16. Elternbrief Erziehungsratgeber Bayerisches Landesjugenda

Regeln und Grenzen geben Halt. - - - - - - Briefe B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T 16 INHALT 3 Jahre 6 Monate Kleine Abenteurer brauchen Sicherheit Ihr Kind wird im Kindergarten immer eigenständiger, auch wenn ihm das morgendliche Abschiednehmen manch mal noch schwerfällt. Es hat sich eigene Freunde zum Spie len gesucht, erkundet seine Umgebung und probiert Neues aus, ohne Mama oder Papa im Rücken zu haben. Dass die se neue Freiheit einem Kind auch Angst macht, ist nor mal. Manche Kinder klammern in dieser Zeit wieder verstärkt, denn das Rückversichern bei den Eltern gibt Kraft und Mut für die nächste Entdeckungs reise. Es ist wichtig, immer klare Grenzen zu setzen, die Ordnung, Halt und Orientierung geben. Ein Kinderleben ist turbu lent und verwirrend genug! Die Welt Ihres Kleinen wird immer größer und aufregender. Tag für Tag entdeckt Ihre Tochter etwas Neues, wird Ihr Sohn kühner und wagemutiger. Aber wie sollen Kinder sich in dieser unübersichtlichen Welt zurechtfinden? Damit es sich nicht verläuft oder verletzt, braucht Ihr Kind klare Regeln und Grenzen! Das gibt ihm Orientierung und Sicherheit. So muss Ihr Dreijähriges etwa wissen, dass es die Straße nur an Mamas Hand überqueren darf, die größere Schwester aber schon allein nebenherlaufen kann. 3 Kinder brauchen Regeln 4 Sandkastenfreunde 6 Familienklima 7 Gemeinsam essen 10 Sozialverhalten 12 Neue Welten erleben 14 U8 / Zahnpflege 15 Mit links geht’s auch

Schreiben Sie Ihrem Kind nicht zu viel vor. © Poison Ivy / Pixabay.com Wie eng oder weit Grenzen gesetzt werden, hängt von Ihnen ab. Sie bestimmen nämlich, wo’s langgeht. Aber die Grenzen dürfen nicht zu fest und starr sein. Sie sollten immer wieder dem Alter des Kindes angepasst werden. Und sie sollten das richtige Maß haben. Sind sie zu lasch, fühlt sich Ihr Kind allein gelassen, sind sie zu eng, wird es sich eingesperrt fühlen und früher oder später ausbrechen wollen. Um sich gesund entwickeln zu können, braucht Ihr Kind auch Freiraum. Es muss Dinge ausprobieren können und lernen, erste kleine Schritte alleine zu gehen. 2

Kinder brau chen Konsequenz . Kinder brauchen Regeln Damit das Familienleben gut funktioniert, braucht es sinnvolle Regeln. Diese müssen nachvollziehbar sein und für alle gelten. Ihr Kindergartenkind wird wenig Verständnis dafür haben, dass es seinen eigenen Rucksack aufräumen soll, wenn die anderen in der Familie ihre Taschen beim Heimkommen in die Ecke pfeffern. Machen Sie Ihrem Kind klar, dass das Nichteinhalten von Regeln großes Chaos verursacht. Erklären Sie, warum das schlecht ist – und zeigen Sie, dass es Folgen hat. Wenn Ihr Kleines die Aufforderung, seine Sachen wegzuräumen, konsequent ignoriert, werden Sie auch mit Ihrem fünften Appell nicht weiterkommen. Nein, jetzt ist Konsequenz angesagt. Ihr Kind muss spüren, dass sein Handeln Folgen hat und zwar unmittelbar. So wird es zum Beispiel damit leben müssen, dass die gemeinsame Spielzeit ausfällt, wenn Mama oder Papa stattdessen beim Aufräumen helfen muss. Allerdings ist nicht immer alles so klar. Wenn eine Ihrer Regeln zum Beispiel lautet „Um sieben Uhr ist Bett-geh-Zeit“ und es hat sich überraschend Besuch vom Patenonkel angekündigt, so wird es Ihnen sicher schwerfallen, Ihr Kind zur gewohnten Zeit zu Bett zu bringen. Aber das ist in Ordnung, denn Kinder brauchen auch Ausnahmen! Ihr Kind wird es verstehen und es auch nicht schamlos ausnutzen, wenn es diesen einen Abend länger aufbleiben und den spannenden Geschichten seines Onkels lauschen darf. Es hat dadurch das Gefühl, dass es ernst genommen und nicht einfach abgeschoben wird. Wichtig ist auch, dass Sie sich Ihrer eigenen nervlichen Grenzen bewusst sind. Wenn Sie zu oft nachgeben, weil Sie Angst davor haben, den Freiraum Ihres Kindes einzuschränken, werden Sie vermutlich irgendwann unverhältnismäßig ärgerlich und ungerecht reagieren. Vielleicht verlieren Sie dafür zu einem für Ihr Kind völlig unverständlichen Zeitpunkt die Nerven und schreien es an. Solche Situationen lassen sich vermeiden, wenn Sie Ihre eigenen Grenzen kennen und achten. 3

Geben Sie Ihrem Kind die Chance, Freundschaften im Kindergar ten zu schließen. Sandkastenfreunde Ihr Kind ist nun in einem Alter, in dem es die ersten tragfähigen Freundschaften knüpft. Eine Kinderfreundschaft kann ein paar Wochen und Monate, aber auch Jahre oder sogar ein Leben lang halten. Nicht wenige Menschen haben auch als Erwachsene noch Freunde aus der Kindergartenzeit. Freundschaften unter Kindern sind sehr wichtig für deren Entwicklung und für ihre Selbstständigkeit. Beim gemeinsamen Spielen lernen sie Wettbewerb, aber auch Zusammenarbeit und Rücksicht auf Schwächere. Kinder können verschiedene Dinge unterschiedlich gut und so bekommt Ihr Kind bei seinen Freunden immer wieder Anregungen, neue Spielideen und wird angespornt, Verschiedenes auszuprobieren. Das Kind, dem jedes Bilderbuch zu langweilig ist, wird bei seinem lesebegeisterten Freund vielleicht eher Zugang zu Kinderbüchern finden als zu Hause durch seine Eltern. Und der Stubenhocker, der sich nur ungern bewegt, wird von der quirligen Freundin möglicherweise angespornt, Fangen zu spielen oder die Rutsche am Spielplatz zu erklimmen. Nun suchen sich Kinder leider nicht immer die Freunde aus, die auch den Eltern gut gefallen. Vielleicht geht es Ihnen ja auch manchmal so: Der beste Freund, © Cheryl Holt / Pixabay.com 4

Ihr Kind su cht sich seine Freunde jetzt selbst aus. die beste Freundin Ihres Kindes erscheint Ihnen verwöhnt oder frech, oder aber Sie finden die Eltern etwas unsympathisch. Das müssen Sie leider akzeptieren. Früher war das anders: Da wurden die Spielfreunde Ihres Kindes von Ihnen „handverlesen“: Sie als Eltern hatten die Kontakte mit anderen Eltern geknüpft und Kinder, die Ihnen geeignet erschienen, zu sich eingeladen. Jetzt im Kindergarten trifft Ihr Kind jedoch seine eigene Wahl. Es verabredet sich selbst, wird zu Kindergeburtstagen eingeladen und möchte seine Freude auch zu sich mit nach Hause bringen. • Versuchen Sie, den Freundinnen und Freunden Ihres Kindes und auch deren Eltern offen gegenüberzutreten. • Respektieren Sie auch andere Kulturen oder andere Lebensund Erziehungsstile. Durch Ihr Kind bekommen Sie die Chance, Menschen kennenzulernen, denen Sie vielleicht sonst nie begegnet wären. • Selbstverständlich ist es Ihr gutes Recht, in Ihrem Zuhause die Regeln vorzugeben. Kinder, die bei Ihrem Kind zu Besuch sind, sollten sich auch daran halten. Respektieren Sie aber auch, dass in anderen Familien nicht dieselben Regeln gelten wie bei Ihnen. • Wenn Ihr Kind bei seinem Freund Dinge darf, die Sie nicht für vertretbar halten, wie etwa lange fernsehen oder Cola trinken, suchen Sie am besten das Gespräch mit den Eltern. Bewerten Sie nicht die Haltung der anderen Familie, aber versuchen Sie, einen Kompromiss zu finden. • Wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihr Kind in der Familie seines Freundes, seiner Freundin grundsätzlich nicht gut aufgehoben ist, lassen Sie die Kinder lieber bei Ihnen zu Hause spielen oder gehen Sie mit ihnen auf den Spielplatz. 5

Kinder spüren, wenn etwas nicht in Ordnung ist . Familienklima Wie ist normalerweise die Stimmung bei Ihnen zu Hause? – In jeder Familie herrscht eine charakteristische Atmosphäre, die für alle Mitglieder sehr prägend ist. Unser Wohlbefinden, und ganz besonders das unserer Kinder, hängt in hohem Maße von der Stimmungslage in der Familie ab. Besonders Kinder sind auf ein gutes Familienklima angewiesen. Kinder sind sensibel und „atmen Atmosphäre“: Je kleiner sie sind und je weniger sie verstehen können, desto mehr nehmen sie die Stimmung, die sie umgibt, in sich auf. Sie leiden unter einer schlechten Stimmung und sind glücklich, wenn zu Hause alles im Lot ist. Natürlich unterliegt das Klima in einer Familie bestimmten Schwankungen. Sorgen und Konflikte können sich belastend auswirken. In jeder Familie hängt gelegentlich der Haussegen schief. Wichtig ist, dass Konflikte angesprochen und, wenn möglich, positiv gelöst werden. Was ist sonst noch ausschlaggebend für ein gutes Familienklima? Wichtig ist, • dass Sie sich gegenseitig mögen und schätzen. • dass Sie das einander auch zeigen und sich gegenseitig Wärme und Geborgenheit geben können. • dass Sie Ihre Meinung sagen und Ihre Gefühle zeigen. • dass sich die Familienmitglieder gegenseitig unterstützen und einander dazu anregen, aktiv zu sein, ohne Leistungsdruck aufzubauen. Was können Sie tun, damit zu Hause ein entspanntes Klima herrscht, Ihre Kinder sich wohlfühlen und gut entwickeln? • Zeigen Sie Ihrem Kind, dass Sie es gernhaben! Nehmen Sie es immer wieder einmal liebevoll in den Arm! Loben und ermutigen Sie es! • Nehmen Sie sich Zeit für jedes einzelne Ihrer Kinder und verbringen Sie diese Zeit auch einmal allein mit ihm! • Geben Sie Ihrem Kind das Gefühl, wichtig zu sein und ernst genommen zu werden! • Schaffen Sie eine Atmosphäre des Zusammenhalts und der Zusammengehörigkeit, vermitteln Sie Ihren Kindern, dass sie in der Familie angenommen sind, beachtet und gefördert werden. 6

Kinder leiden besonders darunter, wenn es Ärger in der Familie gibt . Wichtig sind gemeinsame Mahlzeiten. Vielleicht ist es möglich, wenigstens einmal am Tag als Familie zusammen zu essen und sich über das auszutauschen, was für jeden gerade wichtig ist. Wenn dies während der Woche nicht geht, können Sie zumindest am Wochenende darauf achten, dass beim Essen die ganze Familie zusammenkommt. Auch wenn es heute mit Schichtarbeit und flexiblen Arbeitszeiten nicht einfach ist: Nutzen Sie die Zeiten, in denen die Familie beim Essen zusammensitzen kann. Bei den gemeinsamen Mahlzeiten sollte jedes Familienmitglied einmal zu Wort kommen. Fragen Sie nach, was Ihr Kind erlebt hat und hören Sie gut zu! Auch Sie als Eltern können aus Ihrem Alltag berichten, allerdings so, dass auch Ihr Kind damit etwas anfangen kann. Problemgespräche oder größere Auseinandersetzungen unter den Partnern gehören nicht hierher. Bei Gesprächen mit dem Kind kommt es nicht nur darauf an, was Sie sagen. Auch das, was Sie nicht sagen, was aber spürbar ist, beeinflusst Ihr Kind. Darum ist es wichtig, offen zu sprechen, nicht indirekt. Wenn der Unterschied zwischen dem, was ein Kind hört („Nein, Papa ist nicht böse!“) und dem, was es sieht oder fühlt (ernster Gesichtsausdruck, Spannung) zu groß ist, wird ein Kind unruhig und verwirrt. Es lernt, dass es seiner eigenen Wahrnehmung („Papa sieht sauer aus.“) anscheinend nicht trauen kann. Sagen Sie also ruhig, wie es Ihnen geht, aber achten Sie darauf, wie Sie es sagen: Vermeiden Sie Verallgemeinerungen und Übertreibungen. Sagen Sie nicht: „Das ist doch immer dasselbe mit dir, deine ewige Trödelei Tag für Tag!“, sondern lieber: „Ja, ich ärgere mich gerade, weil du so trödelst.“ Merken Sie den Unterschied? 7

i ) 4 sOmi ' ,h:-f'l..'nd ~, ( li~ti Gr. . 1 -. - w 6 7 'ß Besprechen Sie nicht nur Dinge – unterhalten Sie sich au ch . Für Gespräche unter den Partnern fehlt es bei den meisten Paaren mit Kindern an Gelegenheit. Die Erfahrung zeigt, dass sich ein intensives Gespräch selten spontan ergibt. Eheberater empfehlen, regelmäßig Zeit für Partnergespräche einzuplanen. Das kann ein fester Abend in der Woche sein, an dem Sie sich, sobald die Kinder im Bett sind, bei einer Kanne Tee oder einem Glas Wein zusammensetzen und sich unterhalten. Wenn Sie einen Babysitter organisieren können, ist es auch schön und sinnvoll, die heimischen vier Wände einmal wieder zu verlassen und miteinander auszugehen. Aber auch der Alltag will geplant sein! Was junge Familien heute tagtäglich vollbringen, ist oftmals eine logistische Meisterleistung. Wer wann wo die Kinder betreut, Geld verdient, Haushalt macht, Termine wahrnimmt, vielleicht auch mal seinen Interessen nachgehen kann – das Leben ist im Vergleich zu früher sehr viel komplizierter geworden. Darum ist es nötig, auch den gemeinsamen Alltag zu organisieren. Familienkalender, wie sie vielerorts angeboten werden, bieten hierfür eine gute Hilfe. Für jedes Familienmitglied gibt es eine eigene Spalte, in die seine Termine eingetragen werden. Denn auch Ihr 8

In einer Familie muss nicht alles per fekt laufen. Kind hat schon Termine! Das kann die Vorsorgeuntersuchung sein oder der Kindergeburtstag, die Übernachtung bei Opa und Oma oder das Kindergartenfest. Am besten, Sie tragen die Termine mit Ihrem Kind gemeinsam ein, vielleicht möchte es auch selbst etwas dazu malen. Auch Sie als Eltern können Ihre Termine im Kalender festhalten und für die anderen Familienmitglieder nachvollziehbar machen. Das macht Ihnen das Leben leichter und Ihr Kind erlebt, wie man sich als Familie miteinander abstimmt. Trotz Kalender ist es sinnvoll, am Anfang der Woche die Termine miteinander durchzugehen, sich miteinander abzustimmen und die Aufgaben zu verteilen. Wer geht Mittwoch mit dem Kleinen zum Zahnarzt? Kann einer der Partner Montagabend zum Sport gehen und der andere bringt die Kinder ins Bett? Müssen Mutter oder Vater abends länger arbeiten? – All das kann besprochen und am besten gleich verbindlich festgelegt werden. Wenn möglich, kann die Familie auch am Morgen noch kurz über die Pläne und Aufgaben des Tages sprechen, damit nichts vergessen wird. Übernehmen Sie als Eltern möglichst beide die Verantwortung für den gemeinsamen Alltag. So können Sie viel Stress und Ärger vermeiden und die verbleibende Zeit mit Ihren Lieben entspannt und angenehm verbringen. Sie müssen keine perfekte Familie sein. Ihre Familie ist ein guter Ort für Kinder, wenn Sie sich den Aufgaben des Familienlebens und der Erziehung stellen, Konflikte so fair wie möglich austragen und die Bedürfnisse Ihrer Kinder im Blick behalten. Dann wird auch das Familienklima so sein, dass Sie als Eltern und Ihre Kinder sich gleichermaßen wohlfühlen. 9

Den richtigen Umgang mit anderen muss ein Kind erst lernen. Sozialverhalten lernen Die erste Zeit im Kindergarten ist für Ihr Kind ein großes Abenteuer. Viele der anderen Kinder sind älter und Mama und Papa sind nicht da, um einen zu unterstützen. Manche Kinder knüpfen gerne von sich aus Kontakte zu anderen, manche stehen allerdings erst einmal vorsichtig an der Seite und beobachten das Ganze. Jedes Kind hat seine eigene Art, mit neuen Situationen umzugehen. Ihr Kind lernt im Kindergarten, sich in eine Gruppe einzufügen, zu beobachten und nachzuahmen. Es wird Freundschaften schließen. Wie schon in der Spielgruppe, im Freundeskreis oder in seiner Tagesbetreuung wird es auch hier mit bestimmten Kindern besonders gerne spielen. Es lernt, manche Menschen besonders zu mögen und das auch zu zeigen. Das ist ein großer Schritt in Richtung Beziehungsfähigkeit. Aber Ihr Kind lernt nicht nur andere Kinder kennen, es entwickelt auch eine Beziehung zu den Erzieherinnen. Außer mit Ihnen, seinen Eltern, muss es jetzt also auch mit anderen Erwachsenen zurechtkommen. Es übt den Umgang mit Autoritäten. Es lernt, sich unterzuordnen, aber auch sich mitzuteilen. Die Erzieher werden immer wieder versuchen, die Kinder in Entscheidungen mit einzubeziehen. Damit fördern sie ihr Verantwortungsgefühl. Auch das ist ein wichtiger Baustein für die Zukunft Ihres Kindes. 10

Im Kindergarten können Kinder lernen, Rücksicht auf Schwächere zu nehmen. Sie sollen aber auch ihre Konflikte austragen. Die Erzieherinnen werden ihnen das nicht abnehmen, sie können sie aber dabei unterstützen, bei Streitigkeiten gute Lösungen zu finden. Stärkung der sozialen Kompetenz und Gruppenfähigkeit sind Ziele der Kindergartenerziehung. Später in der Schule, in der Familie und auch im Beruf sind es diese Eigenschaften, die Ihrem Kind helfen werden, sich in der Gemeinschaft zurechtzufinden. Auch in der Familie können Sie diese Eigenschaften fördern: • Unterstützen Sie außerhalb des Kindergartens den Kontakt Ihres Kindes zu Gleichaltrigen. • Ermöglichen Sie ihm, Freunde einzuladen oder mit Nachbarskindern zu spielen. • Unternehmen Sie etwas zusammen mit anderen Familien, die ebenfalls Kinder haben. • Zeigen Sie auch in der Familie soziale Kompetenz: durch Zusammenarbeit in Erziehung und Haushalt, durch faire Auseinandersetzungen und offene Gespräche. Aufsichtspflicht im Kindergarten Alle Eltern sind gegenüber ihren Kindern zur Aufsicht verpflichtet. Das heißt, sie müssen ihre Kinder und Dritte vor Schaden bewahren und das Tun ihrer Kinder entsprechend beaufsichtigen. Im Kindergarten haben die Erzieher die Aufsichtspflicht. Sie ist in der Kindergartenordnung, einem Aufnahmevertrag oder einer gesonderten Vereinbarung festgelegt. „Aufsichtspflicht“ bedeutet jedoch nicht, dass Erzieherinnen und Erzieher verpflichtet sind, Ihr Kind ständig zu kontrollieren und zu beobachten. Kinder müssen nur entsprechend ihrem Alter und Entwicklungsstand beaufsichtigt werden. Sie sollen also nicht um jeden Preis von Gefahren und Risiken ferngehalten werden. Es gehört zum Auftrag einer Kindertageseinrichtung, Kinder schrittweise an Gefahren heranzuführen, sodass sie den Umgang damit selbstständig erlernen können. 11

Kinder haben von sich aus keine Vorur teile. Neue Welten erleben Im Kindergarten eröffnen sich Ihrem Kind buchstäblich neue Welten. Es lernt viele andere Kinder kennen, auch Kinder, die aus einem anderen Land stammen oder deren Vater oder Mutter eine andere Nationalität haben. Oftmals sehen sie anders aus, sprechen eine andere Sprache und haben andere Sitten und Gebräuche. Das eine Kind unterscheidet sich mehr von seinen Spielkameraden, das andere weniger. Wie auch immer, Kinder können mit Unterschieden umgehen. Sie haben keine Schablonen und Klischees im Kopf. Für sie ist es normal, dass der kleine Ahmet kein Schweinefleisch isst und Ayşe kein Weihnachten feiert. Oder dass Pjotr, der vor Kurzem mit seinen Eltern aus Russland zugewandert ist, ein bisschen komisch spricht und die kleine Mati aus dem Senegal besser Französisch als Deutsch kann. Aber Kindern ist das egal, sie verständigen sich auch ohne Worte und lernen voneinander. So kann es leicht sein, dass Ihr Kleiner am Ende eines Kindergartentages weiß, wie „Fenster“ oder „Garten“ auf Französisch heißt. Umgekehrt lernt das afrikanische Kind die deutschen Wortbedeutungen. Natürlich funktioniert das auch anders herum: Wenn Sie selbst aus einem anderen Land kommen, werden Sie und Ihr Kind im Kindergarten möglicherweise auch das erste Mal näheren Kontakt mit deutschen Kindern und deren Eltern haben. Nutzen Sie die Gelegenheit und haben Sie keine Berührungsängste – andere Menschen und eine andere Kultur kennenzulernen, wird Sie bereichern. Geben Sie Ihrem Kind die Chance, Freundschaften im Kindergarten zu schließen. Sie und Ihr Kind werden beide davon profitieren. © artistlike / Pixabay.com 12

Anderssein muss man akzeptieren können. Was so einfach und unkompliziert klingt, kann ganz schön anstrengend und manchmal auch schwierig sein. Besonders dann, wenn es kulturelle Schranken zu überwinden gilt. Wenn Sie merken, dass sich Kindergarteneltern über andere aufregen oder es wegen kultureller Missverständnisse gar Auseinandersetzungen gibt, sollten Sie versuchen gegenzusteuern. Sprechen Sie mit der Erzieherin oder dem Erzieher. Denn es ist vornehmlich deren Aufgabe, die ausländischen Kinder zu integrieren und für ein friedliches Miteinander in der Gruppe zu sorgen. Sie als Eltern können dabei helfen, indem Sie zeigen, dass Sie fremde Kinder und Eltern respektieren. Denn man weiß inzwischen, dass für jedes Kind die Anerkennung der eigenen kulturellen Herkunft enorm wichtig ist. Abwertung und Nichtbeachtung beeinflussen das Leben eines Kindes entscheidend und können sein Verhältnis zur Welt empfindlich stören. Während sich die Kleinen meist nicht schwer damit tun, andere anzunehmen und in ihrer Kultur zu respektieren, kann es bei den Großen schon eher zu Problemen kommen. Besonders dann, wenn es um unterschiedliche Erziehungsansichten geht. In diesem Fall sollten sich die Erzieherinnen des Themas annehmen. Sie könnten zum Beispiel einen Elternabend ansetzen, bei dem die Eltern sich mit ihren unterschiedlichen Vorstellungen auseinandersetzen. Denn nur wer miteinander spricht, kann etwas über den anderen und seine Beweggründe erfahren und dann vielleicht auch besser verstehen. Um es gar nicht erst zu Konflikten kommen zu lassen, kann man bereits im Vorfeld gegensteuern, zum Beispiel indem die religiösen Feste der anderen Nationen gemeinsam gefeiert werden. So haben deutsche Kinder sicher viel Spaß am türkischen Zuckerfest oder dem jüdischen Hanukkah. Sie als Eltern können mit einer offenen und toleranten Haltung viel dazu beitragen, dass sich die ausländischen Kinder und ihre Eltern in Ihrem Kindergarten wohlfühlen und schnell integrieren. Wenn es Ihnen gar zu fremd erscheint, fragen Sie sich, wie Sie gerne in einem fremden Land und einer fremden Kultur aufgenommen werden würden. Oder nehmen Sie sich Ihr Kind zum Vorbild, das sich inzwischen wahrscheinlich längst mit Pjotr oder Ayşe angefreundet hat. 13

Vorsorgeuntersuchung U8 Zwischen dem 46. und dem 48. Lebensmonat steht die U8 Untersuchung an. Neben der Kontrolle von Größe und Gewicht werden nun auch das Sehen und Hören Ihres Kindes untersucht. Außerdem wird eine Urinprobe genommen. Ihr Kinderarzt wird auch die Zähne Ihres Kindes kontrollieren. Schwerpunkt bei dieser Untersuchung sind die Sprachentwicklung und das Verhalten Ihres Kindes. Beobachten Sie Ihr Kind im Vorfeld der Untersuchung und notieren Sie, wenn Ihnen etwas auffällt oder Sie beunruhigt. Einnässen, Trotzanfälle, Schlafstörungen, nicht altersgemäße Sprache (noch keine Ich-Sätze, gar keine Sätze), Sprachfehler oder Stottern sollten bei Kinderarzt oder -ärztin angesprochen werden. Wie bei jeder Vorsorgeuntersuchung können auch dieses Mal noch fehlende Impfungen nachgeholt werden. Zahnpflege und erster Zahnarztbesuch Ihr Kind ist jetzt alt genug, sich zunehmend selbst um die Pflege seiner Milchzähne zu kümmern. Diese sind nicht nur fürs Kauen wichtig: Ihr Kind braucht sie zur Sprachbildung und als Platzhalter für die zweiten Zähne. Eine Eier- oder Sanduhr aus der Apotheke oder vom Zahnarzt zeigt, wie lange geputzt werden soll. Eine weiche Zahnbürste oder elektrische (Kinder-)zahnbürste und eine geringe Menge fluoridhaltiger Zahnpasta sind die richtigen Utensilien. Wechseln Sie die Zahnbürste oder den elektrischen Bürstenkopf regelmäßig. Der erste Zahnarztbesuch sollte angstfrei sein und nur der Kontrolle dienen. Gehen Sie also nicht erst, wenn Ihr Kind bereits Zahnweh hat. Ein kinderfreundlicher Zahnarzt wird entsprechend auf Ihr Kind eingehen. Lassen Sie Ihr Kind zwei- bis dreimal am Tag jeweils nach dem Essen Zähne putzen. (Denken Sie daran: Zucker und Fruchtsäure schädigen den Zahnschmelz!) Kontrollieren Sie auch, ob Ihr Kind die richtige Putztechnik hat. Wenn die Milchzähne bereits kariös sind und eine Füllung haben, oder die Zahnoberfläche sehr reliefartig ist, wird der Zahnarzt eine Versiegelung der Backenzähne anregen. Dabei wird die Beißfläche der anfälligen Zähne mit einer speziellen Schicht „versiegelt“, um sie so besser zu schützen. Sprechen Sie mit Ihrer Zahnärztin darüber. 14

Versu chen Sie nicht, Ihr Kind auf rechts umzutrainieren! Mit links geht’s auch Vielleicht haben Sie es schon länger bemerkt oder werden erst im Kindergarten aufmerksam gemacht: Ihr Kind ist Linkshänder. Es bevorzugt die linke Hand und malt, schneidet, bastelt damit genauso geschickt wie andere Kinder mit der rechten Hand. Sie können Ihrem Kind im Alltag vieles erleichtern, indem Sie Gebrauchsgegenstände wie Bastelschere, Lineal und später Füller speziell für Linkshänder besorgen. In jeder größeren Stadt gibt es Läden, die Linkshänderartikel führen. Denken Sie auch beim Tischdecken daran und legen Sie das Besteck spiegelbildlich neben den Teller. So wird Ihr Kind seine Linkshändigkeit nicht als Defizit empfinden, sondern als ganz normal ansehen. Manche Kinder sind beidhändig. Sie benutzen beide Hände abwechselnd für die gleichen Tätigkeiten. Manche verwenden die eine Hand eher für grobmotorische, die andere für feinmotorische Tätigkeiten. Oder ein Kind benutzt den Stift mit der linken Hand, schießt den Fußball aber mit dem rechten Fuß. © Hans Rohmann / Pixabay.com Wenn nicht sicher ist, welche Hand Ihr Kind bevorzugt, können Sie dies auch testen lassen. Solche Tests werden meist von Ergotherapeuten durchgeführt. Ihr Kinderarzt oder die Erzieherinnen im Kindergarten können Ihnen hierzu Auskunft geben. Eines jedoch sollten Sie auf keinen Fall tun: Ihr linkshändiges Kind auf Rechtshändigkeit umerziehen. Was früher normale pädagogische Praxis war, wird heute aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse als schädlich für die Entwicklung eines Kindes angesehen. Die Händigkeit eines Menschen ist eng mit der Tätigkeit seiner beiden Gehirnhälften verknüpft. Der Zwang umzulernen kann ein Kind also nicht nur in seiner motorischen Entwicklung stören und es dadurch in seinem Selbstbewusstsein schwächen. Es ist auch möglich, dass sich ein zum Umlernen gezwungenes Kind in seiner geistigen und emotionalen Entwicklung schwerer tut als ein Kind, das sich so entwickeln darf, wie es eben ist: links- oder rechtshändig. 15

ClimatePartner0 klimaneutral DruckllD:10822-1408-1001 FSC www.'9c.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC• C108626 D ll1ly011!!<'1' $ S r.a~t$i'ii11)iS1er1u,n ruf Fitn1iht 1 Acl 1 1,Jntl Swi•, t•L„ B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T Weitere Informationen: Die Elternbriefe können Sie auch online lesen, herunterladen oder als Newsletter abonnieren: beim OnlineRatgeber „BAER“, www.baer.bayern.de, des Bayerischen Landesjugendamtes. Dort finden Sie auch weitere ausführliche Informationen zu vielen der hier genannten Themen. Anlaufstellen für Migranten und bikulturelle Familien Das Bundesministerium für Familien, Frauen, Senioren und Jugend bietet auf der Webseite www.familienwegweiser.de Beratung und Unterstützung. Verband binationaler Familien und Partnerschaften Geschäfts- und Beratungsstelle des iaf: Goethestr. 53, 80336 München, Tel. 089 / 53 14 14 www.verband-binationaler.de Im nächsten Elternbrief: Endspurt für den Kindergarten – Lernen im Kindergarten: Kreativität fördern – Kinder vor Fernseher und PC – Kindergeburtstag – Tausend und ein Wunsch – Gewinnen oder verlieren – Der Karton – Ich will noch nicht ins Bett! – Wussten Sie, dass jedes zweite Kind schnarcht? – Familie hat viele Gesichter: besondere Kinder Die Elternbriefe werden gefördert durch: 16 Herausgegeben vom Zentrum Bayern Familie und Soziales – Bayerisches Landesjugendamt (BLJA) V.i.S.d.P.: Hans Reinfelder Postanschrift: Postfach 400260 80702 München www.blja.bayern.de Überreicht durch Ihr Jugendamt Illustrationen: Birgit Baude, München – Druck: MKL Druck © Bayerisches Landesjugendamt, Stand: Januar 2022 ISBN 3-935960-23-9 Artikelnummer: 10202116

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