sie darüber, was sich im Laufe der Jahre verändert hat und wie Sie Ihre Beziehung lebendig erhalten können. Unternehmen Sie auch etwas zu zweit: Ihr Kind ist nun in einem Alter, wo Sie es schon auch mal für ein paar Stunden alleine lassen können, wenn es weiß, wie und wo es Sie erreichen kann. Oder Sie organisieren eine Übernachtung bei den Großeltern oder einem Schulfreund. Und wenn es schief geht? Eine glückliche Beziehung ist nicht immer beliebig wiederherstellbar. Und wenn es nicht gelingt, muss das nicht bedeuten, dass man etwas völlig falsch gemacht hat. Heute, wo den Menschen so vieles machbar scheint, ist für viele schwer zu glauben, dass eine Partnerschaft anderen Regeln folgt und man an seiner Beziehung zwar arbeiten, deren Gelingen jedoch nicht erzwingen kann. Suchen Sie sich Hilfe, wenn Sie in Ihrer Ehe oder Partnerschaft anhaltend unglücklich sind. Wenn Sie nichts mehr miteinander erleben und auch ernsthafte Gespräche kaum mehr stattfinden. Wenn einer von Ihnen beiden sich in jemand anderen verliebt hat, oder wenn Sie das Gefühl haben, vor einer Sackgasse zu stehen. Eine Eheberatung kann vielleicht Klarheit schaffen. Oft gelingt es auch, in einem Beratungsprozess wieder neue Impulse zu entwickeln und eine Krise zu überwinden. Ehe- und Familienberatungsstellen bieten ihre Unterstützung kostenlos an. Wenn Ihr Partner, Ihre Partnerin nicht mit zu einer Beratung gehen möchte, nehmen Sie die Termine alleine wahr. Sie können dort manches für sich klären und bekommen Unterstützung in Ihrer schwierigen Situation. © Alexas Fotos / Pixabay.com 10

Bereiten Sie Ihr Kind auf das Alleinbleiben vor. Das Kind allein zu Hause Ganz alleine zu Hause zu bleiben ist für jedes Kind eine große Herausforderung und sollte langsam eingeübt werden. Vielleicht haben Sie damit ja schon angefangen und Ihr Kind ab und zu kurz allein gelassen, um schnell noch zum Supermarkt zu springen. Ihr Kind weiß, dass es keinem Fremden die Tür öffnen und am Telefon niemandem erzählen darf, dass es gerade alleine ist. Es weiß, dass es nicht den Herd benutzen, nicht das Wasser laufen lassen oder mit Kerzen spielen soll. Sie haben feste Regeln vereinbart, an die sich Ihr Kind halten kann. Doch was ist abends? Können Sie Ihr Kind da einfach alleine lassen? Eine einfache Antwort darauf gibt es nicht. War Ihr Kind überhaupt schon einmal alleine? Sind Sie selbst eher ängstlich und schnell besorgt? Dann sollten Sie noch auf einen Babysitter vertrauen, der den Abend bei Ihrem Kind verbringt. Aber wenn Sie das Alleinesein schon ein bisschen geübt haben und Ihr Kind auch sonst recht selbstständig und vernünftig ist, dann können Sie das Abenteuer ruhig wagen. Besprechen Sie mit Ihrem Kind, wie es die Zeit ohne Sie verbringen möchte. Soll es gleich ins Bett gehen? Oder darf es noch ein wenig aufbleiben? Keinesfalls sollte es unkontrolliert fernsehen. Lieber eine schöne Kindersendung auf DVD oder im Stream ansehen – verbunden mit der Bedingung, anschließend die Zähne zu putzen und zu Bett zu gehen. Am besten gehen Sie anfänglich nur für zwei, drei Stunden aus. Auf jeden Fall sollten Sie eine feste Zeit fürs Heimkommen vereinbaren und diese auch unbedingt einhalten. Ihr Kind vertraut darauf, dass Sie zu einer bestimmten Zeit wieder zu Hause sind, und Sie sollten es nicht enttäuschen. Ihr Kind sollte auch wissen, wo Sie abends zu erreichen sind. Wenn Sie privat eingeladen sind, hinterlassen Sie die dortige Telefonnummer oder Ihre Handynummer. Wichtig ist auch eine Notfalladresse. Das können die Nachbarn sein oder Freunde, die um die Ecke wohnen und zu Hause sind. Denn falls Ihr Kind Angst bekommt oder etwas Unvorhergesehenes passiert, braucht es eine Kontaktperson in der Nähe, die bei Bedarf kommen und sich um Ihr Kind kümmern kann. 11

• • • Kinder essen immer öfter außer Haus. Gutes Essen gegen Babyspeck Vor und während der Pubertät verändert sich oftmals das Ernährungsverhalten von Kindern. Der Kiosk am Schulweg, die Fast-Food-Kette oder die Pommes-Bude haben auf größere Kinder, die schon über etwas mehr Taschengeld verfügen, eine große Anziehungskraft. Und so wird vor dem eigentlichen Mittagessen oftmals schon so einiges gegessen, das zwar viele Kalorien, aber wenig Nährstoffe hat. Viele Kinder sind zum Ende ihrer Grundschulzeit großem Lernstress ausgesetzt. Das heißt auch, dass Spielen im Freien, Sport und Bewegung oft zu kurz kommen. Zum Sitzen in der Schule wird kein Ausgleich mehr geschaffen. Viele größere Kinder „entspannen“ sich lieber vor dem Fernsehgerät, dem PC oder der Spielkonsole, statt sich draußen zu bewegen. Die Folge kann sein, dass Kinder gehörig an Gewicht zulegen. Kommen in der Vorpubertät auch noch die hormonellen Umstellungen dazu, sammelt ein Kind möglicherweise einige Pfunde an, die es so leicht nicht mehr los wird. Als Eltern haben Sie auf die Ernährung Ihres Kindes weniger Einfluss als früher. Ihr Kind isst nun öfters auch außer Haus, vielleicht im Hort oder in der Schule, oder es kauft sich etwas vom Taschengeld. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo es selbst für sich die richtigen Entscheidungen treffen muss. Sie können ihm dabei helfen, indem Sie mit ihm über Ernährung sprechen. Zeigen Sie Ihrem Kind, was gesunde Lebensmittel sind und wo es lieber zurückhaltend sein sollte. Ihr Kind kann sich jetzt auch schon selbst an der Zubereitung der Mahlzeiten beteiligen und eigene Wünsche einbringen. vernünftig einkaufen. Es sollte immer frisches Obst, Gemüse und Salat im Haus sein. Und wenn Ihr Kind hungrig in den Kühlschrank schaut, sollte es darin statt Sahnepudding lieber einen Joghurt oder Quark vorfinden. gesunde und leckere Mahlzeiten anbieten. Sie müssen nicht aufwendig gekocht sein. Auch zu einem Käsebrot kann man Tomaten, Paprika, leckere Karotten- oder Gurkensticks als Rohkost anbieten. Die machen satt und sind gesund. 12

• • © Bruno Glätsch / Pixabay.com bei Tisch auf gute Stimmung achten. Planen Sie genug Zeit für die Mahlzeiten, besonders aber fürs Frühstück, ein, damit es morgens keinen Stress gibt. Ernste Diskussionen oder Auseinandersetzungen sollten Sie nicht beim Essen führen. kein Geld für Pausensnacks mitgeben. Ein Apfel, ein kleines Vollkornbrot oder ein Joghurt sind sehr viel gesünder. Sie können Ihr Kind dazu anregen, das Taschengeld, das es sonst am Kiosk ausgäbe, zu sparen und sich nach einiger Zeit dafür einen anderen Wunsch zu erfüllen. Laut Ernährungswissenschaftlern sollen Kinder mittags kohlenhydratreiche Kost essen. Kohlenhydrate sind vor allem in Getreideprodukten, Kartoffeln und Reis (am besten Naturreis), aber auch in Gemüse, Hülsenfrüchten und Obst enthalten. Sie sind wichtig für die Konzentrationsfähigkeit, wenn nachmittags die Hausaufgaben anstehen. Die schnell verfügbaren Kohlenhydrate aus Süßigkeiten helfen da nur scheinbar. Ihre Wirkung ist schnell wieder verflogen, weil der Blutzuckerspiegel zwar ansteigt, aber vom Körper extraschnell wieder gesenkt wird. Die Folge eines niedrigen Blutzuckerspiegels: Das Kind bekommt wieder Hunger! Vorsicht auch bei fettem Essen: Zu viel Fett macht nicht nur dick, sondern nach dem Essen auch müde! Versuchen Sie es doch einmal mit einem Ernährungsplan: Legen Sie gemeinsam für eine Woche fest, was es zum Essen geben soll. Jedes Familienmitglied hat einen Wunsch frei. Dann gibt es vielleicht mal Pommes oder Pfannkuchen, aber auch Gemüsesuppe und Fisch mit Salat. Ein demokratischer Weg zu gesunder und ausgewogener Ernährung! 13 oder Sü Egal, ob mit Zu cker ßstoff: Cola ma ll wieder hun cht schne grig.

Wofür es sein Taschengeld ausgibt, dar f ein Kind selbst entscheiden. Die Taschengeldfrage Mit zehn Jahren sind viele Kinder schon alt genug, ihr Taschengeld monatlich selbst einteilen zu können. Deshalb können Sie nun von der wöchentlichen zur monatlichen Auszahlung übergehen. Während Ihr Grundschulkind zwischen zwei und drei Euro pro Woche bekam, empfehlen Experten jetzt 13 bis 15 Euro im Monat. Beibehalten sollten Sie den festen Auszahlungstermin. Auch wenn Sie der Meinung sind, dass Ihr Kind sein Geld für unsinnige Sachen ausgibt, machen Sie ihm deswegen keine Vorwürfe. Ihr Kind entscheidet über den Einsatz des Taschengeldes selbst! Es ist dazu gedacht, sich besondere Wünsche zu erfüllen. Das kann eine Zeitschrift oder auch eine CD sein, auch die eine oder andere Nascherei oder Kinokarten können davon bezahlt werden. Vielleicht hat Ihr Kind auch einen besonderen, etwas teureren Kleiderwunsch wie etwa das Fußballtrikot des Lieblingsvereins, an dem es sich finanziell zumindest beteiligen kann. Nicht ausgegeben werden sollte Taschengeld für Schulsachen oder das Pausenbrot. Dafür sind die Eltern zuständig. Eigenes Geld ist für Kinder wichtig. So lernen sie, selbstständig zu werden. Sie lernen auch, dass nicht alle Wünsche immer und überall erfüllbar sind. Benutzen Sie Taschengeld nie als Strafe oder Belohnung. Taschengeld ist kein Erziehungsmittel! 14

Wann gibt es wieviel Taschengeld? Richtwerte bei Kindern und Jugendlichen von zehn bis 18 Jahren für das monatlich in bar bezahlte Taschengeld: 10 Jahre: 14 Euro 11 Jahre: 16 Euro 12 Jahre: 20 Euro 13 Jahre: 22 Euro 14 Jahre: 25 Euro 15 Jahre: 30 Euro 16 Jahre: 35 Euro 17 Jahre: 45 Euro 18 Jahre: 70 Euro Die Höhe des Taschengeldes hängt natürlich vom Familienbudget ab. Wenn Sie ein geringes Einkommen haben, muss auch das Taschengeld niedriger ausfallen. Sprechen Sie mit Ihrem Kind und erklären Sie ihm die Situation. Je offener Sie mit der Situation umgehen, desto besser wird Ihr Kind die Gründe verstehen. Aber auch zu viel Taschengeld zu bekommen kann problematisch sein, denn so verliert das Kind die Orientierung. Es soll ja lernen, Prioritäten zu setzen und es nicht für selbstverständlich zu halten, sich immer alle Dinge leisten zu können. Als Bankkonto empfiehlt sich im Moment nur ein Sparkonto – für größere Geldgeschenke von Verwandten oder Freunden. So lernt Ihr Kind zu sparen, damit es sich später einen großen Wunsch erfüllen kann. Zur Einrichtung eines eigenen Girokontos ohne Überziehungsmöglichkeit raten die Experten erst für Kinder ab 14 Jahren. 15

FSC www.'9c.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC• C108626 D ClimatePartner0 klimaneutral DruckllD:10822-1408-1001 Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Sozia les B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T 35 Weitere Informationen: Die Elternbriefe können Sie auch online lesen, herunterladen oder als Newsletter abonnieren: beim Online-Ratgeber „BAER“, www.baer.bayern.de , des Bayerischen Landesjugendamtes. Dort finden Sie auch weitere ausführliche Informationen zu vielen der hier genannten Themen. Übertritt Dazu finden Sie weitere Informationen auf der Website, www.km.bayern.de/ministerium/schule-und-ausbildung/ schularten.html, des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus. Medienerziehung Auf www.baer.bayern.de/medienbriefe finden Sie Tipps zur Medienerziehung in fünf Medienbriefen. Beziehungs- und Familienkrisen Beratungsstellen dazu finden Sie in fast jeder Stadt. Qualifizierte Fachkräfte beraten Sie dort kostenlos. Auf www.stmas.bayern.de/eheberatung/index.php finden Sie eine regionale Übersicht. Ernährung von Kindern Hier informiert die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA): www.bzga.de. Auch die Krankenkassen helfen weiter. Im nächsten Elternbrief: – Auf dem Sprung: die Vorpubertät – Früh- oder Spätentwickler? – Die erste Periode – Was tun bei Regelschmerzen? – In der neuen Schule – Strafe oder Konsequenz? – Familie leben: Einmal Papa, einmal Mama Die Elternbriefe werden gefördert durch: Herausgegeben vom Zentrum Bayern Familie und Soziales – Bayerisches Landesjugendamt (BLJA) V.i.S.d.P.: Hans Reinfelder Postanschrift: Postfach 400260 80702 München www.blja.bayern.de Überreicht durch Ihr Jugendamt Illustrationen: Birgit Baude, München – Druck: MKL Druck © Bayerisches Landesjugendamt, Stand: Januar 2022 ISBN 3-935960-23-9 Artikelnummer: 10202135

RkJQdWJsaXNoZXIy MzcwMzIy