Elternbrief Nr. 33

Ihr Kind will sich abgrenzen. Lassen Sie das zu. Mensch, bist du peinlich! So schnell ändern sich die Zeiten: Während Sie noch vor einem halben Jahr bedingungslos bewundert wurden, ernten Sie jetzt von Ihrer Tochter missbilligende Blicke, wenn Ihr Rock zu kurz oder die Bluse zu bunt ist. Oder Ihr Sohn weist Sie darauf hin, dass Ihr Lachen definitiv zu laut und obendrein noch völlig unangebracht ist. Ihr Kind will Sie nicht beleidigen. Es zeigt die völlig normale Reaktion eines Heranwachsenden: Es will sich jetzt von Ihnen abgrenzen und so sein wie die anderen. Kinder wissen sehr genau, was ihre gleichaltrigen Freunde gut oder blöd finden. Und sie befürchten, ausgeschlossen zu werden, wenn sie nicht zu der Gruppe passen. Übrigens, je näher sich zwei Menschen stehen, desto mehr schämt sich der eine, wenn der andere von den eigenen Normvorstellungen abweicht. Sie werden Ihrem Kind also künftig noch öfters von Herzen peinlich sein. Tragen Sie es mit Fassung. Als „oberpeinlich“ wird vieles empfunden: die falsche Sprechweise, die falsche Kleidung oder das falsche Benehmen. Wenn Sie Ihrer Freundin Neuigkeiten über Ihre Tochter erzählen, wird diese darüber total empört sein. Und Ihr Sohn wird sich darüber aufregen, dass Sie seine Unterwäsche auf einer – für alle sichtbaren – Wäscheleine aufgehängt haben. Wie peinlich! Wo doch jetzt alle Nachbarn sehen können, welche Unterhosen er trägt! Lernen Sie die neuen Grenzen Ihres Kindes verstehen und respektieren Sie sie. Auch wenn es Ihnen zunächst komisch vorkommt, an der Tür Ihres Kindes vor dem Eintreten haltzumachen und anzuklopfen, hat dies doch seinen Sinn. Sie selbst wollen ja auch nicht immer gestört werden. Das geht Ihrem Kind genauso. Lassen Sie in Zukunft auch den Kuss zum Abschied am Schultor. Ihr Kind möchte erwachsen werden und nicht mehr wie ein Kleinkind behandelt werden. 15

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