Elternbrief Nr. 24

9 Freizeit oder Freizeitstress? Der erste Schultag vergeht wie im Flug. B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T 24 INHALT Ihr kleiner ABC-Schütze Der Schulranzen steht fertig gepackt neben dem Bett, die Schultüte ist gefüllt mit Überraschungen. Jetzt fühlt Ihr Kind sich ganz groß – und doch auch ein bisschen klein. Zur großen Freude, endlich in die Schule gehen zu dürfen, kommt auch die Angst vor dem Unbekannten. Wird mich die Lehrerin mögen? Werde ich Freunde finden? Kann ich das alles überhaupt? Fragen, die vielleicht auch Sie sich stellen. Nehmen Sie Ihr Kind bei der Hand und begleiten Sie es durch diese aufregende Zeit. Ihr Kind braucht Sie jetzt ganz besonders – Sie und Ihre Zuversicht. Am ersten Schultag werden Erstklässler oft mit einer kleinen Feier begrüßt. Die meisten Kinder sehen an diesem Tag ihre Lehrkraft zum ersten Mal. Gemeinsam und ohne Eltern gehen sie in das Klassenzimmer, in dem die Kinder von nun an viel Zeit verbringen werden. Der erste Tag dauert nicht lange. Schon nach ein paar Stunden können Sie Ihr Kind wieder abholen. Bestimmt wird es viel zu erzählen haben. Aufgeregt wird es berichten, neben wem es sitzt, wie nett die Lehrerin ist und wer seine neue beste Freundin ist. Alter: 6 Jahre 1 Rund um den Schulanfang 7 Konzentration 8 Das Kinderzimmer 10 Inseln im Familiengetriebe 12 Psychische Erkrankungen 14 Trockene Nächte Briefe

Hören Sie Ihrem Kind gut zu und geben Sie ihm das Gefühl, wichtig zu sein. Gestalten Sie den ersten Schultag so, dass ihn Ihr Kind in schöner Erinnerung behält. In der ersten Zeit werden Sie Ihr Kind sicherlich in die Schule begleiten. Wenn Sie den Schulweg mit ihm eingeübt haben und er nicht zu gefährlich ist, kann es ab dann alleine zur Schule und wieder nach Hause gehen. Schöner ist es natürlich, wenn es zusammen mit anderen Kindern gehen kann. Doch das ergibt sich mit der Zeit meist von alleine. Wenn Sie unsicher sind, ob Ihr Kind den Schulweg alleine bewältigen kann, begleiten Sie es so lange, bis es sich sicher fühlt und auch Sie ein gutes Gefühl haben. Wenn es gefährliche Stellen auf dem Schulweg gibt, können Sie Ihr Kind auch nur bis dorthin begleiten und dort wieder abholen. Wählen Sie nicht den kürzesten, sondern den sichersten Schulweg. Nehmen Sie lieber einen Umweg für Ihr Kind in Kauf, bevor es eine größere oder viel befahrene Straße zu überqueren hat. Es ist auf jeden Fall besser, wenn es den nächsten Ampelübergang oder Zebrastreifen benutzen kann. In vielen Gemeinden werden Straßenübergänge auch durch Schülerlotsen gesichert. Die Schultüte Die Schultüte, egal ob gekauft oder selbst gebastelt, ist eine sehr schöne Tradition, um Ihrem Kind den ersten Schultag zu versüßen. Damit Ihr Kind aber am Abend keine Bauchschmerzen bekommt, kann man sie außer mit Süßigkeiten auch mit anderen Dingen wie etwa Obst füllen. Oder wie wäre es mit einem besonders schönen Bleistift mit Spitzer? Beides kann später auch das neue Federmäppchen bereichern. © Sven Klitsch / Pixabay.com 2

Coolness hin oder her: nicht zu groß sein und Ein Schulranzen dar f sollte nicht nach unten ziehen! Der Schulranzen Während die Schultüte nur ein Mal zum Einsatz kommt, wird der Schulranzen Ihr Kind lange Zeit begleiten. Er darf nicht zu groß und nicht zu schwer sein. Breite Riemen verhindern, dass der Ranzen Ihr Kind drückt. Reflektierende Streifen schützen Ihr Kind, besonders in der kalten, dunklen Jahreszeit, auf dem Schulweg. Bei aller Nützlichkeit sollte der Schulranzen Ihrem Kind natürlich auch gefallen. Eine hilfreiche Alternative bei zu schweren Schulranzen können die sogenannten „Trolleys“ sein, kleine Gestelle auf zwei Rädern. Auf sie kann man den Ranzen einfach aufschnallen und hinter sich herziehen. Das kann besonders bei sehr zarten Kindern eine Entlastung für den Rücken sein. Die Hausaufgaben Je nachdem, ob Ihr Kind eine Ganztagsschule besucht, nachmittags in den Hort geht oder aber den Nachmittag zu Hause verbringt, wird es daheim mehr oder weniger Hausaufgaben zu erledigen haben. Bei Hort- oder Ganztagsschulkindern sollten die Hausaufgaben größtenteils schon gemacht sein. Trotzdem möchte Ihr Kind Ihnen sicher zeigen, was es tagsüber geleistet hat. Der abendliche Blick in den Schulranzen sollte deshalb in jedem Fall zur Routine für Sie werden. Gerade am Anfang, in der ersten Klasse, bemühen sich die meisten Kinder sehr. LobenSie Ihr Kind dafür! Anerkennung und Lob sind für Ihr Kind außerordentlich wichtig. Wenn Sie allerdings den Eindruck haben, die Hausaufgaben seien oft nur lückenhaft oder schlampig gemacht, sprechen Sie mit den pädagogischen Hortmitarbeitern. In keinem Fall sollte Ihr Kind abends noch einmal längere Zeit nacharbeiten müssen. 3

die Hausaufgaben Machen Sie nicht Ihres Kindes. © picjumbo_com/ Pixabay.com Grundsätzlich sind die Hausaufgaben die Aufgaben des Kindes. Sie werden gegeben, um das in der Schule Gelernte zu üben und zu vertiefen. Darum ist es wichtig, dass Ihr Kind die Aufgaben selbst bewältigt, so gut es kann. Lassen Sie es also ruhig alleine arbeiten. Vielleicht bleiben Sie anfangs in Rufweite, falls Ihr Kind Fragen hat, aber setzen Sie sich nicht daneben und lösen Sie auch nicht seine Aufgaben. Hausaufgaben sind ein wichtiger Teil der Erziehung zur Selbstständigkeit, zur Verantwortungsübernahme. Hat Ihr Kind gelernt, selbstständig zu lernen, wird sich das in späteren Schuljahren außerordentlich positiv auswirken. Wichtige Voraussetzung für gutes Lernen ist ein geeigneter Hausaufgabenplatz: Ihr Kind braucht einen Schreibplatz, an dem es sich wohlfühlt. Das kann der Schreibtisch im Kinderzimmer, das kann aber durchaus auch der Küchentisch sein. Wichtig ist, dass Ihr Kind in Ruhe arbeiten kann. Kleinere Geschwister sorgen da leider oft für Störungen. Es kann helfen, wenn die kleine Schwester mit den Puppen auch „Schule spielt“ oder 4

Lassen Sie Ihrem Kind die Verantwor tung. während der Hausaufgabenzeit ein Bild malt oder ein Buch anschaut. Der Arbeitsplatz Ihres Kindes sollte hell genug und möglichst aufgeräumt sein, damit es nicht abgelenkt wird. Erstklässler sollten ihre Hausaufgaben in einer halben Stunde erledigt haben. Braucht Ihr Kind aber jeden Tag deutlich länger, dann schauen Sie zunächst einmal seine Arbeitsweise an. Neigt es vielleicht zum Trödeln? Oder nimmt es alles furchtbar genau? Vielleicht ist die Hausaufgabenmenge einfach generell zu groß? Dann sprechen Sie mit der Lehrkraft. Möglicherweise geht es anderen Kindern ja genauso. Für Lehrer ist es gut, Rückmeldung zu bekommen, um eine Klasse hinsichtlich der Hausaufgabenmenge richtig einschätzen zu können. Vergisst Ihr Kind öfter einmal, was es aufhat? Das ist gerade am Anfang, wenn die Kinder noch nichts aufschreiben können, nicht ungewöhnlich. Nehmen Sie es nicht so tragisch und lassen Sie die Verantwortung für die Vollständigkeit der Hausaufgaben bei Ihrem Kind. Es kann mit Ihrer Unterstützung selbst einen Klassenkameraden anrufen und nochmals nachfragen. Das hilft beim Hausaufgaben machen Sorgen Sie für einen festen Arbeitsplatz, an dem Ihr Kind seine Hausaufgaben machen kann – und zwar ohne Ablenkung durch Musik, Gespräche oder höchst interessante Dinge vor dem Fenster. Vereinbaren Sie feste Hausaufgabenzeiten, in denen Ihr Kind seine Aufgaben zu erledigen hat. Vielleicht helfen Sie ihm zu Beginn auch, sich die Aufgaben sinnvoll einzuteilen. Kleine Pausen sind wichtig, um sich auf neue Aufgaben einzustellen und sich wieder neu konzentrieren zu können. Fangen Sie am besten mit kurzen Arbeitsphasen von 10 bis 15 Minuten an. Diese werden dann mit der wachsenden Konzentrationsfähigkeit des Kindes immer weiter verlängert. Nach erledigter Arbeit gibt es ein freundliches Lob. 5

Im Alltag lässt sich allerlei Nützliches ausrechnen. Unterstützung zu Hause Auch zu Hause können Sie einiges tun, um Ihr Kind zu fördern: Lesen Sie mit Ihrem Kind! Lesen Sie zunächst die Texte aus dem Schulbuch. Nach einem Jahr können dann groß gedruckte Kinderbücher für Leseanfänger in Angriff genommen werden. Lesen Sie abwechselnd mit Ihrem Kind, jeder jeweils ein paar Zeilen. Setzen Sie sich dazu ruhig gemütlich aufs Sofa, so wie Sie das immer gemacht haben, als Sie mit Ihrem Kind Bilderbücher angeschaut oder ihm vorgelesen haben. Damit knüpfen Sie an etwas Positives an, an schöne, entspannte gemeinsame Lesestunden. Und jetzt kann Ihr Kind schon selbst etwas beitragen. Es ist nicht mehr nur passiver Zuhörer, sondern kann mehr und mehr auch Ihnen etwas vorlesen. Wenn das kein Grund ist, stolz zu sein! Wussten Sie? Erstklässler bekommen noch keine Zeugnisnoten, sondern Wortgutachten. Diese sind manchmal ziemlich allgemein gehalten und nicht immer leicht durchschaubar. Wenn Sie nicht alle Bewertungen bei einem Test oder im Zeugnis verstehen, wenden Sie sich an die Lehrkraft. (Siehe auch Elternbrief 27). Auch das Rechnen lernen können Sie im Alltag auf spielerische Weise unterstützen. Lassen Sie Ihr Kind berechnen, wie viele Teller Sie zum Abendessen brauchen, wenn Besuch kommt oder wie viele Gummibärchen noch übrig bleiben, wenn von einer bestimmten Menge ein Teil gegessen wurde. Bei viel Lob und Anerkennung durch Sie wird Ihr Kind Freude am Rechnen erleben. 6

• • • • • • • Konzentrieren kann man üben. Jetzt konzentrier’ dich doch! Konzentration spielt in der Schule eine große Rolle. Im Unterricht wie auch bei den Hausaufgaben ist es wichtig, bei der Sache zu bleiben und sich nicht immer von anderen Dingen ablenken zu lassen. Auch wenn Ihr Kind beim Spielen sehr konzentriert und ausdauernd sein kann, kann es sich bei den Hausaufgaben ganz anders verhalten. In ein Spiel vertieft sich Ihr Kind freiwillig und spontan. Bei den Schularbeiten soll es sich aber auch konzentrieren, wenn es gerade keine Lust dazu hat. Als Eltern können Sie etwas tun, um die Konzentrationsfähigkeit Ihres Kindes zu verbessern: Spielen Sie mit Ihrem Kind. Suchen Sie Spiele aus, bei denen man sich konzentrieren muss. Auch Ball- oder Bewegungsspiele sind geeignet, die Aufmerksamkeit zu fördern. Lesen Sie Ihrem Kind vor und reden Sie mit ihm. Das hilft ihm, Ausdauer und Konzentration zu erlernen, still zu sitzen und bei der Sache zu bleiben. Ihr Kind ist gedanklich herausgefordert, wenn es einer Geschichte oder einem Gespräch folgen möchte. Sorgen Sie für einen klaren Tagesablauf. Ausreichend Zeit am Morgen, feste Essenszeiten und ein ruhiger Tagesausklang sind wichtige Punkte. Hektik im Alltag wirkt sich auf die Konzentrationsfähigkeit Ihres Kindes negativ aus. Geben Sie Ihrem Kind kleine Aufgaben im Haushalt, die es selbstständig ausführen kann: Socken sortieren und zusammenlegen etwa oder den Tisch decken und abräumen. Ausreichend Bewegung, am besten an der frischen Luft, hilft Kindern, sich wieder konzentrieren zu können. Lassen Sie Ihr Kind nach der Schule also ein bisschen im Freien spielen. Sorgen Sie auch während des Tages für Ruhephasen, in denen Ihr Kind spielen, malen oder basten kann. Ihr Kind darf sich auch langweilen! Sorgen Sie nicht gleich für Ablenkung, wenn Ihrem Kind einmal fad ist. Schalten Sie vor allem nicht gleich den Fernseher ein, um die Langeweile zu überbrücken. Nach dem Fernsehen ist Ihr Kind umso zerstreuter! 7

Zeit für ein „erwachseneres “ Zimmer. Das Kinderzimmer Der Schulbeginn Ihres Kindes ist ein möglicher Anlass, das Kinderzimmer umzugestalten. Vielleicht haben Sie schon einen neuen Schreibtisch gekauft, der nun Platz finden muss. Bestimmt kann das eine oder andere Spielzeug aussortiert werden. Da für Ihr Kind ein neuer Lebensabschnitt beginnt, trennt es sich leichter von so manchen Dingen, die ihm nun zu „babyhaft“ erscheinen. So entsteht der Platz, den man braucht, um ein Zimmer an die Bedürfnisse eines Schulkindes anzupassen. Ihr Kind wird in seinem Zimmer immer noch viel spielen, aber auch Hausaufgaben machen, lernen, gemütlich in einer Ecke lesen und ab und zu Freunde zu Besuch haben. Planen Sie dies ein! Vielleicht teilt Ihr Kind das Kinderzimmer auch mit einem oder mehreren Geschwistern. Besonders mit jüngeren Geschwistern ist es schwierig, Schulsachen und Spielsachen getrennt zu halten. Spätestens wenn der kleine Bruder ins Arbeitsheft Ihres Schulkindes gekritzelt hat, kommt es zu Konflikten. Helfen Sie Ihrem Großen, seine Schulsachen vor „Übergriffen“ zu schützen. So signalisieren Sie allen Kindern: Schulsachen müssen geachtet werden. oder zumindest einem extra Schrankfach unterbringen. Schulsachen sollten für alle Geschwister tabu sein! Wenn das nicht geht, kann der Schreibtisch Ihres Kindes auch an einem ruhigen Platz außerhalb des Kinderzimmers aufgestellt werden. Achten Sie darauf, dass der Arbeitsplatz Ihres Kindes vor dem Lernen aufgeräumt und nicht mit allerlei Krimskrams zugestellt ist. Unordnung lenkt ab! Trennen Sie wenn möglich den Arbeitsbereich optisch vom Spielbereich ab. Die Schulsachen können Sie entweder im Schreibtisch, einem eigenen Regal 8

Au ch Schulkinder sollen noch viel spielen. Freizeit oder Freizeitstress? Bis zum Schulalter stellt sich für Kinder nicht die Frage nach Freizeit und Pflicht. Sie lernen, indem sie spielen. Natürlich wurde auch schon im Kindergarten im Rahmen der frühkindlichen Bildung darauf geachtet, dass Kinder etwas lernen, aber eben in spielerischer Form. Mit dem Eintritt in die Schule wird Ihr Kind in festere Strukturen eingebunden. Es besucht regelmäßig den Unterricht, macht täglich seine Hausaufgaben und hat anschließend Freizeit. Viele Kinder gehen dann einem Hobby nach, sind im Sportverein oder lernen ein Instrument. Dies gilt zwar auch als „Freizeit“beschäftigung, aber trotzdem kann ein Kind diese „Freizeit“ nicht selbst bestimmen. Es ist eben nicht „frei“. Der Großteil des Nachmittags sollte aber – auch für ein Grundschulkind – dem Spielen vorbehalten sein. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein Kind im Hort, in der Ganztagsschule oder zu Hause seine Nachmittage verbringt. Wichtig ist, dass es selbst Einfluss darauf hat, wie, was und mit wem es spielt. Auch Grundschulkinder lernen noch, indem sie spielen. An alte und vertraute Spielgewohnheiten können neue Erfahrungen, die sie etwa in der Schule machen, anknüpfen. Das Spiel hilft ihnen außerdem, Erlebnisse aus der Schule zu verarbeiten. Im Spiel finden sie Sicherheit und Geborgenheit. Seien Sie also nicht beunruhigt, wenn Ihr Kind jetzt Spiele bevorzugt, die auf Sie besonders einfach und kindlich wirken. Bei all dem Neuen, das auf Ihr Kind einwirkt, sucht es am Nachmittag weniger die Herausforderung, als vielmehr das Vertraute und Gewohnte. Geben Sie ihm die Zeit und den Freiraum, den es zum Spielen braucht. 9

• Der Alltag dar f die Liebe nicht auffressen. Inseln im Familiengetriebe Denken Sie noch manchmal zurück, wie es war, bevor Sie eine Familie wurden? Wie es war, bis spät in die Nacht auszugehen und am nächsten Tag gemütlich auszuschlafen? An lange Gespräche mit Ihrem Partner, weite Spaziergänge, fröhliche Abende mit Freunden? Seither ist sehr viel in Ihrem Leben passiert. Sie haben eine Familie gegründet. Sie haben ein oder mehrere Kinder bekommen, erziehen sie und begleiten sie in ihrer Entwicklung. Sie leben und arbeiten Tag für Tag in und mit und für diese Familie. Besonders eine Familie mit Kindergarten- und Schulkindern hält sehr viele Alltagsaufgaben für Sie bereit. Vieles im Tagesrhythmus haben Sie sich nicht selbst ausgesucht, das meiste ist vorgegeben – durch Ihren eigenen Arbeitsalltag, durch Schule oder Kindergarten und durch das Familienleben. Ihre Schlaf- und Ernährungsgewohnheiten, Ihr Medienkonsum, Ihr Freizeitverhalten, vielleicht auch Ihr Wohnumfeld, Ihr Arbeitsalltag – all das hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Sie haben es den Bedürfnissen Ihrer Kinder und Ihrer Familie angepasst. Doch was ist mit Ihrer Beziehung? Hat auch sie sich den Umständen angepasst? Ist aus der früheren Liebesbeziehung nun ein Team geworden, das die anstehenden Aufgaben mehr oder weniger reibungslos bewältigt? Dass man als Paar im Alltag gut miteinander klar kommt und funktioniert, ist wichtig. Das sollte man nicht unterschätzen. Darüber hinaus ist es aber auch schön, wenn es in der Beziehung noch gelegentlich „Sternstunden“ gibt: Gönnen Sie sich von Zeit zu Zeit einen Abend, der Ihnen beiden ganz allein gehört: an dem Sie zu zweit essen gehen, ins Kino gehen, tanzen, während Ihre Kinder von einem Babysitter, den Großeltern oder einer anderen Vertrauensperson betreut werden. Versuchen Sie, diese Abende möglichst regelmäßig stattfinden zu lassen – ein Mal im Monat vielleicht – und unternehmen Sie miteinander Dinge, die beiden Spaß machen. 10

• • • Eltern brau chen Zeit zu zweit! Versuchen Sie auch während der Woche, sich nicht ganz im Alltag zu verlieren. Wie wäre es mit einem Abend in der Woche, an dem das Fernsehgerät nicht eingeschaltet wird? An dem Sie beide sich einfach nur unterhalten? Darüber, wie es Ihnen geht, was Ihre Pläne sind, Ihre Wünsche und Hoffnungen? Achten Sie bei diesen Gesprächen darauf, dass Sie beide gleichermaßen zu Wort kommen. Bleiben Sie neugierig auf den anderen, fragen Sie nach und hören Sie zu. Bringen Sie sich aber auch selbst ein. Denn ein Gespräch, bei dem nur der eine spricht und der andere gar nichts sagt, führt unweigerlich zu Frustrationen. Achten Sie jeden einzelnen Tag aufeinander und zeigen Sie einander, dass Sie sich mögen: durch kleine Gesten und Zärtlichkeiten, eine spontane Umarmung, das Interesse am anderen. Nachfragen wie „Wie war dein Tag?“ oder „Wie geht es dir?“ sind wichtig, um miteinander in Kontakt zu bleiben. Aufmerksamkeiten wie eine liebe Nachricht übers Handy oder ein Zettelchen, ein paar Blumen oder eine kleine Süßigkeit zeigen dem anderen, dass er Ihnen etwas bedeutet, dass er für Sie mehr ist als nur ein funktionierender Teil im Familienteam. Denken Sie noch einmal zurück an Ihre erste Zeit zusammen, lange vor der Familiengründung. Was haben Sie gerne miteinander gemacht? Womit konnten Sie Ihrer Partnerin, Ihrem Partner eine besondere Freude machen? Ihnen wird eine Menge einfallen, wie Sie im Alltag kleine Inseln der Zweisamkeit schaffen können. © pixel2013 / Pixabay.com 11

Kinder versu chen, die Familie zu schützen. Psychische Erkrankungen Depressionen, Zwänge, Ängste, Schizophrenie oder andere Persönlichkeitsstörungen: Psychische Erkrankungen können natürlich auch Eltern betreffen und haben ernste Auswirkungen auf die ganze Familie, insbesondere auf die Kinder. Gerade Eltern haben eine besondere Verantwortung, aber auch eine besonders hohe Motivation, sich bei einer psychischen Erkrankung in ärztliche Behandlung zu begeben und sich auch anderweitig Unterstützung zu suchen. Psychotherapie, Beratung und die regelmäßige Teilnahme an Selbsthilfegruppen können psychisch kranke Eltern, neben der nervenärztlichen Behandlung, unterstützen und stabilisieren. Manchmal wird sogar ein Klinikaufenthalt nötig sein, um die Erkrankung so weit wie möglich in den Griff zu bekommen. Die Kinder psychisch kranker Eltern reagieren unterschiedlich auf die familiäre Belastung. Viele von ihnen sind nach außen hin eher unauffällig und sprechen nicht gerne über ihre Probleme. Diese Kinder versuchen, ihre Familie zu schützen und nach außen abzuschotten. In den Kindern selbst sieht es allerdings oft anders aus: Die Reaktionen psychisch kranker Menschen sind ja für Erwachsene schon oftmals schwer verständlich und nachvollziehbar, umso mehr für Kinder. Ihr Selbstwertgefühl kann darunter leiden. Sie fühlen sich selbst als böses, dummes oder arg ungeschicktes Kind, wenn ihre Eltern nicht die nötige Geduld aufbringen oder einfach unberechenbar sind. Solche Kinder wirken oftmals sehr erwachsen und vernünftig, möchten alles richtig machen und neigen dazu, ihre Eltern zu „bemuttern“. Andere Kinder reagieren auf solche Belastungen aggressiver und bringen ihre Not nach außen. Nägelkauen, Schulprobleme, Überaktivität und Kontaktschwierigkeiten sind häufige Symptome. Die Kinder kommen, zusätzlich zu den häuslichen Belastungen, dadurch auch noch in Konflikt mir ihrem Umfeld. Das wiederum schadet ihrem Selbstbild, denn aus ihrer kindlichen Sicht heraus erleben sie sich selbst als die Ursache der Probleme. Glücklicherweise werden bei solchen verhaltensauffälligen Kindern Lehrer und andere Bezugspersonen schneller auf die besonderen Schwierigkeiten aufmerksam, sodass auch eher Hilfe mobilisiert werden kann. 12

Ihr Kind muss über die Erkrankung Bescheid wissen. Wenn ein Elternteil psychisch erkrankt ist, ist es wichtig, die Kinder darüber altersgerecht zu informieren. Für betroffene Eltern ist das nicht so einfach. Schamgefühle oder die eigene labile Stimmungslage können es sehr schwer machen, mit seinen Kindern offen zu reden. Vielleicht kann der nicht erkrankte Elternteil dies übernehmen. Auch ein Arzt oder eine Psychologin kann mit den Kindern über die Erkrankung ihrer Mutter oder ihres Vaters sprechen. Diese Aufklärung ist wichtig, damit Kinder das Verhalten des erkrankten Elternteils verstehen können und es nicht auf sich selbst beziehen. Man muss ihnen zeigen, wie sie mit der Situation besser umgehen können. Wichtig ist auch, dass die Kinder die Möglichkeit haben, mit anderen Menschen über ihre Situation zu Hause zu sprechen. Auch die Lehrer sollten darüber informiert sein, dass der Schüler oder die Schülerin zu Hause besonderen Belastungen ausgesetzt ist. Wenn die psychische Erkrankung als „Familiengeheimnis“ behandelt wird, nimmt man den Kindern die Chance, sich aktiv mit der Situation auseinanderzusetzen und sie so gut wie möglich zu verarbeiten. Bei Alleinerziehenden ist diese Offenheit nach außen besonders wichtig: Ihr Kind muss zu jedem Zeitpunkt Hilfe suchen können, wenn es Mutter oder Vater einmal besonders schlecht geht. Bei Jugendämtern finden belastete Familien besondere Hilfestellungen: zum Beispiel Erziehungshilfen wie etwa die Erziehungsbeistandschaft oder aufsuchende Familienhilfe. Dabei werden erkrankte Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder regelmäßig beraten und auch im Alltag praktisch unterstützt. Scheuen Sie sich nicht und nehmen Sie Kontakt auf. 13

nicht mehr viel Abends trinken. g-oßes Eis! Ich mag ein Trockene Nächte Knapp zehn Prozent der Siebenjährigen und immerhin noch fünf Prozent der Zehnjährigen machen nachts noch ab und zu ins Bett. Eltern fragen sich dann natürlich, ob alles in Ordnung ist mit dem Kind. Entwickelt es sich gut oder ist es „hinten dran“? Hat es vielleicht Probleme oder seelische Not? Viele Kinder, die nachts einnässen, schlafen oft so fest, dass sie gar nicht merken, wenn ihre Blase zu voll ist. Kinder, die tagsüber noch einnässen, spüren zwar den Harndrang, können aber schlecht einschätzen, wann sie zur Toilette gehen sollten. Sie können ihre körperlichen Signale nicht so gut wahrnehmen und entsprechend kontrollieren. Als Grund vermutet man u. a. Reifungsverzögerungen im kindlichen Gehirn. Manchmal hilft es schon, wenn ein Kind nach 17 Uhr nichts mehr trinkt. Manche Eltern wecken ihr Kind auch nochmals auf, bevor sie selbst ins Bett gehen, und begleiten es im Halbschlaf zur Toilette. Die Körperwahrnehmung des Kindes wird dadurch zwar nicht beeinflusst, aber man kann damit die Zeit überbrücken, bis die Wahrnehmungszentren im Gehirn des Kindes genug entwickelt sind, um von selbst zu merken, wann es Zeit ist, zur Toilette zu gehen. Man unterscheidet allgemein zwischen primärem und sekundärem Einnässen: Beim primären Einnässen war ein Kind noch niemals länger als ein halbes Jahr trocken. Die sekundären Einnässer waren bereits über einen längeren Zeitraum trocken und haben, oft nach belastenden äußeren Ereignissen, wieder angefangen einzunässen: etwa nach der Geburt eines Geschwisterchens, nach einem Umzug oder bei Krisen in der Familie. Was ist zu tun? Am Anfang steht die medizinische Abklärung, um organische Ursachen (wie etwa chronische Blasenentzündung oder Nierenfehlfunktion) sicher ausschließen zu können. Wenn Ihr Kind organisch gesund ist, aber trotzdem einnässt, können Sie sich an eine Erziehungsberatungsstelle oder Kinder- und Jugendpsychotherapeutin wenden. Es gibt verschiedene verhaltenstherapeutische Techniken, die gute Heilungserfolge haben. Hilfreich ist beispielsweise das Führen eines Tagebuches, 14

• • • • • Einnässen hat nichts mit Willensschwäche zu tun. um das Bewusstsein und die Konzentration des Kindes zu fördern. Dabei stehen die Symbole „Wölkchen“ und „Sonne“ für nasse und trockene Nächte. Hat Ihr Kind in einer Woche zwei oder drei Sonnen geschafft, darf es zum Beispiel mit auf einen kleinen Ausflug. In Verbindung mit diesem Belohnungssystem sind die Erfolgschancen sehr gut. Wie kann ich helfen? Schimpfen Sie Ihr Kind nicht. Es ist nachvollziehbar, dass es an Ihren Nerven zerrt, immer wieder das Bett abziehen und das gesamte Bettzeug waschen zu müssen. Aber auch und gerade für Ihr Kind ist die Situation belastender als für Sie. Es kann etwas nicht, was alle anderen können. Und es ist beschämt, weil das scheinbar etwas so Einfaches ist. Beschämen Sie Ihr Kind nicht, indem Sie vor ihm mit anderen über das Einnässproblem sprechen. Wenn Sie dies mit dem Arzt oder der Therapeutin erörtern, tun Sie das am besten zunächst einmal alleine. Auch innerhalb der Familie sollte das Thema mit viel Taktgefühl und möglichst auch mit Gelassenheit behandelt werden. Lassen Sie Ihr Kind nicht zum Außenseiter werden. Wenn es sich zum Beispiel nicht zutraut, bei anderen zu übernachten, erlauben Sie ihm, einen Freund oder eine Freundin über Nacht einzuladen. Auch wenn Sie Medikamenten gegenüber skeptisch sind: Wenn eine Klassenfahrt ansteht und Ihr Kind gerne mitfahren würde, könnte solch ein Medikament Ihrem Kind kurzfristig helfen, für einen gewissen Zeitraum trocken zu bleiben. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt. Stärken Sie das Selbstwertgefühl. Ihr Kind hat so viele gute Eigenschaften! Zeigen Sie ihm, dass es tüchtig und liebenswert ist. Zeigen Sie ihm, dass Sie es – egal ob nass oder trocken – sehr lieb haben. 15

ClimatePartner 0 klimaneutral Druck 110: 10822-1-408·1001 FSC www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC• C108626 IJ ~ Bayerisches Staatsministerium für Famil ie, Arbeit und Soziales B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T Weitere Informationen: Die Elternbriefe können Sie auch online lesen, herunterladen oder als Newsletter abonnieren: beim OnlineRatgeber "BAER", www.baer.bayern.de, des Bayerischen Landesjugendamtes. Dort finden Sie auch weitere ausführliche Informationen zu vielen der hier genannten Themen. Psychisch kranke Eltern wenden sich am besten zunächst an ihre Hausärztin oder Hausarzt oder an eine Psychiaterin oder einen Psychiater. Sozialpsychiatrische Dienste unterstützen mit Beratung und Gruppen. Für die Kinder gibt es bei manchen Jugendämtern inzwischen sogenannte Patinnen oder Paten, die sich vor allem in Krisenzeiten um sie kümmern. Auch das Jugendamt selbst kann Hilfestellungen, z.B. durch sogenannte Familienhilfen, leisten. Einnässen Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen oder -Therapeuten bieten Kindern und Eltern Beratung, Unterstützung und Therapie an. Die Kosten übernimmt in der Regel die Krankenkasse. Auch Erziehungsberatungsstellen können weiterhelfen. Im nächsten Elternbrief: – Wie wird mein Kind selbstbewusst – Zoff im Kinderzimmer – Sieben Tipps zum Streit schlichten – Großeltern sind wichtig – Haustiere – Rund um die Schule: Stress am Morgen – Läusealarm – Diagnose AD(H)S – Familie hat viele Gesichter: Suchterkrankungen in der Familie Die Elternbriefe werden gefördert durch: 24 Herausgegeben vom Zentrum Bayern Familie und Soziales – Bayerisches Landesjugendamt (BLJA) V.i.S.d.P.: Hans Reinfelder Postanschrift: Postfach 400260 80702 München www.blja.bayern.de Überreicht durch Ihr Jugendamt Illustrationen: Birgit Baude, München – Druck: MKL Druck © Bayerisches Landesjugendamt, Stand: Januar 2022 ISBN 3-935960-23-9 Artikelnummer: 10202124

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