Elternbrief Nr. 20

Fantasiewesen e haben für Ihr Kind eine besonder Bedeutung. Wann kommt der Nikolaus? Kommt im Advent der Nikolaus zu Ihrem Kind? Versteckt bei Ihnen der Osterhase die Eier? Und holt nachts die Zahnfee die Milchzähne ihres Kindes ab? Moderne Eltern haben manchmal Probleme damit, ihrem Kind vermeintlich „etwas vorzumachen“. Sie gehen rational an die Sache heran und lassen Nikolaus, Osterhase oder Zahnfee keinen Raum in der Familie. Bruno Bettelheim, ein bekannter Psychoanalytiker und Buchautor („Kinder brauchen Märchen“) bricht eine Lanze für Fantasiefiguren. Grund dafür ist, dass Kinder zwischen zwei und sechs Jahren sich in ihrer magischen Phase befinden. Die Magie eines schenkenden Wesens gibt den Feiertagen einen Zauber, der Kinder glücklich und stark macht. Zudem ist es für Kinder sehr viel besonderer, Geschenke von einem überirdischen Wesen zu bekommen als von seinen Eltern. Dem Osterhasen müssen sie auch nicht dankbar sein. Selbst wenn gerade der Haussegen schief hängt, weil man „blöde Mama“ gesagt hat, kann man die Geschenke des Christkinds ohne schlechtes Gewissen annehmen. Kinder, denen zu früh der Glaube an diese besonderen Wesen genommen wird, hören nicht etwa auf, an sie zu glauben. Sie denken eher, dass der echte Nikolaus zu allen anderen Kindern kommt, nur nicht zu ihnen, und sind traurig. Ihr Kind wird das magische Denken aufgeben, wenn es mehr Erfahrungen in der Wirklichkeit gesammelt hat. Es wird sich von sich aus von den Zauberfiguren seiner Kindheit lösen. Eltern und Kinder scherzen danach oftmals noch darüber und tun so, als gäbe es sie doch – die schönen Vorstellungen werden so noch einmal kurz aus der Erinnerung hervorgeholt und neu belebt. Damit gelingt auch der sanfte Abschied von der kindlichen Fantasiewelt. Die warmen Empfindungen aus dieser Zeit jedoch wird Ihr Kind mitnehmen. Später können genau diese ihm helfen, das reale Leben besser zu meistern. Vielleicht ist Ihnen dennoch unbehaglich bei der Vorstellung, Ihrem Kind Geschichten zu erzählen, die aus Ihrer Sicht nicht wahr sind. Das müssen Sie auch nicht, wenn Sie nicht wollen. Aber Sie müssen auch nicht aktiv versuchen, die kindlichen Vorstellungen zu korrigieren. 10

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